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In der Bucht der Liebe

In der Bucht der Liebe

Titel: In der Bucht der Liebe
Autoren: Helen Bianchin
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Schwester Taylor waren Bens Taufpaten. Damit hatten Taylor und er sich verpflichtet, für den Jungen zu sorgen, wenn es einmal erforderlich sein würde.
    Das war natürlich als reine Vorsichtsmaßnahme gedacht gewesen, denn niemand hatte ernsthaft damit gerechnet, dass ein solches Szenario jemals eintreten und der Junge seine Eltern verlieren würde. Taylors Bild stieg vor ihm auf, und Dante kniff die Augen zusammen. Sie war eine große, schlanke junge Frau mit dunkelblondem Haar. Er hatte sie auf der Verlobungsfeier seines Bruders kennengelernt, und auf der Hochzeitsparty war sie seine Tischdame gewesen. Zuletzt waren sie sich auf Leons und Caseys Beerdigung begegnet und hatten versucht, sich gegenseitig Trost zuzusprechen.
    Dante erinnerte sich, wie tapfer Taylor die Tränen während der Trauerzeremonie zurückgehalten hatte und wie sie schließlich doch zusammengebrochen war. Sie hatte sich jedoch rasch wieder unter Kontrolle gehabt. Dann hatten sie an dem kühlen Tag lange Zeit zusammen am Grab gestanden, während der Wind mit ihrem langen Haar spielte.
    Er war ihr sehr dankbar, dass sie sich wie selbstverständlich um Ben kümmerte und ihn gleich nach dem tragischen Unfall bei sich aufgenommen hatte, denn er hatte wegen dringender geschäftlicher Termine nicht früher nach Sydney zurückkehren können.
    Als die Limousine jetzt vor dem großen Gebäude anhielt, sah Dante auf die Uhr. Fast auf die Minute pünktlich, dachte er und stieg aus. Er eilte durch die Eingangshalle auf die Rezeption zu, und er wurde von einer Mitarbeiterin der Anwaltskanzlei in das geräumige und exklusiv ausgestattete Direktionszimmer geführt. Dort begrüßte er Leons Rechtsanwalt freundlich, ehe er sich zu der jungen Frau umdrehte, die aufgestanden war.
    „Hallo, Taylor.“ Dante drückte ihr die Hand und küsste sie auf die Wange.
    Sie trug eine perfekt sitzende schwarze Hose, die ihre langen Beine betonte, dazu eine elegante helle Seidenbluse und einen breiten braunen Ledergürtel. Die hochhackigen Schuhe machten sie noch größer, als sie sowieso schon war.
    Nach seiner Rückkehr nach Florenz hatte Dante mit ihr in regelmäßigem E-Mail-Kontakt gestanden und sich informieren lassen, wie es seinem Neffen ging. Auch den heutigen Termin mit dem Rechtsanwalt hatte sie ihm auf diesem Weg bestätigt.
    Ihm war bewusst, wie nahe sie und Casey sich gestanden hatten. Doch als Persönlichkeiten hätten sie nicht verschiedener sein können. Casey war eine lebhafte, humorvolle junge Frau gewesen, die gern und oft lachte. Ihr Mann und ihr Sohn waren ihr Ein und Alles gewesen. Taylor hingegen wirkte sehr distanziert und schien immer auf der Hut zu sein, und genau das fand er so ungemein faszinierend.
    Bei einigen seltenen Gelegenheiten hatte sie die Maske sekundenlang fallen lassen, so bei Caseys und Leons Trauung und auch bei Bens Taufe, als sie versprach, sich als seine Patin jederzeit gut um ihren Neffen zu kümmern. Dass sie auf der Trauerfeier die Fassung verlor, war kein Wunder.
    Ihre Verletzlichkeit, die sie normalerweise gut zu verbergen verstand, berührte Dante zutiefst. Taylor weckte in ihm den Wunsch, sie zu erobern, die Mauer, die sie um sich her errichtet hatte, zu durchbrechen und ihre wahre Natur zu entdecken, vielleicht sogar ihr Herz zu gewinnen.
    Es kam ihm vor wie eine einzige Herausforderung, der er sich jedoch während der kurzen Begegnungen noch nicht hatte stellen können und wollen.
    „Hallo, Dante“, begrüßte sie ihn. Ihre Stimme klang warm und herzlich, und er hatte das eigenartige Gefühl, sie könne seine Gedanken lesen. Doch das hielt er für unmöglich.
    Als Vorstand der d’Alessandri Corporation stand er in dem Ruf, stets besonnen zu reagieren, einen klaren Kopf zu bewahren und sich, wenn es sein musste, rücksichtslos durchzusetzen. Solche Eigenschaften waren für die Führung des multinationalen Unternehmens von Vorteil und hatten ihn zu einem der reichsten Männer Europas gemacht. Eins der Geheimnisse seines Erfolgs war, dass er sich nicht in die Karten schauen ließ.
    „Nehmen Sie bitte Platz“, forderte der Rechtsanwalt Dante und Taylor auf, ehe er sich an den Schreibtisch setzte und einen Stapel Unterlagen zu sich heranzog. „Wir wollten über das Sorgerecht sprechen, das Sie gemeinsam für Caseys und Leons Sohn übernehmen sollen. Ich nehme an, Sie haben bestimmte Vorstellungen, wie es jetzt weitergehen soll.“
    „Ben fühlt sich bei mir sehr wohl“, erklärte Taylor ruhig. „Ich arbeite zu Hause,
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