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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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davon?«
    »Mir gefällt die Wohnung eigentlich sehr gut«, antwortete ihr Mann. »Die beste, die wir bisher gesehen haben. Nahe bei der Schule, ein Festpreisangebot und keine Versteigerung, mitten im West End, wunderschöne Aussicht, und die Clarence Avenue ist eine gute Adresse. Wenn wir uns schlau anstellen, können wir noch ein paar Tausender runterhandeln. Ich würde sagen, genau das, was wir gesucht haben.«
    »Du hörst dich an, als wären wir schon eingezogen.« Catriona ging in den Flur und strich über die geschnitzte Ananas oben auf dem Geländerpfosten. »Aber mir gefällt sie, Jim. Schau nur, wie die neuen Stufen zu den alten passen.«
    »Solide Handwerksarbeit.« Auch ihr Mann streichelte die Ananas. »Was ist das? Ich habe etwas knarren hören.«
    »Vielleicht eine Maus?«
    »Stell dich nicht dumm an, ich habe knarren gesagt, nicht scharren .«
    »Eine große Maus?«
    »Eine Ratte?«
    »Die einzige Ratte hier steht draußen im Treppenhaus und hält ein Telefon ans Ohr«, kicherte Catriona.
    »Verfluchte Immobilienmakler! Der könnte uns ruhig sagen, wie viel der Testamentsvollstrecker tatsächlich haben will, und dann könnten wir uns das Feilschen sparen.« Er ging die Treppe hinauf und klopfte mit den Knöcheln auf das Geländer. »Den Umbau haben die sehr gut gemacht, guck dir nur an, wie sauber das gearbeitet ist. Und nirgendwo gibt es Feuchtigkeit oder Sengschäden.«
    Catriona blieb hinter ihm auf der Treppe stehen. »Bist du sicher? Dieses Knarren hört sich an, als würde sich altes Holz bewegen, oder?«
    Jim Innes seufzte. »Es könnten die Balken nebenan sein. Das müssen wir uns noch anschauen. Was meinst du – sollten wir die Zimmer oben zum privaten Bereich machen? Wir könnten den Kindern sogar verbieten, überhaupt heraufzukommen.« Er hatte den Treppenabsatz oben erreicht und plante gerade seinen Billardtisch und seine Minibar … »Sieh mal, sie haben sogar irgendwo eine alte Pechkiefertür aufgetrieben und nur das Schloss ersetzt. Das nenne ich Liebe zum Detail. Hier könnten wir unser Schlafzimmer haben, mit den Balken. Neun mal fünf. Wir sind fünf Stockwerke hoch, da haben wir einen hübschen Blick über Partickhill, sogar über die Bäume hinweg.«
    Catriona ging fröhlich auf die Tür zu und drehte den Schlüssel, der sich leicht bewegen ließ. Mit leichtem Druck schob sie die Tür auf. Wieder hörte sie das leise Knarren, so als würde ein Schiff in der Brise gieren. Dann hatten sich ihre Augen ans Dämmerlicht gewöhnt.
    Von dem freigelegten Balken hing eine angeschwollene purpurfarbene Leiche, deren schwarzen Kopf die Schlinge fast vom Rumpf getrennt hatte. Weil es vom Fenster her leicht zog, drehte sie sich unendlich langsam zu ihr herum. Hervorquellende Augen starrten sie aus einem schiefen Gesicht an, und die zerfetzten blutverkrusteten Lippen waren wie zum Kuss gespitzt.
    DCI Rebecca Quinn scrollte nach unten und tippte mit dem abgebrochenen Fingernagel ungeduldig auf die Maus, während sie zum dritten Mal die jüngste Kriminalitätsstatistik durchging. Die betreffende Abteilung hatte mal wieder die Aufschlüsselung geändert, und so musste sie sich mehrmals an einer fotokopierten Tabelle orientieren.
    Sie war zu alt für diese Arbeit. Seit drei Uhr war sie damit beschäftigt, und jetzt, anderthalb Stunden später, war sie noch nicht weitergekommen. Sie schob den Cursor nach links zur Referenzrate und seufzte. Als sie sich das letzte Mal so entsetzlich gefühlt hatte, hatte sie die definitive Entscheidung getroffen, die Katze von ihrem Elend zu erlösen. Und mittlerweile dachte sie in Hinsicht auf ihr Berufsleben ähnlich.
    Für die Partickhill-Wache stand das Menetekel an der Wand, das hatte sie im Urin. Das Revier war wie Phönix aus der Asche auferstanden, nachdem es 1941 in einer mondhellen Nacht von einer Bombe der Luftwaffe getroffen worden war. Doch gegen die gesammelte uniformierte Macht des Inspektorats Ihrer Majestät und gegen die neuen Designeranzüge im Strathclyde Police Service hatte sie keine Chance.
    Die Handlungsfähigkeit Partickhills wurde Stück für Stück ausgehöhlt. Vor zwei Monaten war die Kantine geschlossen worden, ohne dass eine Aussicht auf Wiedereröffnung bestand. Auf ihre Bitte nach einem festen Termin für die lang versprochene Renovierung hatte sie keine genaue Antwort erhalten, nicht einmal eine vage. Der Wache wurden Mittel gestrichen, als hätte man längst eine Entscheidung getroffen. DCI Quinn hatte wieder die Stelle in der Tabelle
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