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In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten
Autoren: Carter Brown
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können nur ein paar Minuten gewesen sein. Dann drückte ich auf den Summer und
sagte einer der anderen Schwestern, was passiert war. Der Wärter war bei ihr.
Er glaubte nicht, daß ich vom Tor zurückgekommen und ins Haus hineingelangt
sei, ohne daß er mich gesehen hat.« Sie lachte. »Er wußte nicht, daß die
Schwester, die zu ihm hinausgerannt kam, Miss Colenso in meiner Tracht gewesen war. Er kam ein paar Sekunden später ins Zimmer
gestürzt, und in dem Augenblick wurde mir klar, daß ich nur einen BH und
Höschen trug — und durchsichtige Nylonhöschen obendrein.«
    »Manche Burschen haben eben
Glück«, sagte ich wehmutsvoll.
    Ihre Unterlippe wölbte sich ein
wenig vor. »Finden Sie, Mr. Holman ?« fragte sie mit
leicht heiserer Stimme.
    Ich verbannte die Vorstellung
des Anblicks, den sie dem Wärter geboten haben mußte, von meinem inneren Auge
und konzentrierte mich auf die nächste Frage, was nicht einfach war. »Dann
wurde also Alarm geschlagen und die Suchmannschaft eingesetzt?«
    Sie nickte. »Dr. Dedini hat sie wirklich gut trainiert. Es dauerte nur ein
paar Minuten, bevor sie draußen waren, um nach Miss Colenso Ausschau zu halten.«
    »Aber sie fanden sie nicht?«
    »Nein.« Ein verblüffter
Ausdruck trat auf ihr Gesicht. »Ich verstehe nach wie vor nicht, wieso die
Hunde sie nicht gefunden haben. Das ist noch nie passiert.«
    »Wissen Sie, um wieviel Uhr Dedini die Suche
abgeblasen hat?«
    »Irgendwann gegen vier Uhr
morgens. Mir war es schrecklich, daß sie sie nicht fanden, denn es war meine
Schuld, daß sie überhaupt aus dem Haus hinausgekommen ist. Aber Dr. Dedini war sehr gütig, er sagte, ich solle mir keine Sorgen
machen, und schickte mich mit einem Beruhigungsmittel ins Bett.«
    »Hat er die Suche bei
Tageslicht fortgesetzt?«
    »Das hätte keinen Sinn gehabt«,
sagte sie vorsichtig. »Miss Colenso mußte inzwischen
kilometerweit weg sein.«
    Ihr Gesichtsausdruck war genau
richtig — aufmerksam, voller Eifer zu helfen — und gemischt mit Schuldbewußtsein ob des Ausbruchs der Patientin. Warum also
begann ich in meinem Innern zu zweifeln? Ihre Antworten waren ebenfalls genau
richtig gewesen. Nur schien es ein bißchen merkwürdig, daß selbst eine so sexy
aussehende Schwester in einer solchen Situation so sexy daherredete. Es sei
denn, sie hatte es getan, um mich abzulenken.
    »Wenn sie in den Cañon hinuntergegangen wäre oder in das Gebüsch seitlich
der Straße, hätten sie die Hunde mit Sicherheit gefunden«, sagte ich. »Also muß
sie geradewegs die ungeteerte Straße entlanggegangen
sein.«
    »Die Kreuzung liegt knapp fünf
Kilometer von hier entfernt«, wandte Schwester Dempsey ein. »Dr. Dedini schickte einen der Wärter im Wagen dorthin. Er hätte
sie finden müssen, lange bevor sie die Kreuzung erreicht hatte, nicht?«
    »Es sei denn, jemand hat
hundert Meter vom Tor entfernt einen Wagen geparkt, fein säuberlich im Gebüsch
versteckt, die Nase in der richtigen Richtung?« äußerte ich beiläufig. Ihre
Augen weiteten sich ein bißchen. »Natürlich! Warum ist gestern
abend niemand daraufgekommen ?«
    »Durfte Miss Colenso Besuch empfangen?«
    »Nur Dr. Shoemaker, ihren
Psychoanalytiker.«
    »Wenn ein Wagen auf sie
wartete, dann hatte sie einen Komplicen, der ihr half«, sagte ich scharfsinnig.
»Es wäre zu gefährlich gewesen, den Wagen auf Dauer dort stehenzulassen, also
muß der Ausbruch für gestern abend geplant gewesen
sein. Miss Colenso durfte außer ihrem
Psychoanalytiker keinen Besuch empfangen — und wenn Shoemaker sie nicht mehr
hätte hier haben wollen, so hätte er sie jederzeit mitnehmen können. Es muß
also ein Zwischenglied zwischen dem Komplicen außerhalb des Sanatoriums und
Miss Colenso hier gegeben haben. Es muß jemand von
den hiesigen Angestellten sein, jemand, der sie regelmäßig sah. Jemand wie Sie
zum Beispiel?«
    »Sind Sie nicht mehr ganz bei
Trost, Mr. Holman ?« fragte sie in eisigem Ton.
»Glauben Sie vielleicht, ich ging gestern abend in
ihr Zimmer, zog meine Tracht aus, gab sie ihr und blieb dann einfach stehen, um
zu warten, bis sie mir die Vase auf den Kopf schlug?«
    »Sie hätte Ihnen bloß einen
Schlag auf den Kopf zu geben brauchen, so hart, daß er eine Beule verursachte«,
sagte ich. »Und dann hätte sie die Vase an einer Kommode oder sonst was
zerschmettern müssen.« Ich zuckte flüchtig die Schultern. »Es hat gestern nacht ein paar Stunden lang geregnet. Wenn der
Wagen an der Straße stand, muß es dort Reifenspuren gegeben
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