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In den Armen des Eroberers

In den Armen des Eroberers

Titel: In den Armen des Eroberers
Autoren: Stephanie Laurens
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Feuer trank Honoria Tee aus einem Becher und dachte über ihre Situation nach. Inzwischen war es Nacht geworden; der Sturm machte keinerlei Anstalten nachzulassen. Sie konnte das Häuschen nicht verlassen, selbst dann nicht, wenn es ihr sehnlichster Wunsch gewesen wäre.
    Mit einem Blick auf ihren Retter, der immer noch auf der Bettkante saß, verzog sie das Gesicht; sie wollte gar nicht fort. Seinen Namen kannte sie noch immer nicht, aber er verlangte ihr Respekt und Mitgefühl ab.
    Eine halbe Stunde war vergangen, seit der Junge gesprochen hatte; Devil – einen anderen Namen hatte sie nicht für ihn – war nicht ein einziges Mal von der Seite seines sterbenden Vetters gewichen. Seine Miene blieb unbewegt, verriet keinerlei Gefühle, und doch waren da Emotionen, hinter der Fassade, und verdüsterten das klare Grün seiner Augen. Honoria wußte um den Schock und den Schmerz, den ein plötzlicher Tod mit sich brachte, wußte vom stummen Warten und von der Totenwache. Sie richtete den Blick wieder in die Flammen und trank ihren Tee.
    Einige Zeit später hörte sie das Bett knarren; langsam näherten sich leise Schritte. Sie spürte mehr, als daß sie sah, wie er sich auf dem riesigen geschnitzten Stuhl niederließ, und roch den Staub, der aus den verblichenen Polstern aufstieg. Der Kessel summte leise. Sie neigte sich vor und goß, als der Dampf sich legte, Wasser in den bereitgestellten Becher, den sie dem Mann dann reichte.
    Er nahm ihn entgegen, wobei seine Finger die ihren und seine Blicke flüchtig ihr Gesicht streiften. »Danke.«
    Er trank schweigend und schaute dabei, genauso wie Honoria, ins Feuer.
    Minuten verstrichen, dann streckte er die langen Beine aus und kreuzte sie an den Knöcheln. Honoria spürte seinen Blick auf ihrem Gesicht.
    »Was führt Euch nach Somersham, Miss …?«
    Das war es, worauf sie gewartet hatte. »Wetherby«, klärte sie ihn auf.
    Statt ihr daraufhin seinen Namen zu nennen – Mr. Soundso oder Lord Sowieso –, kniff er die Augen zusammen. »Euer vollständiger Name?«
    Honoria versagte sich ein Stirnrunzeln. »Honoria Prudence Wetherby«, antwortete sie reichlich spitz.
    Eine schwarze Braue fuhr in die Höhe; der beunruhigende Blick aus den grünen Augen flackerte jedoch kein bißchen. »Doch nicht etwa Honoria Prudence Anstruther – Wetherby?«
    Honoria starrte ihn an. »Woher wißt Ihr?«
    Seine Lippen zuckten. »Ich kenne Euren Großvater.«
    Ein ungläubiger Blick war ihre Antwort. »Und jetzt wollt Ihr mir wahrscheinlich weismachen, ich sähe ihm ähnlich?«
    Ein kurzes Lachen, weich und tief, fächelte über ihre Sinne. »Jetzt, da Ihr es zur Sprache bringt, glaube ich tatsächlich, eine gewisse Ähnlichkeit zu erkennen – das Kinn vielleicht?«
    Honoria funkelte ihn böse an.
    »Also, jetzt«, bemerkte ihr Folterknecht, »erinnert Ihr doch stark an den alten Magnus.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ach ja?«
    Langsam nahm er einen Schluck Tee, ohne den Blick von ihrem zu lösen. »Magnus Anstruther-Wetherby ist ein jähzorniger alter Herr, unerträglich hochnäsig und mindestens so stur wie ein Esel.«
    »Ihr kennt ihn gut?«
    »Wir grüßen einander – mein Vater kannte ihn bedeutend besser.«
    Verunsichert beobachtete Honoria ihn, wie er trank. Ihr vollständiger Name war kein Staatsgeheimnis, aber sie hatte einfach keine Lust, sich seiner zu bedienen und auf ihre Verwandtschaft mit diesem jähzornigen, sturen alten Herrn in London aufmerksam zu machen.
    »Da gab es doch noch einen zweiten Sohn, nicht wahr?« Ihr Retter musterte sie versonnen. »Er hat sich gegen Magnus aufgelehnt wegen … jetzt weiß ich's wieder – er hat gegen Magnus' Willen geheiratet. Eines von den Montgomery-Mädchen. Seid Ihr die Tochter?«
    Honoria nickte steif.
    »Das führt mich zurück zu meiner Frage, Miss Anstruther-Wetherby. Was zum Teufel führt Euch hierher, in unsere stille, hinterwäldlerische Gegend?«
    Honoria zögerte; von seiner Gestalt ging eine Unruhe, eine Rastlosigkeit aus – nicht auf sie bezogen, sondern auf den Jungen hinter ihnen auf dem Lager –, die verriet, daß er eine Unterhaltung für sein Seelenheil dringend benötigte. Sie hob das Kinn. »Ich bin Gouvernante für höhere Töchter.«
    »Für höhere Töchter?«
    Sie nickte. »Ich bereite Mädchen auf ihr Debüt vor – ich bleibe nur ein Jahr, bis zur Einführung in die Gesellschaft, bei der jeweiligen Familie.«
    Er beäugte sie fasziniert und ungläubig. »Was um alles in der Welt sagt der alte Magnus
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