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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Monica Kristensen
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abgesprungen, aber den konnte er problemlos wieder auflegen. Der Gaszug war unversehrt. Das Bremskabel hingegen war gerissen.
    Er dachte an die letzten Sekunden vor dem Fall, als er überhaupt keinen Widerstand in dem Handgriff gespürt hatte. Er zog das Kabel heraus und sah sich das Ende an. Jemand hatte es durchgeschnitten. Nicht durchgerissen, sondern durchgeschnitten. Irgendjemand hatte versucht, den Scooter zu manipulieren. Aber wieso war der Gaszug nicht kaputt?
    Knut starrte in den Motorraum. Eine Dunkelheit legte sich langsam über ihn, wie eine Hand, die seine Schulter berührte und wollte, dass er sich umdrehte. Etwas Unverständliches, etwas Tödliches. Wer hatte Oksanas Scooter manipuliert? Schließlich war ihr Bremskabel durchgeschnitten worden – sie hatten ja die Scooter getauscht. Sie hatte tatsächlich die ganze Zeit geahnt, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, aber sie hatte gedacht, es sei der Gaszug.
    Und er grübelte an einer noch schwierigeren Frage: Wann war es zu dieser Sabotage gekommen? Schließlich wusste nur er von den Schneescootern in Finneset; und er hatte entschieden, wer welchen Scooter fahren sollte.
    Der Windschutz war abgerissen und steckte im Schnee. Knut zog ihn heraus und sah, dass er an mehreren Stellen gesplittert war. Es hatte keinen Sinn, ihn wieder anzubringen. Außerdem kam er gut ohne Windschutz zurecht. Sehr viel mehr hätte schiefgehen können, andere Dinge hätten bei der heftigen Kollision zwischen dem Scooter und dem eisüberzogenen Boden passieren können. War der Tank unbeschädigt, oder war der gesamte Treibstoff in den Schnee gelaufen? Funktionierte der Lenker noch, oder war er gebrochen? Ließ sich der Scooter überhaupt noch anlassen? Knut ging davon aus, dass er den Motor nicht mit der Hand würde anwerfen können. Die Schmerzen in seiner rechten Schulter waren zu stark.
    Zuerst musste er den Variatorriemen reparieren. Er klappte den Sitz auf, kramte in der Werkzeugkiste nach etwas, das er benutzen konnte, um den steifen Gummi wieder an seinen Platz auf der Scheibe zu drücken. Er wusste, dass es irgendwo in der Kiste einen langen, kräftigen Schraubenzieher gab.
    Die schmale Mondsichel segelte aus ein paar schweren Schneewolken und erleuchtete einen Moment die Landschaft des Flussbetts. Und da sah er es: ein altes rostiges Messer mit einem blauen Schaft. Die Lackierung war teilweise abgeplatzt, das Messerblatt hatte man so oft geschliffen, dass es dünn und spitz war. All dies wusste Knut, ohne dass er das Messer herausnehmen und sich ansehen musste. Selbstverständlich, es war sein Messer. Sein Vater hatte es ihm vor vielen Jahren geschenkt, als er gerade mal fünf oder sechs Jahre alt war. Er hatte es überall dabeigehabt. Hier auf Spitzbergen hatte er es verloren und mehrere Monate danach gesucht, bis er es aufgegeben hatte. In seiner Werkzeugkiste hatte es ganz sicher nicht gelegen. Aber vielleicht hatte er es in Finneset verloren?
    Der Scooter startete beim ersten Versuch. Knut hätte erleichtert sein müssen, aber er empfand nichts. Er war weder verzweifelt noch resignierte er bei dem Gedanken, dass er für die Kufen eine Spur schaffen musste, damit der Scooter sich drehen ließ. Er wollte dem Flussbett bis zum Fjord folgen und von dort am Ufer zurück nach Barentsburg fahren. Es war zu spät, um an andere Lösungen zu denken. Keine andere Entscheidung wäre realistisch gewesen. Er arbeitete mechanisch.
    Das Flussbett erweiterte sich nach und nach. Der Schnee am Boden war nicht mehr so tief. Es war möglich, mit einer vernünftigen Geschwindigkeit auf den Fjord zuzuhalten. Das Gestänge hatte einen Knick, dennoch behielt er nur mit dem linken Arm die Kontrolle über die Richtung des Scooters.
    Nach einer Weile sah Knut die Lichter des Flugplatzes. Er hielt und ließ den Motor im Leerlauf laufen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie viel Benzin noch im Tank sein mochte. Er zog die Fingerhandschuhe aus und steckte die Hände in die Jacke, unter die Achseln. Die Schmerzen in den Fingernägeln waren nicht zu ertragen und konkurrierten einige Minuten mit dem konstanten Schmerz in der Schulter. Glücklicherweise ging es den Füßen unter der Motorhaube durch die Motorwärme besser.
    In den letzten beiden Stunden hatte er sich nicht gestattet nachzudenken, dafür hatte er keine Kraftreserven. Hier draußen in der Kälte waren Gefühle eine kostspielige Angelegenheit, das wusste er von frühen Erfahrungen auf Spitzbergen. Man friert weniger durch
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