Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Monica Kristensen
Vom Netzwerk:
zurück nach Barentsburg?
    Es dauerte nur wenige Minuten, dann hatte er sie gefunden. Sie stand an einem kleinen Abhang neben ihrem Scooter. Der Motor war abgestellt, sie hatte die Motorhaube geöffnet. Er hielt neben ihr. Sie hatte auch den Sitz hochgeklappt und die Werkzeugkiste geöffnet. Er wusste nicht, ob er lachen oder wütend werden sollte.
    »Liebe Oksana, was in aller Welt hast du vor? Warum hast du angehalten?«
    »Habe nicht angehalten … der Motor hat ausgesetzt.«
    Knut sah, dass sie weinte, und verbiss sich die Bemerkung, dass sie doch wohl nicht glaubte, einen eventuellen Motorschaden reparieren zu können? Er schloss die Motorhaube und drehte den Zündschlüssel. Der Scooter startete sofort.
    »Sieht nicht so aus, als wäre etwas kaputt. Bist du an den Totmannknopf gekommen? Der ist gedrückt.«
    »Nein. Schlechter Scooter. Ich will ihn nicht mehr fahren.« Sie wandte den Kopf ab, wollte ihn nicht ansehen.
    »Wollen wir die Scooter tauschen? Du kannst meinen fahren, wenn du meinst, damit besser zurechtzukommen.« Sie benahm sich wie eine trotzige Jugendliche, und er musste sich in Erinnerung rufen, was sie in der letzten Woche alles durchgemacht hatte.
    Sie tauschten die Scooter, und er half ihr, den Scooter zu drehen, den er bisher gefahren hatte. Ermahnte sie, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Versprach, langsam zu fahren, damit sie ihm folgen konnte. Wie erwartet, war der Scooter, den sie gefahren hatte, vollkommen in Ordnung, das Motorengeräusch war absolut normal. Er versuchte ein paar Mal, die Umdrehungszahl zu erhöhen, nichts passierte. Wahrscheinlich hatte sie den roten Knopf für den Notstopp gedrückt, ohne es bemerkt zu haben.
    Knut spürte, wie die Kufen sich aufgrund des langsamen Tempos in den Schnee gruben, und war erleichtert, als sie ihm signalisierte, sich vor sie zu setzen. Langsam erhöhte er die Geschwindigkeit. Es fing an, dunkel zu werden, die Konturen der Landschaft ließen sich allmählich schwerer erkennen. Sie waren noch nicht sehr weit gekommen. Zunächst mussten sie über das Flussbett. Er seufzte. Es würde eine lange Fahrt werden.
    Es verging kaum eine Minute, in der er sich nicht umdrehte und nach Oksana sah. Wenn sie noch einmal zurückblieb, wusste er nicht, ob er sie wirklich mitnehmen konnte. Doch seine Sorge war unbegründet, es gelang ihr, sich einige Meter hinter ihm zu halten. Langsam entspannte er sich. Wenn sie es nicht schafften, heute noch Longyearbyen zu erreichen, könnten sie vielleicht in der Coles-Bucht übernachten, einem alten, verlassenen Grubenort. Eines der Gebäude hatte man instand gesetzt, es gab einen Ofen und einen Kohlevorrat. Vielleicht hatten sie Glück und fanden auch ein paar Lebensmittel. Wenn sie in der Coles-Bucht waren, hätten sie ungefähr die Hälfte des Weges bis Longyearbyen geschafft. Knut fühlte sich allmählich besser, er drehte sich nach Oksana um. Sie war nicht weit hinter ihm, winkte. Glücklicherweise schien sie sich auf dem Scooter langsam sicherer zu fühlen.
    Als er wieder nach vorn blickte, öffnete sich vor ihm ein schwarzes Loch.
    Das Flussbett , konnte er noch denken. Verflucht, so tief. Dieser Abhang ist zu steil, um hinunterzufahren. Brems … brems, zum Henker!
    Er zog die Bremse. Sie hatte merkwürdig viel Spiel, griff eigentlich überhaupt nicht. Verzweifelt drückte er den Totmannknopf, versuchte die Kufen vom Rand wegzudrehen, doch es war zu spät. Der Scooter schoss über die Böschung und stürzte mit Knut auf dem Sitz durch die Luft ins Leere.

KAPITEL 35 Der Abgrund
    Schnee hat keine nennenswerte Elastizität und lässt sich kaum komprimieren, wenn die Partikel dichter zusammengepresst werden. Bei hoher Geschwindigkeit gibt es kaum einen Unterschied, ob man auf Schnee aufschlägt oder mit Sand kollidiert. Der Scooter, auf dem Knut saß, fuhr circa dreißig Stundenkilometer, als er über den Rand der Böschung sauste. Er fiel mehr als zehn Meter tief auf den Grund des Flussbettes und erreichte eine Fallgeschwindigkeit von null auf ungefähr dreieinhalb Kilometer pro Stunde. Als der Scooter am Boden aufschlug, bewegte er sich horizontal noch immer mit über dreißig Stundenkilometern. Hätte Knut nicht verletzt mit dem Gesicht im Schnee gelegen, wäre er möglicherweise zu dem Schluss gekommen, das Flussbett sei mindestens elf Meter breit. Und ungefähr ebenso tief.
    Knut fiel vom Scooter und traf in einer rollenden Bewegung, die den schlimmsten Stoß milderte, mit der Schulter auf eine Schneewehe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher