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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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von Partickhill um zwei Mitglieder aufgestockt worden. Das neue Mädchen hätte Quinns Mutter als »üppig bestückt« beschrieben, und Littlewood nannte es »drall«, wenn er höflich sein wollte. Die Kleine war gerade erst aus der Uniform geschlüpft und musste sich als Detective noch beweisen. Mit leichtem Übergewicht, mangelnder Fitness, zwei Kindern und dazu schon fast vierzig Jahren war sie für ein Morddezernat die übelste Art Nachwuchs. Wie hieß sie gleich? Black? Brown? Wie auch immer sie hieß, bisher hatte sie sich als absolut nutzlos erwiesen.
    Und dann gab es noch DS Costello. Sie war von ihrem zweijährigen Aufenthalt am Tulliallan-Polizei-College zurück. Was die Ermittlungen bei Schwerverbrechen anging, schien der Lehrplan dort nicht viel herzugeben, und obwohl Quinn staunte, dass ihre alte DS überhaupt etwas darüber wusste, gab sie ihr Wissen immer gern weiter, vor allem aufgrund ihrer Angewohnheit loszureden, ehe sie das Gehirn zugeschaltet hatte. Dabei hatte sie die Gabe, stets das Richtige zu sagen, durchaus nicht verloren. Nur leider geschah es meist zur falschen Zeit.
    Zugutehalten musste man Costello allerdings, dass sie schon einige große Fälle erfolgreich bearbeitet hatte. So wetteiferten die Studenten in dem Kurs ihr nach. Wobei Costello zu begriffsstutzig war, um es zu bemerken. Quinn zögerte – begriffsstutzig war nicht der richtige Ausdruck. Sie ließ den Blick auf ihrem Detective Sergeant ruhen und beobachtete ihre Multitasking-Fähigkeiten: telefonieren, am Computer scrollen, etwas aufschreiben und gleichzeitig Lakritze essen. Wie gewöhnlich war Costello nachlässig gekleidet, und ihr blondes Haar war stacheliger als je zuvor.
    Nein, begriffsstutzig war nicht das richtige Wort. Costello ließ sich nicht so leicht hinters Licht führen, auch wenn andere das glaubten.
    Die Tür des Hauptbüros ging auf, und die neue DC – jetzt erinnerte sie sich, sie hieß Browne mit einem »e« – stolzierte herein und balancierte ein Tablett mit mehreren Coffees-to-go und Sandwiches. Quinn überließ ihre Truppe sich selbst und wandte sich ihrer Statistik zu.
    Das Telefon klingelte. Quinn sah auf und hörte gleichzeitig, wie die Füße eines Stuhls über das altersschwache Linoleum kratzten. Anderson stand auf, dann knallte Costello den Hörer auf die Gabel. Quinn war auf den Beinen, bevor Anderson geklopft hatte und, ohne die Antwort abzuwarten, eintrat.
    »Zwei gute Nachrichten. Browne kann nicht richtig zählen und hat einen Kaffee zu viel mitgebracht. Sie bekommen also auch einen …«
    »Danke«, sagte Quinn.
    »… und in der Clarence Avenue gleich hinter dem Revier hängt in einer Wohnung eine Leiche.«
    Quinn war enttäuscht. »Selbstmord?«
    »Verdacht auf Fremdeinwirkung«, erwiderte Anderson.
    DCI Quinn konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, während sie die Datei in ihrem Computer zuklickte und zuschaute, wie der verschlungene Bildschirmschoner träge auf ihrem Monitor erschien.
    Ein Fall. Ein großer Fall. Und diesmal würde sie ihn sich nur über ihre eigene Leiche abnehmen lassen.
    Ich schalte den Scheibenwischer an, damit er den Regen vom Glas schiebt. Ich lasse mich ein wenig tiefer in den Sitz rutschen und entspanne meine eiskalten Knochen, während ich die Tür der Partickhill Station im Auge behalte. Anderson kommt heraus. DI Colin David Anderson. Er ist leicht zu erkennen, obwohl sich alle in dem feuchten Nebel bis über die Nase eingemummelt haben. Schließlich ist er ein großer Kerl – eins fünfundachtzig? Eins neunzig? Man sieht gleich, dass dieser Mann sich auskennt und weiß, was er tun wird. Nicht wie seine Chefin, die auf ihren lächerlichen Absätzen hinterherstöckelt. Ihre Beine sind zu kurz, deshalb ist sie so langsam. Den Kragen ihres marineblauen Mantels hat sie hochgeschlagen und den Hut tief heruntergezogen. Aber die Aktentasche fehlt. Unterwegs spricht sie kurz mit Anderson, dann steigt sie in ihren Lexus und zwingt den Gegenverkehr auf der Hyndland Road zum Halten, als sie wendet.
    Anderson wartet auf den kleinen Fisch.
    Meinen kleinen Fisch.
    Meine kleine Prudenza.
    Ich drehe das Radio ein wenig lauter. Louis Armstrong singt What a wonderful world , und über den Song muss ich immer wegen der Ironie lächeln. Ich sehe, wie sich Anderson umdreht, weil ihn jemand ruft; seine behandschuhten Hände stecken in den Taschen, und den Anorak hat er bis zum Kinn zugezogen.
    Und da naht sie durch den Nebel. Prudenza.
    Sie hat es eilig und läuft über das
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