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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon
Autoren: Jim Butcher
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Prolog

    Im langsamen Sinkflug näherte sich Amara durch kalten, kräftigen Regen dem Lager der Kronlegion. Cirrus, ihr Windelementar, trug sie auf einem Miniatursturmwind, und obwohl sie wie alle Flieger in Leder gekleidet war, hatte sie inzwischen das Gefühl, den Wind auf der nackten Haut zu spüren, und zitterte vor Kälte.
    Drei Gestalten in Rüstung erhoben sich in die Lüfte und flogen ihr auf den eigenen Elementarwinden entgegen. Amara setzte die Geschwindigkeit nochmals herab und schwebte auf der Stelle, um sie zu erwarten. Sie hatte die dritte und letzte Umgrenzung des Lagers erreicht, und einer der Ritter fragte sie mit Handzeichen nach der Parole, während die anderen über ihr Position einnahmen, damit sie jederzeit eingreifen konnten.
    Amara kannte die Männer vom Sehen, und ihnen war sie sicherlich ebenfalls nicht unbekannt, doch in diesen unruhigen Zeiten bedeutete das noch lange nicht, dass man der gleichen Seite angehörte. Sie erwiderte das Zeichen, und erst jetzt nahmen die drei Ritter Aeris die Hände von den Waffen und gruppierten sich neben ihr, um sie die letzte Meile bis zum Lager zu geleiten.
    Amara landete nicht an dem vorgesehenen Punkt vor der Palisade des Lagers. In den vergangenen drei Tagen hatte sie über
dreitausend Meilen zurückgelegt, und allein bei dem Gedanken, zu Fuß durchs Lager zu gehen, hätte sie umkippen können. Sie setzte einfach vor dem Zelt des Kommandanten auf, obwohl das gegen die Vorschriften verstieß und Cirrus’ Wind viel Staub aufwirbeln würde. Ihre Beine zitterten, waren weich vor Müdigkeit, als sie ihr Gewicht plötzlich tragen mussten, aber dann hatte die Anstrengung, Cirrus lenken zu müssen, endlich ein Ende.
    »Gräfin«, murmelte ein kleiner, schlanker Mann. Die spärlichen Überreste seines grauen Haars waren kurzgeschoren, wie in der Legion üblich. Er wirkte recht elegant in seiner feinen Tunika, aber Amara wusste, dass Enos als früherer Kursor sein Messer so todbringend führen konnte wie nur wenige in Alera. Die milde Missbilligung in seiner Stimme wirkte sich nicht auf sein Lächeln aus. »Wie verwegen, einfach hier zu landen.«
    »Tut mir leid, dass ich dir Extraarbeit mache, Enos«, erwiderte Amara, während sie aus dem Regen unter das Dach eines Pavillons traten.
    »Nicht der Rede wert. Ich hole einen unserer Subtribune Logistica, der kann sich ums Saubermachen kümmern. Wir Burschen sind für solche Arbeiten zu wichtig, weißt du.« Er bot ihr ein warmes Handtuch an, und nachdem sie sich damit Gesicht und Hände getrocknet hatte, hielt er ihr einen dampfenden Becher entgegen.
    Amara nippte an der kräftigen Brühe und seufzte zufrieden. Nach langen Flügen war sie immer völlig ausgehungert, und in den letzten Tagen war sie vor lauter Fliegen kaum zum Essen gekommen. »Du bist ein Schatz, Enos.«
    »Aber nicht doch, Gräfin«, antwortete er. »Das ist das Mindeste, was ich für jemanden tun kann, der den schnellsten Flug von hier in die Hauptstadt um einen ganzen Tag unterboten hat.«
    »Der Erste Fürst bezahlt mich ja auch nicht fürs Faulenzen«, sagte Amara und schenkte ihm ein Lächeln. »Wie viel hast du gewonnen?«
    »Vierzehn Silberbullen«, sagte Enos selbstgefällig und ohne die
geringste Verlegenheit. »Fürst von Aquitanias oberster Bursche kann sich offensichtlich nicht beherrschen, wenn es ums Wetten geht.«
    Amara hatte die Brühe leergetrunken, und Enos drückte ihr nun einen Becher Tee in die Hand. Sie nippte daran. Köstlich. Vielleicht würde sie es sogar auf ihren eigenen Füßen bis zu einer warmen Pritsche schaffen, ehe sie zusammenbrach. »Ist er zu sprechen?«
    »Der Hauptmann ist in einer Besprechung mit Fürst Aquitania«, antwortete Enos, »hat aber darauf bestanden, ihn sofort zu benachrichtigen, sobald du eintriffst.«
    »Aquitania«, murmelte Amara. »Sehr gut. Danke, Enos.«
    Enos neigte lächelnd den Kopf, und Amara ging hinüber zum Zelt des Kommandanten. Die Winter hier im Süden waren nicht annähernd so hart wie oben in den nördlicheren Gefilden von Alera, trotzdem war das Wetter um diese Jahreszeit für gewöhnlich kalt, nass und unfreundlich. Das Zelt war doppelwandig, eins war über ein anderes aufgestellt, was für einen gewissen Wärmepuffer sorgte. Amara öffnete eine Klappe nach der anderen und betrat das Zelt von Hauptmann Miles.
    Es war geräumig und wurde von drei Elementarlampen erhellt, die an dem mittleren Pfosten hingen. Der Pfosten ragte aus einem großen Tisch mit Sand, der die Landschaft
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