Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
nicht ausstehen! Sie
baten sie, Ihnen zu erzählen, was sie denkt; aber sobald sie davon anfing, was
für ein wundervoller Bursche ihr Bruder sei, dann waren Sie davon aus
irgendeinem seltsamen Grund peinlich berührt. Manchmal, so sagte sie, sei es
gewesen, als ob Sie ihr etwas sagen wollten, es jedoch nicht fertiggebracht und
deshalb ein Schuldgefühl gehabt hätten!« Ich starrte auf seinen sich lichtenden
Hinterkopf, während ich bis fünf zählte. »Das ist Ihre letzte Chance, Gerry-Boy«,
sagte ich. »Oder denken Sie ohnehin an einen Berufswechsel?«
    »Na gut, Holman «,
knurrte er wütend. »Es war nicht Carmen gewesen, die damals mit der Schere auf
Mitford losgegangen war. Es war Ray gewesen!«
    »Wann haben Sie das
herausgefunden?« bohrte ich weiter.
    »Nachdem ich in der Wohnung
war. Mitford bedurfte offensichtlich eines Chirurgen — die Schere steckte noch
in seinem Rücken. Carmen war in einem fast vollständigen katatonischen Zustand
— der einzig Ansprechbare war Ray. Ich war bereit, seine Erklärung
widerspruchslos zu akzeptieren; nur sprach ich zufällig hinterher mit dem
Chirurgen, der im Sanatorium die Schere aus Mitfords Rücken entfernt hatte. Sie
war in spitzem Winkel in ihn eingedrungen und hatte zwei Zentimenter tiefer das Schlüsselbein getroffen, war erheblich verbogen worden, dann aber
trotzdem noch fast zwölf Zentimeter tief in seinen Körper eingedrungen. Keine
Frau hätte soviel Kraft gehabt, und wenn man den
Winkel des Einstichs in Betracht zog, so war Carmen einfach nicht groß genug, um
zugestoßen haben zu können.«
    »Wir wissen, warum Mitford
ebenfalls behauptete, es sei Carmen gewesen, die auf ihn eingestochen habe«,
sagte ich ruhig. »Weil nämlich Paxton ihm sofort
zwanzigtausend Dollar zahlte und Mitford ihn kurze Zeit später weiter erpreßte.
Erzählen Sie uns, warum Sie die Lüge gedeckt haben, Doktor.«
    »Es ist irgendwie schwer zu
erklären.« Shoemaker warf mir einen verzweifelt flehenden Blick zu, den ich
restlos ignorierte. »Ray und ich waren alte Freunde. Ich bin seit einer Reihe
von Jahren sein Psychoanalytiker und—«
    »Und Sie kannten die
schreckliche geheime Angst, die er fast sein ganzes Leben lang mit sich
herumgetragen hat«, sagte ich. »Das verborgene Ungeheuer, vor dem er Angst hat,
lauert irgendwo in seinem tiefsten Innern. Der Grund, weshalb er nie geheiratet
hat! Derselbe Grund, weshalb er vom Augenblick an, als seine Eltern starben,
seine Schwester beherrschte, sie wie ein Falke beobachtete, um zu sehen, ob sie
irgendwelche Anzeichen eines Makels erkennen ließ.« Stirnrunzelnd betrachtete
ich die Rückseite seiner nach vorne gesunkenen Schultern. »Sind beide Eltern
bei einem Autounfall ums Leben gekommen, Doktor?«
    »Nein.« Er schüttelte langsam
den Kopf. »Der Vater starb vor zehn Jahren an einem plötzlichen Schlaganfall,
aber ihre Mutter lebt irgendwo in einer Anstalt.«
    »Für unheilbare Geisteskranke?«
fragte ich.
    »Es gibt heutzutage
wahrscheinlich eine harmlosere Bezeichnung dafür«, murmelte er. »Aber es läuft
auf dasselbe hinaus.«
    »Wie stand es mit dem
katatonischen Zustand, in dem sich Carmen befand, als Sie die Wohnung betreten
hatten?« sagte ich. »War das Ihrer Meinung nach bereits ein Zeichen des
Irrsinns?«
    »Sie wußte ebensogut wie ihr Bruder über die Familiengeschichte und über den Irrsinn in der
mütterlichen Linie Bescheid«, sagte Shoemaker ruhig. »Ich glaube, daß dieser
katatonische Zustand dem Trauma zuzuschreiben war, das sie erlitt, als sie sah,
wie Ray plötzlich die Schere ergriff und damit auf Mitford einstach. Carmens
Probleme konzentrieren sich auf ein paar schwere Charakterfehler, die sich
wahrscheinlich durch die harsche und dominierende Kontrolle ihres Bruders
während ihres Heranwachsens entwickelt haben.«
    »Wollen Sie behaupten, ich sei
derjenige, der verrückt ist!« brüllte Paxton durchs
Zimmer, während er aufsprang.
    »Sie sind derjenige, der beim erstenmal auf Mitford einstach und der ihn beim zweitenmal ermordete«, sagte ich. »Das Genie, das hinter
der zweiten Phase des Komplotts steckte, als Sie planten, sowohl Ihre Schwester
als auch Tyler Warren umzubringen. Wenn Sie glauben, das sei ein ausreichender
Beweis dafür, daß Sie normal sind, dann wird der, der vor Gericht Ihre
Verteidigung übernehmen wird, den Schock seines Lebens erleiden!«
    »Und ich habe all das getan, um
was du mich gebeten hast?« sagte Tyler mit verwunderter Stimme, während er
langsam von der Couch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher