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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Jodi Picoult
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etwa so alt wie sie selbst, stammte aber eindeutig nicht aus Wheelock oder der näheren Umgebung; Allie hätte sich bestimmt an eine Person erinnert, deren Augen das feuchte Violett von Prärie-Enzian aufwiesen.
    Sie trat an die Theke und strich mit der offenen Hand über die weicheren Grünpflanzen. »Ich habe mir gedacht, daß Sie vielleicht eine Aushilfe brauchen«, erklärte die Frau. Sie streckte eine Hand aus, die vom Floristendraht schwielig war und deren Finger leicht zitterten. »Ich heiße Mia Townsend.«
    Allie konnte den Blick nicht von Mias Strauß wenden, bei dem ihr weite Felder, schnaubende Pferde und die heiße, drückende Schwere eines Sommernachmittags in den Sinn kamen. Sie wußte, daß dies nichts damit zu tun hatte, welche Blumen und Farne Mia ausgewählt hatte, sondern eher mit der Ordnung, in die sie die Pflanzen gebracht, und was sie sich wohl dabei gedacht hatte.
    Allie kam eigentlich allein zurecht; tatsächlich machte sie in einem Ort von der Größe Wheelocks das meiste Geschäft durch ihre Mitgliedschaft im Blumenlieferdienst. Aber andererseits ging es auf Weihnachten zu, und auf den Valentinstag; da würde sie sich in den Hintern beißen, wenn sie jemanden mit Mias Talent aus dem Laden entließe, ohne ihr vorher ein, zwei Dinge abzuschauen.
    Als ahnte sie, daß Allie sich nicht entschließen konnte, faßte Mia plötzlich in ihren Rucksack und holte ein liebevoll eingewickeltes Bündel heraus, das sie zu öffnen begann. Unversehens erblickte Allie einen exquisit geformten Bonsaibaum; winzig klein, knorrig, uralt.
    »Bezaubernd«, hauchte sie.
    Mia zuckte mit den Achseln, doch ihre Augen leuchteten. »Das ist meine Spezialität. Sie erinnern mich an diese Babys, die manchmal mit ihren winzigen Gesichtern aussehen, als besäßen sie die Weisheit der Welt.«
    Die Weisheit der Welt. Allie blickte auf. »Ich glaube«, gab sie Mia zu verstehen, »wir könnten uns einig werden.«
    Hannah, eine begnadete Lauscherin, erklärte Cameron, daß Verona MacBean ein Buch über das Bildnis der Hölle geschrieben habe.
    »Dort ist es nicht mehr wie früher«, sagte sie und fuhr dabei den Rand ihrer Kaffeetasse nach. »Sie wissen schon, mit Feuer und glühenden Kohlen und so.«
    Cam lachte. »Verraten Sie das bloß nicht Pater Gillivray; er schwört nämlich darauf.«
    Hannah lächelte breit. »Verona meint, statt physischer Qualen würde es eher geistige geben. Wie wenn man, Sie wissen schon, diesen phantastischen Typen heiratet und dann feststellt, daß er nur auf das Geld aus war.«
    »Da würde ich mir keine Sorgen machen«, winkte Cam ab. »Dazu bezahle ich Ihnen eindeutig zu wenig.«
    Sie schmunzelte. »Und angenommen, man hätte, um so ein Sahneschnittchen zu heiraten, jemanden aufgegeben, der einen wirklich liebt. Angeblich soll die Hölle so sein wie die Qualen, die man leidet, wenn man begreift, daß man sich für den Falschen entschieden hat.« Hannah rümpfte die Nase. »Nicht daß ich wüßte, woher Verona MacBean, die Königin von Wheelock, einen Schimmer haben könnte, wie es in der Hölle aussieht.«
    Camerons Vollzeit-Assistent Sergeant Zandy Monroe streckte seinen Kopf aus dem Umkleideraum. »Hannah, du vergißt, daß Verona mal mit dem Chief gegangen ist.«
    Cam schleuderte einen Stapel Post nach ihm. »Haben Sie sonst noch was zu melden?«
    »Kommt drauf an«, grinste Zandy. »Laden Sie mich zum Mittagessen ein?«
    »Nein«, knurrte Cam. »Ich lade Allie ein.« Damit überraschte er sich selbst; sie hatten nichts dergleichen ausgemacht, als sie vorhin vorbeigekommen war; doch natürlich würde sie sich keinesfalls die Gelegenheit entgehen lassen, eine Stunde mit ihm zu verbringen. Er zog seine schwere blaue Jacke über und schloß die Bürotür hinter sich ab. »Falls die Stadt belagert werden sollte«, setzte er Hannah ins Bild, »dann wissen Sie ja, wo ich zu finden bin.«
    Während er den halben Block hinunter zu Allies Laden schritt, begann er zu lächeln. Er würde ›Glory-in-the-Flower‹ betreten und ihr erklären, er suche einen Strauß, etwas mit Dahlien und Lilien, deren Farben einen an den August denken ließen. Die Blumen seien nämlich für jemand Bestimmten, und er würde sie mitspielen lassen und sich von ihr eine Grußkarte geben lassen, auf die er schreiben wollte: Was machst du so den Rest deines Lebens?
    Summend drückte Cam die Eingangstür auf und stand unvermutet einer Frau gegenüber, die er nie zuvor gesehen hatte. Allies Name erstarb auf seinen Lippen, als er
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