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In einer Winternacht

In einer Winternacht

Titel: In einer Winternacht
Autoren: Mary Higgins Clark
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nebeneinander hergehen könnten, aber sie gilt nicht als Notausgang«, ergänzte Schwester Cordelia. »Maeve, wir könnten noch stundenlang erzählen. Doch alles läuft darauf hinaus, daß wir unsere Tagesstätte in vier Wochen schließen müssen. Und wenn dennoch ein Kind zu uns kommt, bleibt uns nichts anderes übrig, als es in eine leere Wohnung nach Hause zu schicken, wo sich niemand um es kümmert und aufpaßt, daß ihm nichts zustößt.«
Monsignore Ferris griff nach seiner leeren Tasse, als Kate die Teekanne hochhielt. »Ach danke, Kate. Ich finde, es ist jetzt an der Zeit, den anderen unsere gute Nachricht mitzuteilen.«
Kate blickte schüchtern zu Boden. »Könnten Sie das bitte tun, Monsignore?«
»Aber gern. Bessie, möge sie in Frieden ruhen, ahnte, daß das Ende nah war, und rief mich deshalb am Tag nach dem Erntedankfest zu sich.«
Bitte, laß es das sein, was ich glaube, schickte Alvirah ein Stoßgebet zum Himmel.
Monsignore Ferris strahlte übers ganze Gesicht, was bei ihm selten vorkam. Offenbar hatte er wirklich eine gute Nachricht zu überbringen. Er strich sein silbergraues Haar zurück, das vom Wind auf dem Friedhof zerzaust worden war, und sagte: »Bessie hat mir gesagt, daß sie dieses Haus in ihrem Testament natürlich ihrer Schwester hinterlassen hat. Dazu erhält Kate ein Einkommen, das ihr einen angenehmen Lebensabend sichert. Doch Kate habe sie wissen lassen, daß sie das Haus gerne Schwester Cordelia für ihre Kindertagesstätte stiften würde.«
»Gütiger Himmel!« rief Schwester Cordelia ergriffen. »Ach, Kate.«
»Kate beabsichtigt, in die Wohnung zu ziehen, die zur Zeit von den Bakers bewohnt wird. Offen gestanden war Bessie nicht begeistert von dem Gedanken, fand aber, daß die Entscheidung bei Kate lag. Deshalb bat sie mich, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen.«
»Sie wissen ja, daß Bessie mir kaum zutraute, allein den Weg zum Lebensmittelladen zu finden«, meinte Kate wehmütig.
»Ich versprach Bessie, ein Auge auf das Projekt zu haben. Schließlich ist das Pfarrhaus gleich nebenan. Außerdem ist Kate sehr wohl in der Lage, ihr Leben ohne fremde Hilfe zu meistern«, erklärte der Monsignore.
»Ich würde mich freuen, die Kindertagesstätte im Haus zu haben«, sagte Kate. »Schon seit der Eröffnung wollte ich ehrenamtlich mithelfen, Cordelia, aber Bessie brauchte mich.«
Monsignore Ferris stand auf und schmunzelte, als er an Schwester Cordelias Miene erkannte, daß sie ihr Glück noch kaum fassen konnte. »Ich war schon immer der Meinung, daß Voraussicht zu den Kardinaltugenden gezählt werden sollte«, verkündete er. »Zufällig habe ich eine Flasche Champagner kaltgestellt. Ich denke, es wäre jetzt angebracht, ein Glas auf Bessie und Kate, die Durkin-Schwestern, zu trinken.«
Das ist ja wunderbar! Warum bin ich nur so beunruhigt? fragte sich Alvirah. Ich habe das Gefühl, daß ein Unglück geschehen wird. Sie ging die verschiedenen Möglichkeiten im Geist durch, so wie man mit der Zunge einen schmerzenden Zahn abtastet, und es dauerte nicht lange, bis sie auf den Grund ihrer Besorgnis stieß: die Bakers.
»Bist du sicher, daß du die Bakers loswerden kannst, Kate?« wollte sie wissen. »Heutzutage kann man Mietern nicht mehr so leicht kündigen.«
»Ganz sicher«, entgegnete Kate entschlossen. »Der Mietvertrag ist auf ein Jahr begrenzt und läuft im Januar aus. Und es gibt darin eine Klausel, die besagt, daß die Verlängerung allein Sache des Vermieters ist. Erinnerst du dich noch an damals, als wir an den jungen Mann vermietet hatten, der ein Sportfanatiker war. Mindestens einmal in der Woche ließ er eine Hantel fallen, und das immer mitten in der Nacht. Bessie hatte schon Angst, das Haus könnte einstürzen. Du weißt ja, wieviel ihr dieses Haus bedeutet hat. Nachdem sie ihn schließlich los war, hat sie die Klausel mit der Verlängerung in den neuen Vertrag eingefügt.«
»Sieht aus, als hättest du an alles gedacht«, stellte Willy fest.
»Es tut mir wirklich leid, daß sie ausziehen müssen, aber um ehrlich zu sein, freue ich mich schon darauf, wenn sie weg sind«, meinte Kate. »Vic Baker mischt sich ständig in alles ein und fragt, ob er etwas reparieren kann. Man könnte glauben, das Haus gehört ihm.«
    Nachdem sie sich eine Stunde später verabschiedet hatten, begleiteten Willy und Alvirah Monsignore Ferris noch zur Tür des Pfarrhauses. Am Himmel hing eine dichte Wolkendecke, der Wind hatte aufgefrischt, und die feuchte Kälte drang einem bis ins
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