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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Monica Kristensen
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im Flussbett. Er spürte einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf. Der Lauf des Gewehrs, das er auf dem Rücken trug. Der Schneescooter schlug ein paar Meter von ihm entfernt auf. Hätte er noch daraufgesessen, wäre der Lenker vermutlich gegen seine Brust geprallt. Und wäre der Scooter auf ihn gefallen, würde er jetzt wahrscheinlich tot sein. Solche Unglücksfälle waren nicht ungewöhnlich auf Spitzbergen. Tiefe, von Schnee verborgene Flussbetten gab es überall.
    Hatte sie noch vor dem Abhang bremsen können? Er erhob sich unsicher, die Schulter schmerzte, und die kleinste Bewegung rief einen messerscharfen Schmerz bis hinauf in den Nacken hervor.
    »Oksana?« Der Klang seiner Stimme wurde vom Schnee gedämpft, er hörte sich jämmerlich kläglich an.
    Knut sah sich um. Zunächst konnte er nichts anderes als die Konturen der Böschung zu beiden Seiten des Flussbettes erkennen. Hoch über ihm leuchtete der Nachthimmel. Nicht weit entfernt entdeckte er eine dunkle Masse, bei der es sich um den Schneescooter handeln musste. Er ging einen Schritt darauf zu, doch die Bewegungen fielen ihm schwer. Der Schnee reichte bis an den Oberschenkel. Er stolperte und wurde vor Schmerzen in der Schulter fast ohnmächtig. Doch er musste den Scooter unbedingt erreichen. Geduldig schob er sich Zentimeter um Zentimeter vor. Rang nach Atem und japste vor Erleichterung, als er endlich ankam. Er legte sich auf den Sitz und zog die Beine aus dem Schnee. Erst jetzt spürte er, dass er an den Füßen fror. Er schnallte das Gewehr ab und legte es auf den Lenker.
    Nach drei Jahren auf Spitzbergen war Knut ein erfahrener Mann im Polargebiet. Er wusste, dass Wolle nahezu ebenso gut wärmte, wenn sie feucht war. Aber der Schnee musste aus den Stiefeln. Es gab keine andere Möglichkeit, als zu versuchen, auf dem Sitz das Gleichgewicht zu behalten, die Stiefel und Socken auszuziehen und alles vom Schnee zu befreien. Er wärmte die nackten, kalten Füße auf, indem er sie kräftig massierte. Dann zog er die eiskalten Socken und Stiefel wieder an. Bewegte die Zehen, um die Blutzirkulation zu erhöhen. Am besten wäre es, schnell auf und ab zu gehen, aber im Tiefschnee war es unmöglich.
    Immer wieder rief er nach Oksana. Ab und an hörte er leise Geräusche von weit her. Es konnte sich um nichts anderes als Motorenlärm handeln. Sie suchte nach ihm. Würde sie die Spur finden, nachdem der Scooter über die Böschung geflogen war? Das Motorengeräusch kam näher und brach abrupt ab.
    »Oksana!«, brüllte er so laut er konnte. »Hinten an der Ladefläche gibt es ein Seil. Bind es los und wirf es an der Stelle runter, wo der Scooter abgestürzt ist.«
    »Chnuet? Hallo? Bist du da?« Ihre Stimme kam von weit her. Er musste einen neuen Versuch unternehmen, er stapfte auf die andere Flussseite und hoffte, dass der Fluss, der im Sommer das Schmelzwasser von den Bergen in den Fjord transportierte, wirklich zugefroren war.
    »Oksana? Nimm das Seil hinten am Scooter und wirf es mir zu …« Seine Stimme erstarb zwischen den Schneedünen. Sie hörte ihn nicht.
    Nach einer Weile rief sie ihn wieder, diesmal weiter entfernt. »Chnuet … kannst du mich hören?«
    Knut verfluchte sich, dass er nicht vorher daran gedacht hatte, mit dem Gewehr einen Schuss abzufeuern. Einen Schuss hätte sie natürlich gehört. Jetzt war es zu spät. Er würde nicht rechtzeitig wieder auf der anderen Seite des Flussbettes sein.
    Ein leises Motorengeräusch verriet ihm, dass sie ihren Scooter wieder gestartet hatte. Der Lärm entfernte sich rasch. Vermutlich fuhr sie zurück nach Barentsburg. Vielleicht wollte sie Hilfe holen.
    Knut stapfte zum Schneescooter, stieg auf und sah auf die Uhr. Halb sieben. In den kalten Lederstiefeln taten ihm die Füße weh – eine alte Erfrierung, die er sich im ersten Jahr auf Spitzbergen zugezogen hatte. Aber er spürte sie kaum, der Schmerz in der Schulter war weitaus schlimmer. Seine Finger waren nahezu taub vor Kälte, und die nassen Fingerhandschuhe aus Wolle wärmten nicht sonderlich gut. Es war höchste Zeit, sich zu überlegen, wie er aus dem Flussbett kam.
    So gut es ging, verschaffte sich Knut einen Überblick über die Schäden am Schneescooter. Der Verschluss der Motorhaube hatte sich geöffnet. Er versuchte, sie aufzustoßen, damit er sich den Motor ansehen konnte. Nachdem er den Schnee beseitigt hatte, schien der Motor auf den ersten Blick keinen größeren Schaden genommen zu haben, er sah intakt aus. Der Variatorriemen war
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