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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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keine voreiligen Schlüsse und keine Spekulationen. Wir gehen bei diesem Fall so vor wie bei jedem anderen. Bitte.«
    O’Hare ignorierte sie. »Jedenfalls hat die Leiche hier einige Tage gehangen. Das Opfer wurde schwer verprügelt und als Übungsobjekt für den sprichwörtlichen stumpfen Gegenstand benutzt. An der Wand gibt es lediglich kleinere Blutspritzer. Ablageort oder Tatort? Wenn er nicht schon tot war, als man ihn aufgehängt hat, so hat wenigstens nicht viel gefehlt. Der Mörder hat sich ordentlich ins Zeug gelegt. Er …«
    »Oder sie …?«, hakte Costello nach und bemerkte, dass sie DCI Quinn anstarrte. Rasch blickte sie wieder den Rechtsmediziner an.
    »… hat dem Opfer die Lippen absichtlich verklebt, als der Mann dann schrie oder nach Luft schnappte, ist die Haut um den Mund einfach aufgerissen. Den Rest bekommen Sie später und detaillierter von den Jungs. Er ist Anfang dreißig, schätze ich, und wohl genährt. Die Haut ist dort, wo sie nicht beschädigt ist, sonnengebräunt. So, und damit übergebe ich an Sie.«
    »Wir erstellen zunächst einmal eine mögliche Chronologie oder ein Zeitfenster für die Tatausübung , wie das so schön im modernen Polizeijargon heißt. DC Browne ist im Revier und versorgt Mr. und Mrs. Innes – das Paar, das den armen Kerl gefunden hat – mit Tee und Trost. Der Mann ist verständlicherweise ziemlich erschüttert«, erklärte Anderson.
    »Haben Sie das Browne überlassen?« Quinn verdrehte die Augen. »Hat sie überhaupt schon Erfahrung mit solchen Einsätzen?«
    »Nicht bei der Mordkommission. Sie ist so irregeleitet, dass sie Anderson für Gott hält und ihm gläubig an den Lippen hängt, sobald er auch nur ein Wort sagt«, meinte Costello.
    »Das ist sicherlich mal eine schöne Abwechslung für Sie, DI Anderson, eine Untergebene, die Ihnen mit Respekt entgegenkommt und Ihnen zuhört.«
    »Ist mir bislang gar nicht aufgefallen«, erwiderte Anderson.
    »Ich bringe ihn jetzt in die Rechtsmedizin. Heute steht eine Menge an, aber ich werde versuchen, abends einen Blick auf ihn zu werfen«, sagte O’Hare.
    »Wir bleiben erreichbar«, meinte Anderson. »Ma’am, wie sollen wir die Sache angehen? Sie wissen doch, sobald die Kommission in Partick Central davon Wind bekommt, wird sie versuchen, den Fall an Land zu ziehen.« In seiner Stimme schwang Groll mit.
    »Ich denke, ich werde niemand anders anrufen, nur die hier anwesenden Beamten, um sie über meine vorläufigen Erkenntnisse zu informieren«, entgegnete O’Hare unbekümmert. »Ich schätze, hier geht es vor allem um Schnelligkeit, je eher Sie also alles in Gang bringen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass man Ihnen den Fall abnimmt. Ich bin dann mal weg.«
    Anderson hatte sich unauffällig über den Treppenabsatz bewegt und verstellte O’Hare den Weg. »Ist das nun die neue Vorgehensweise? Der Rechtsmediziner ruft einen bestimmten DCI an? Und die treffen sich dann am Tatort?« Anderson verschränkte die Arme vor der Brust.
    Quinn musste unwillkürlich lächeln. Diese beiden waren scharf – aufsässig, aber scharf. Sie sah ihren DI an und dann den Pathologen, und das Paradoxon mit der unaufhaltsamen Kraft und dem unbeweglichen Objekt kam ihr in den Sinn.
    »Also, Prof, würden Sie uns bitte aufklären?«, beharrte Anderson.
    Aber O’Hare schob sich an ihm vorbei. Auf der Treppe drehte er sich halb um. »Der Name Stephen Whyte sagt mir genauso viel wie Ihnen. Der Mann, der für den Überfall auf Emily Corbett verantwortlich war, wurde nie gefasst. Möglicherweise hat uns hier jemand unsere Arbeit abgenommen.« Er blickte Quinn an, als wolle er hinzufügen: Ist doch gar nicht so schlecht.
    Quinn wartete, ehe sie ihm die Treppe hinunterfolgte, und sagte leise: » DI Anderson, bitte lassen Sie das auf sich beruhen. Der Prof und Donald Corbett sind sehr gute Freunde, und Donald hat nie verwunden, was seiner Tochter zugestoßen ist. Sobald er von dem Namen auf dem Schildchen erfuhr, hat er den Fall übernommen. Aber warten wir wenigstens ab, bis wir die offizielle Identifizierung bekommen haben.«
    Anderson und Costello gingen vom Tatort schweigend zurück zum Revier und erinnerten sich an den Fall, der vor so langer Zeit komplett in den Sand gesetzt worden war. Nun, zehn Jahre später, kam er wieder an die Oberfläche, und zwar genau vor ihrer Tür.
    Anderson musste sich zusammenreißen, damit er nicht zu laufen begann. Es muss jetzt etwas passieren, dachte er unentwegt. Die Entdeckung der Leiche müsste eine
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