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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Dr. Hoffmann reichte Gabi und Walde seine unverändert kalte Hand: »Ich erwarte die Dame bei mir in der Pathologie.«
    »Ich schätze, sie wird dir in der nächsten halben Stunde gebracht werden«, sagte Gabi.
     
    »Ihr duzt euch?«, fragte Walde, als Hoffmann zur Tür hinaus war.
    »Wir kennen uns schon länger.« Gabi fingerte am Reißverschluss ihres Overalls. »Kannst du mir bitte helfen?«
    Walde trat hinter sie und zog den Reißverschluss auf. Sie blieb einen Moment unbewegt stehen.
    »Soll ich dir weiter beim Ausziehen helfen oder worauf wartest du?«
    Gabi schüttelte den Kopf: »Dafür ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, Walde. Vielleicht komme ich später auf dein Angebot zurück.«
    »Woher kennst du Hoffmann?«
    »Sehe ich da Eifersucht in deinen Augen blitzen?« Gabi streifte den Anzug über die Arme.
    Walde verdrehte die Augen. Nachdem sein Kollege Harry vor etwa einem Jahr bei der Festnahme eines Schwerkriminellen einen komplizierten Beinbruch erlitten hatte, war Gabi von der Sitte zur Mordkommission gewechselt. Da Harry trotz Operationen und Rehabilitationsbemühungen noch immer nicht einsatzfähig war, würde Gabi dem Team noch eine Zeit lang erhalten bleiben. Nach anfänglichen Irritationen kam Walde inzwischen recht gut mit ihr aus. Allerdings wartete er vergeblich darauf, dass Gabi ihre burschikose und provozierende Art, die sie offensichtlich von der Sitte her gewohnt war, ablegen würde.
    »Wir kennen uns von amnesty international.«.
    »Du bist bei amnesty ?«, fragte Walde überrascht.
    »Nicht mehr wirklich, nur noch inaktiv, ich zahle Mitgliedsbeitrag und setze ihn von den Steuern ab.«
    »Und wie bist du dahin gekommen?«
    »Bei einer Altneunundsechzigerin blieb das nicht aus.«
    »Neunundsechzig? Verwechselst du da nicht was?«
    »Ich glaube, was Sexpraktiken angeht, brauche ich nach fünf Jahren Sitte keine Nachhilfe mehr«, antwortete Gabi und knallte Walde den Arm auf die Schulter, um sich den Anzug im Stehen über ein Bein zu streifen.
    »Verwechselst du das nicht mit den Achtundsechzigern?«
    »Die Achtundsechziger Revolte kam in Trier erst ein Jahr später an, wie vieles andere im Laufe der Geschichte auch, zum Beispiel die Miniröcke, das Heroin, Aids, Internet, Handys, die Rezession …«
    »… wer hat sie gefunden?« Walde schaute auf seine Uhr. Die Zeit lief ihm davon. Es gab noch sehr viel in der neuen Wohnung zu tun.
    »Ein Nachbar, dem sie versprochen hatte, die Wohnung zu hüten. Er wollte heute Morgen verreisen. Hanna galt als zuverlässig. Außerdem stand ihr Auto vor der Tür und sie hatte nicht Klavier gespielt, was sie immer morgens tat, weil sie mit den Nachbarn ein Abkommen getroffen hatte, nur vormittags zu spielen. Er hat gegen elf Uhr die Polizei gerufen. Und die den Notarzt, aber da war längst nichts mehr zu machen.« Gabi ging in die Diele, Walde folgte ihr. In den übrigen Zimmern wurde noch gearbeitet.
    »Da, schau mal ins Wohnzimmer«, forderte sie ihn auf.
    »Hallo«, grüßte Walde den Kollegen, der damit beschäftigt war, etwas Winziges in einer Folie zu verstauen.
    Ein Bügelbrett lag umgestürzt auf dem Teppich vor einem Bücherregal. Zwei Stöße gefaltete Wäsche waren auf dem gläsernen Tisch vor der Couch gestapelt, ein weiterer mit Unterwäsche auf dem Deckel des Klaviers an der Wand. Eine Wasserflasche lag in einem leeren Wäschekorb.
    »Hier scheint es eine Auseinandersetzung gegeben zu haben«, sagte Gabi. »Die dann ihr finales Ende in der Küche fand.«
    »Final ist das gleiche wie Ende.« Meier tauchte in der Diele auf, wie immer rauchend, mit einem Blumentopfuntersetzer voller Asche in der Hand.
    »Was?«, fragte Gabi.
    »Fine, das Wort hast du vielleicht schon mal im Kino gesehen, am Ende von französischen Filmen …«, erläuterte Meier.
    »Du brauchst mir nichts von frankophilen, rotweintrinkenden Käselutschern zu erzählen, Schlaumeier, schaff’ lieber ein paar Kollegen her, die sollen die Leute im Haus befragen.«
    »Was ist mit euren Leuten?«, gab Meier zurück.
    »Grabbe hat frei, Harry ist schon wieder operiert worden, Monika auf Lehrgang und Walde in Urlaub.«
    »Das sehe ich.« Meier drückte die Zigarette aus und steckte sich gleich eine weitere an.
    Waldes Handy klingelte. Als er auf dem Display sah, dass es Doris war, steckte er es wieder in die Tasche zurück. Gabi zuckte die Schultern und zündete sich ebenfalls eine Zigarette an.
    Als das Handy endlich Ruhe gab, sagte sie: »Was machst du überhaupt hier?
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