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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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er denn allein herumgelaufen?«
    »Wyngate war als Erster am Tatort und hat die Zeugen im Nebel verloren. Fragen Sie mich nicht, wie«, meinte Costello.
    »Jetzt sind Sie ja hier, und da können Sie sich die Sache zusammen anschauen, bevor wir weitermachen. Schließen Sie nur bitte die Tür, damit der Gestank drinbleibt.«
    »Aber natürlich«, antwortete Costello, die blaue Lippen hatte, fröhlich lächelte und ihren Pappbecher Quinn reichte, der nichts anderes übrig blieb, als ihn ihr abzunehmen.
    DI Colin Anderson nickte dem Prof zum Gruß zu und ging zu der geschlossenen Tür. In den neunzehn Jahren, die er schon bei der Polizei war, glaubte er, das meiste gesehen zu haben, aber trotzdem holte er noch einmal tief Luft, ehe er den Türknauf drehte. Als er die Tür öffnete, breitete sich ein helles Lichtviereck um seine Füße aus, und es wurde ersichtlich, dass in dem Raum still und emsig gearbeitet wurde. Drei Beamte der Spurensicherung hockten um die Leiche herum, und der Geruch der Verwesung stieg ihm in die Nase.
    Costello folgte ihm, zog die Hände in die Ärmel und drückte sich die wolleumhüllten Fäuste vor Mund und Nase, um den Geruch abzumildern. Mit zusammengekniffenen Augen trat sie vor und gesellte sich zu Anderson auf den Aluminiumteppich. Weiter durften sie ohne Schutzfüßlinge an den Schuhen nicht gehen.
    Aus der Ecke betrachteten sie die Leiche, die nun zusammengesunken auf dem Boden lag. Sie schien männlich zu sein, sie schien jung zu sein, aber vor allem erschien sie sehr, sehr tot. Das Seil um den Hals hatte sich so tief ins Fleisch eingeschnitten, dass es fast bis zum Rückgrat durchging. Die aufgeschlitzte Kehle war dunkelrot und sah aus wie eine blühende Lupine. Oberhalb des Kinns befand sich ein dunkel verkrusteter Riss, die Lippen waren geschlossen und leicht gespitzt. Das andere Ende des Seils hing noch am Balken. Die Beamten der Kriminaltechnik bewegten sich langsam in einem abgestimmten Tanz, und jeder erledigte seine Aufgabe. Das einzige Geräusch verursachten einige Schmeißfliegen, die sich an der dunklen Halswunde gütlich taten und nur vom gelegentlichen Surren des Kameramotors unterbrochen wurden.
    Costello wollte sich das Gesicht anschauen und suchte nach einer erkennbaren Stelle, doch es war zu geschwollen und zu schwarz. Die Augen starrten an die Decke, das Fleisch der Wangen war so sehr angeschwollen, dass die Nase darin verschwand. Absurderweise erinnerte sie das an eine Kürbislaterne, nur war das Messer ausgerutscht, als man den Mund schnitzen wollte, denn der sah irgendwie … sie suchte nach dem richtigen Wort … falsch aus.
    Sie legte den Kopf schief, und jetzt fiel ihrem Hirn der braune Zettel auf, der an einer Schnur um den Hals der Leiche hing, ein schlichtes braunes Schildchen. Der Kriminaltechniker hob es mit behandschuhter Hand an und drehte es so, dass sie es lesen konnte. Fünf gedruckte Wörter: Mein Name lautet Stephen Whyte. Sie stupste Anderson an, der den Toten betrachtete wie eine Skulptur.
    »Also, ich habe genug gesehen und genug gerochen«, sagte Costello durch die wolleumhüllten Fäuste. Sie erkannte Bob MacKellar, den Tatortfotografen, unter seiner Plastikhaube und nickte ihm zum Gruß zu. »Nehmen Sie alles auf? Dann können wir gehen.«
    Bob nickte. »Ja. Ich schätze, der Prof möchte noch mit Ihnen sprechen.«
    Beide zogen sich zurück, und Anderson schloss die Tür hinter sich.
    Auf dem Treppenabsatz traten sie zu Quinn und O’Hare, die sich unterhielten. Zu viert machten sie Platz für einen der Kriminaltechniker, der einen zusammengefalteten Leichensack brachte, ehe sie weiterredeten. Quinn hielt immer noch Costellos Tee und reichte ihn nun zurück.
    Der Pathologe ergriff das Wort, und zwar langsam und überlegt. »Der Verstorbene ist für uns bereits identifiziert worden, von einer hilfreichen Person mit einem Stapel Schildchen und einem Drucker. Der Mann heißt Mr. Stephen Whyte. Einen weiteren Hinweis auf die Identität gibt es nicht. Daher sollten wir den Namen nicht als Tatsache betrachten.«
    »Stephen Whyte wie …?«, fragte Anderson.
    »Der Name ist nicht so selten. Daher sollten wir die Sache zunächst unter Verschluss halten, solange wir können.«
    »Trotzdem könnte er es sein?«
    »Sie sind die Polizei«, sagte O’Hare und blickte Anderson an. »Aber ich denke, Sie werden herausfinden, dass er sich in seiner Freizeit als Vergewaltiger betätigt hat.«
    »Das haben Sie jetzt nicht gehört«, murmelte Quinn. »Ich möchte
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