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In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten
Autoren: Carter Brown
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haben, und ich
werde sie finden. Wenn Dr. Dedini sie gesehen hat,
wird ihm klar sein, daß jemand hier im Sanatorium dafür verantwortlich ist, und
ich bin überzeugt, daß Sie oben an der Liste der Verdächtigen stehen werden.
Aber wenn Sie’s so haben wollen — ?«
    Sie schob die geballten Fäuste
tief in die Taschen ihrer Tracht und starrte mich schweigend an. In ihren
blauen Augen lag ein berechnender Ausdruck — offensichtlich schätzte sie ihre
Chancen ab und war — schließlich — mit dem Ergebnis nicht zufrieden.
    »Ich arbeite gern hier«, sagte
sie ruhig. »Ich möchte weiter hier arbeiten können, Mr. Holman .«
    »Warum auch nicht?« sagte ich.
»Alles, was ich möchte, ist, Carmen Colenso zu
finden. Ich nehme an, Sie würden denselben Fehler nicht zweimal machen?«
    »Nicht, nachdem ich das erstemal erwischt worden bin.« Ihre Lippen zuckten
plötzlich. »Aber dieses durchsichtige Nylonhöschen war ein Genieeinfall! Es
dauerte wenigstens zwei Minuten, nachdem der Wärter ins Zimmer getreten war,
bevor er auch nur daran dachte, Alarm zu schlagen.«
    »Ich würde liebend gern bei der
Vorstellung zu sabbern anfangen, aber im Augenblick habe ich keine Zeit«,
fauchte ich. »Sagen Sie mir, wer hat den Ausbruch inszeniert?«
    »Eine Frau«, sagte sie. »Ihren
Namen weiß ich nicht.«
    »Und sie war jedesmal , wenn Sie sie sahen, als der heilige Nikolaus
verkleidet, so daß Sie auch nicht wissen, wie sie aussieht, was?«
    »Sie war dunkelhaarig.« In die
Stimme des Rotkopfs trat ein Unterton von Bosheit. »Aber vielleicht hat sie
eine Perücke getragen? Ungefähr mein Alter, nicht gerade hübsch, kein Make-up, und
so angezogen, als nähme sie jeden Morgen, wenn sie aufgestanden ist, die
nächstbesten Kleidungsstücke. Aber vielleicht tat sie das alles absichtlich?«
    Ich überlegte, ob ich vor einer
Jury mildernde Umstände wegen Provokation des Opfers bekommen würde, wenn ich
die Schwester in diesem Augenblick erdrosselt hätte? Meine Gedanken mußten sich
auf meinem Gesicht ausgedrückt haben, denn ihre Augen weiteten sich erneut, und
sie begann schnell weiterzureden.
    »Die erste Begegnung liegt zwei
Wochen zurück. Ich trank eine Tasse Kaffee in einem Drugstore in der Innenstadt
von Los Angeles. Sie setzte sich zu mir und begann zu reden; sie wußte, wer ich
war, wo ich arbeitete und daß ich regelmäßigen Kontakt mit Carmen Colenso hatte. Dann fragte sie mich, ob ich auf leichte
Weise tausend Dollar verdienen wolle. Ich hielt sie für eine Art Verrückte, und
das muß sie mir angesehen haben, denn sie zog zweihundert Dollar aus ihrer
Handtasche und bot sie mir zum Beweis an, daß sie es ernst meinte. Alles, was
ich für die zweihundert Dollar zu tun hatte, war, Carmen Colenso eine Nachricht zu überbringen, sie — die Frau — dann hinterher wieder im selben
Drugstore zu treffen und ihr zu berichten, wie Miss Colenso reagiert habe.«
    »Wie lautete die Nachricht?«
    Sie runzelte einen Augenblick
die Stirn. »Ich sollte ihr sagen, Ross wolle Ray etwas antun, aber Ray wisse
das nicht, und sie, Carmen, sei die einzige, die ihn retten könne.«
    »Wie hat Carmen darauf
reagiert?« fragte ich.
    »Ich solle ihrer Freundin
ausrichten, sie solle sie aus dem Sanatorium herausholen«, sagte Iris Dempsey
prompt. »Den Rest können Sie sich wohl denken? Mit dem Wagen haben Sie richtig
getippt, nur wartete das dunkelhaarige Mädchen mit Kleidern zum Umziehen auf
Miss Colenso .«
    »War es Ihr Einfall, ihr Ihre
Tracht zu geben, so daß sie den Wärter vom Tor weglotsen konnte?«
    Sie nickte. »Die restlichen
achthundert waren weit schwerer zu verdienen als die zweihundert am Anfang! Es
läge nun an mir, die Colenso aus dem Sanatorium
hinauszubringen, sagte das dunkelhaarige Mädchen, und es hat eine Weile
gedauert, das kann ich Ihnen flüstern. Dann kam mir schlagartig der Gedanke —
ein netter, einfacher Plan, bei dem kein Verdacht auf mich fallen konnte — wenn
nicht zufällig Sie dahergekommen wären!«
    »Hat Carmen irgendwas über das dunkelhaarige
Mädchen gesagt? Irgend etwas , das dazu beitragen
könnte, sie zu identifizieren?«
    »Ich glaube nicht.« Sie
schüttelte bedächtig den Kopf. »Sie muß offensichtlich gewußt haben, wer die
andere war, aber sie hat sie nie anders als >meine Freundin< bezeichnet.«
    »Okay«, sagte ich zögernd. »Ist
das alles, was Sie mir erzählen können?«
    »Das ist alles«, sagte sie.
»Kann ich jetzt wieder an meine Arbeit gehen?«
    »Warum nicht?« brummte
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