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In den Faengen der Nacht

In den Faengen der Nacht

Titel: In den Faengen der Nacht
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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Gedanken in tausend verschiedene Richtungen gingen. Aber alle führten zu einer einzigen Möglichkeit: Dieser merkwürdige Anruf könnte für sie der Weg zurück sein – zur Seriosität.

2
    In vielen Teilen der Welt und in vielen Religionen hat die Vorstellung der Hölle lange Zeit so ausgesehen, dass die Toten für die Schlechtigkeiten bestraft wurden, die sie in ihrem Leben verübt hatten.
    Im atlantäischen Höllenkreis von Kalosis gab es zahlreiche verderbte Seelen, aber keine davon wurde für das bestraft, was sie während ihres Lebens getan hatte. Die meisten hatten ein ruhiges, friedliches Leben. Wie Urian – ein Spathi-Daimon, dessen Heimat Kalosis einst gewesen war – häufig sagte: »Wir sind nicht die Verdammten, Leute, wir sind die grundsätzlich Verarschten.«
    Und das stimmte. Alle, die hier waren, wurden nicht für ihre Verfehlungen bestraft, sondern für etwas, das eine lange vergessene Königin von Atlantis vor Jahrhunderten getan hatte, um es ihrem einstigen Liebhaber heimzuzahlen. In einem Wutanfall gegen den griechischen Gott Apollo hatte sie ihre Soldaten ausgesandt, um sein Kind und seine Geliebte zu töten. Und indem sie das getan hatte, hatte sie ihr ganzes apollitisches Volk verdammt: Sie mussten nicht nur ihr Leben in Dunkelheit verbringen, sondern hatten auch nur noch eine Lebensspanne von siebenundzwanzig Jahren. Diese Leben endeten an ihrem Geburtstag, wo der Körper langsam und schmerzhaft innerhalb von vierundzwanzig Stunden verfiel, bis nichts weiter übrig war als ein Häufchen Staub.
    Jeden Mann und jede Frau hätte hier in Kalosis ein kaltes, hartes Schicksal erwartet. Aber ihr Anführer Stryker hatte das mythische Portal entdeckt, das es ihm erlaubte, von der Welt der Menschen in dieses Reich hinabzusteigen. Und hier traf er eine andere Göttin, eine Göttin, deren große Wut Apollo ad absurdum geführt hatte.
    Apollymi war im Höllenkreis ihrer eigenen Familie gefangen, die ihre Kräfte fürchtete, und sie wollte Apollo mit seiner Grausamkeit nicht davonkommen lassen. Sie hatte Stryker, den Sohn, der von Apollo verflucht worden war, mit offenen Armen empfangen und ihn an Sohnes Stelle angenommen. Sie lehrte ihn, wie man die Seelen von Menschen rauben und damit das eigene Leben verlängern konnte. Dieses Wissen hatte Stryker an die anderen seiner Rasse weitergegeben und sie hierhergebracht, damit sie nicht nur seiner Rache, sondern auch der von Apollymi dienen konnten. Er hatte den Oberbefehl über Legionen von Daimons, die die armseligen Menschen als Vieh betrachteten.
    Und obwohl er ihr so viel schuldete, hasste Stryker die Göttin, die ihm das Leben gerettet und ihn adoptiert hatte, aus ganzem Herzen.
    Jetzt saß er in der Banketthalle ihrer Heimat und sah zu, wie seine Spathi-Krieger ihren neuesten Sieg feierten.
    »Tod den Menschen!«, schrie einer der Krieger über den Lärm hinweg.
    »Scheiß drauf!«, antwortete ein anderer. »Wir brauchen sie! Tod allen Dark-Huntern!«
    Als Antwort drang Jubel durch die Halle. Stryker lehnte sich in seinem gepolsterten Thronsessel zurück und betrachtete die Apolliten und Daimons, die einander zu ihrem neuesten Erfolg beglückwünschten – die Gefangennahme von Ravyn Kontis. Die dunkle Halle wurde nur von Kerzen erleuchtet, als sie das Blut der Apolliten – das Einzige, was ihre verfluchten Körper vertragen konnten – aus großen Krügen über sich fließen ließen.
    Wie die anderen Spathis, die dort versammelt waren, hatte Stryker die Vorstellung von einer besseren Welt. Einer Welt, in der seine Leute nicht mehr dazu verdammt waren, im zarten Alter von siebenundzwanzig Jahren zu sterben. Einer Welt, wo sie alle im Tageslicht wandeln konnten, so wie er es als Kind selbstverständlich gefunden hatte.
    Alles nur, weil sein Vater eine Hure geschwängert hatte und dann übermäßig zornig geworden war, als die Apolliten sie getötet hatten. Apollo hatte alle verflucht … sogar Stryker, der ihm von allen Söhnen der liebste gewesen war.
    Aber das war vor elftausend Jahren geschehen. Alte, längst vergangene Geschichte.
    Stryker war die Gegenwart, und die Daimons vor ihm waren die Zukunft. Wenn alles lief wie geplant, dann würden sie eines Tages in naher Zukunft das Reich der Menschen wieder für sich beanspruchen, das ihnen genommen worden war. Er persönlich hätte lieber mit einer anderen Stadt begonnen. Aber dann war ein Mensch, ein Amtsträger aus Seattle, mit dem Plan zu ihm gekommen, dass die Menschen ihnen helfen würden, alle
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