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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis
Autoren: Hans Dominik
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Um die sechste Abendstunde wurde die Nachricht in New York bekannt. Gellend schrien die Zeitungsboys die letzte Ausgabe ihrer Blätter mit einer neuen Schlagzeile aus.
    »Vertrag zwischen Grand Corporation und Roddington-Konzern unterschrieben. J. W. Roddington bekommt hundert Millionen! Gibt die Geschäfte auf!«
    Es war die Zeit des Büroschlusses, zu der die Wolkenkratzer der City sich leeren. Eine vieltausendköpfige Menge füllte die Straßen, und trotz des nichtsnutzigen Februarwetters blieben zahlreiche Passanten stehen, um die noch druckfeuchten Blätter zu kaufen.
    »Der Vertrag mit der Grand Corporation perfekt« – das war immerhin eine Sache, um derentwillen man einen Augenblick länger im kalten Regen und Schlackerschnee verweilen konnte. In den Autobussen und Untergrundbahnen wurde der Inhalt der Abendblätter von Tausenden besprochen und kommentiert.
    Also stimmten die Gerüchte doch, die schon seit vielen Wochen umliefen und die bisher niemand recht glauben wollte. James William Roddington verzichtete wirklich darauf, den großen, von seinem Vater gegründeten Konzern weiterzuführen. Wie oft hatte die Grand Corporation es früher versucht, den Konzern zu schlucken, und wie übel war jeder dieser Versuche für sie abgelaufen! Mit Krallen und Zähnen hatte Roddington senior sein Lebenswerk verteidigt, bis ein tödlicher Unfall ihn vor Jahresfrist jäh aus seinem Schaffen riß. Mit dreißig Jahren war James William Roddington, sein einziger Sohn, der Erbe der riesigen zu diesem Trust gehörenden Werke geworden. Mit größtem Interesse hatte man in amerikanischen Finanzkreisen damals den Wechsel im Hause Roddington verfolgt, erwartungsvoll, wie die zweite Generation sich bewähren würde. Und nun führte der Sohn Verhandlungen mit den alten Gegnern seines Vaters, bereit, jetzt das zu tun, was dieser stets verabscheut hatte.
    An der Tatsache ließ sich nicht mehr zweifeln. Übereinstimmend berichteten die Abendzeitungen, daß der Kaufvertrag zwischen den Vertretern der Corporation und Mr. Roger Blake, dem Bevollmächtigten von James William Roddington, am Nachmittag um fünf Uhr dreißig Minuten im Cleveland Building in New York unterzeichnet worden war. Um so mehr beschäftigte die Frage nach dem Warum die öffentliche Meinung.
    Wollte Roddington junior etwa mit den Millionen, die ihm durch den Verkauf zuflössen, etwas Neues, ganz Großes unternehmen, von dem die Welt noch nichts ahnte? Plante er irgendwelche Börsentransaktionen, um an anderer Stelle eine Macht zu erringen, größer und gewaltiger noch als die, die er soeben mit seinem Konzern aus der Hand gab?
    Oder hatte er doch, wie ein anderes Gerücht wissen wollte, die Absicht, sich mit seinen Millionen so jung noch zur Ruhe zu setzen und das tatenlose Leben eines reichen Müßiggängers zu führen? Daß er jetzt mit seiner Jacht irgendwo in fernen Meeren umherschwamm und den Abschluß des wichtigen Vertrages seinem Bevollmächtigten überließ, konnte vielleicht als eine Bestätigung dafür gelten.
    Wie gründlich mochten die Herren der Grand Corporation die günstige Gelegenheit ausgenutzt haben und jetzt über den schwächlichen Erben des alten Roddington lachen! Unbegreiflich erschien seine Handlungsweise den Unzähligen, die sich an diesem Abend damit beschäftigten. Eine Erklärung dafür vermochte niemand zu finden.
    Die öffentliche Meinung befand sich im Irrtum, wenn sie annahm, daß James William Roddington bei der Transaktion mit der Grand Corporation übervorteilt worden sei. Satz für Satz hatte er selbst den Kaufvertrag entworfen, wie er ihn haben wollte, und seinen Bevollmächtigten Roger Blake mit einer genau vorgeschriebenen Marschroute an den Verhandlungstisch geschickt. Die Corporation hatte nur zwei Möglichkeiten: entweder den Vertragsentwurf Roddingtons unverändert anzunehmen oder die Verhandlungen scheitern zu lassen.
    In den langen Wochen, durch welche die Verhandlungen sich hinzogen, war es den Leitern der Corporation klargeworden, und an jenem Februarnachmittag hatten sie sich endlich entschlossen, ihre Unterschriften neben die von Blake unter den Vertrag zu setzen. Sie bekamen nicht alles, was sie haben wollten, und sie mußten für das, was sie erhielten, hoch und bar bezahlen.
    So war die Laune von Mr. Price, dem Präsidenten der Corporation, nicht die allerbeste, als Frank Dickinson auf seine Einladung hin zu ihm kam; Frank Dickinson, der schon unter dem alten Roddington jahrelang Chefingenieur des Konzerns war
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