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In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten
Autoren: Carter Brown
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gelassener
Autorität. »Wollen Sie was zu trinken?«
    »Nein, danke«, sagte ich.
    »Ich trinke nie etwas anderes
als Champagner.« Er sah mit offensichtlicher Befriedigung zu, wie die Bläschen
aus dem hohlen Stiel seines Glases aufstiegen. »Das gibt keinen Kater.«
    »Dieser Frank«, sagte ich,
»dieser Gorilla, der sich draußen herumtreibt — brauchen Sie hier auf dem
Gelände der Stellar einen Leibwächter?«
    »Was mein Privatleben betrifft,
so bin ich ein Fetischist«, sagte Paxton bedächtig
grinsend. »Mein Psychoanalytiker wollte mal der Sache auf den Grund gehen, aber
ich habe gesagt, er soll sich zum Teufel scheren. Wenn man mir das nimmt, dann
kreuze ich womöglich anschließend mit einem Analkomplex oder etwas noch
Schlimmerem auf.«
    »Wollen Sie mich deshalb
sprechen?« erkundigte ich mich in verwundertem Ton. »Damit wir ein bißchen über
die interessanten Probleme, die Sie mit Ihrem Analytiker haben, plaudern
können?«
    »Ich möchte, daß Sie ein
Mädchen namens Carmen Colenso finden«, sagte er
scharf. »Sie ist heute in den frühen Morgenstunden aus einem Privatsanatorium
ausgerückt. Sie müssen hier mit vollendeter Diskretion vorgehen, Holman . Ich möchte keinerlei Publicity, und — was immer
geschieht — Sie dürfen die Polizei nicht zuziehen .«
    »Ich glaube, ich möchte jetzt
doch was zu trinken haben«, sagte ich. »Danach zu urteilen, was Sie mir bereits
mitgeteilt haben, kann es nur noch schlimmer werden.«
    »Bedienen Sie sich.« Er wies
mit dem Kopf auf die halbleere Champagnerflasche, die auf einem kunstvollen
Barschränkchen stand.
    Der Champagner schmeckte gut,
aber da ich persönlich ein Bourbontrinker bin, wäre
es mir auch völlig egal gewesen, wenn die Trauben auf einem Nordhang gewachsen
wären. Paxtons dunkelgraue Augen betrachteten mich
eindringlich, und ich hatte den Eindruck, als ob seine Aura des
Selbstvertrauens eine leichte Delle bekommen hätte.
    »Ich habe noch nie was von
jemandem namens Carmen Colenso gehört«, sagte ich.
»Ist sie eine abgelegte Ehefrau? Eine Freundin? Was sonst?«
    »Meine Schwester«, sagte er
kurz. »Und die einzige Familienangehörige, die ich noch habe. Sie war fünfzehn,
als unsere Eltern vor ungefähr zehn Jahren bei einem Autounfall ums Leben
kamen, und seither bin ich für sie verantwortlich.«
    »Warum war sie in einem
Privatsanatorium?«
    »Sie stand unter Beobachtung.«
    »Weshalb?«
    »Sie hatte vor ungefähr drei Monaten
eine Art Nervenzusammenbruch.« Er trank den Rest seines Champagners in einem
Zug. »Ich will lediglich, daß Sie sie auffinden, Holman .«
    »Und ins Sanatorium
zurückbringen«, pflichtete ich bei. »Was ist, wenn sie nicht zurück will?«
    »Es bleibt ihr keine andere
Wahl«, sagte er mit gepreßter Stimme.
    »Dann ist es also okay, wenn
ich ihr eines auf den Hinterkopf gebe, sie kneble, feßle und im Kofferraum meines Wagens zurückbefördere?«
    »Sie sind ein sadistischer
Drecksack«, knurrte er.
    »Aber nicht dumm«, knurrte ich
zurück. »Ich möchte wissen, worauf ich mich einlasse, bevor ich nach ihr zu
suchen anfange. Was ist überhaupt mit Ihrer Schwester los? Ist sie verrückt?«
    Er machte aus dem Stand heraus
einen Satz auf mich zu, und dann klatschte sein Handrücken mit brutaler Gewalt
auf meine Wange. Wie an Weihnachten konnte ich alle Glocken läuten hören.
»Sagen Sie das ja nie mehr, Holman «, flüsterte er.
»Sonst bringe ich Sie um.«
    Ich schüttelte ein paarmal
meinen Kopf, und die Glocken begannen sich zu beruhigen. Paxton trat langsam zurück. In seinen Augen tauchte plötzlich ein erschrockener
Ausdruck auf.
    »Es tut mir entsetzlich leid«,
murmelte er. »Das war unentschuldbar! Wenn Sie mir Ihrerseits eine verpassen
wollen, Holman , nur zu!«
    Einen Augenblick lang war ich versucht,
das zu tun, aber es macht keinen Spaß, einem Mann auf dessen Aufforderung hin
eine Ohrfeige zu geben. Paxton beobachtete mich
eindringlich mit gequältem Gesichtsausdruck, und ich dachte mürrisch, der Ärger
bei Schauspielern ist, daß man nie weiß, wann sie zu schauspielern aufhören —
wenn sie es überhaupt je tun.
    »Ich habe also einen
Nervendruckpunkt getroffen«, sagte ich. »Wenn Sie vorhaben, mir jedesmal eine Ohrfeige zu verpassen, sobald ich auf eine
dieser Stellen treffe, dann lassen wir das Ganze. Ich weiß eine einfachere
Methode, mein Geld zu verdienen.«
    »Sie haben recht«, gestand er.
    Ich sah zu, wie er eine frische
Flasche Champagner aus dem Barschränkchen nahm, vorsichtig
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