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In den Armen des Eroberers

In den Armen des Eroberers

Titel: In den Armen des Eroberers
Autoren: Stephanie Laurens
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von mir.« Die Bemerkung hing in der plötzlich kalten Luft. Honoria war dankbar, als er erklärend hinzufügte: »Ich war bei Waterloo dabei. Ein großer Sieg, wie wir später hörten. Die Hölle auf Erden für diejenigen, die es überlebten. An einem Tag habe ich mehr Männer sterben sehen, als ein normaler Mensch während eines ganzen langen Lebens sieht. Ich bin ganz sicher …« Donner dröhnte und erstickte seine Worte fast völlig. »Er wird die Nacht nicht überleben.«
    Seine Worte fielen in die plötzliche Stille. Honoria glaubte ihm; die Traurigkeit, die ihn umgab, ließ keinen Raum für Zweifel.
    »Ihr habt die Wunde gesehen – wie das Blut pulsierte? Die Kugel hat sein Herz gestreift – entweder das oder eines der großen Gefäße in seiner Umgebung. Deshalb können wir die Blutung nicht stillen.« Er zeigte auf den dicken, bereits durchgebluteten Verband. »Mit jedem Herzschlag stirbt er ein bißchen mehr.«
    Honoria sah dem Jungen in das unschuldige Gesicht und schöpfte tief Atem. Dann blickte sie ihren Retter an. Seine unbewegte Miene konnte sie nicht täuschen. Seine Kaltschnäuzigkeit weckte ihren Argwohn; Mitleid überkam sie.
    Dann zog er die Stirn in Falten und die Brauen zusammen, als er die Jacke des Jungen hochhob und den Knopf an dem blutigen Einschußloch untersuchte. »Was ist?«
    »Der Knopf hat die Kugel abgelenkt. Seht Ihr?« Er hielt den Knopf ans Licht, so daß die Kerbe an seinem Rand und daneben die Brandstelle sichtbar wurden. »Wenn der Knopf nicht gewesen wäre, hätte die Kugel mitten durchs Herz getroffen.«
    Honoria verzog das Gesicht. »Ein Unglück, vielleicht.« Als er sie mit seltsam leeren, grünen Augen ansah, hob sie hilflos die Schultern. »Unter diesen Umständen, meinte ich. Nun muß er langsam sterben.«
    Der Mann sagte nichts, sondern betrachtete weiterhin den Knopf. Honoria preßte die Lippen zusammen, wehrte sich gegen den Drang zu fragen und tat es dann trotzdem. »Aber?«
    »Aber …« Er zögerte und fuhr dann fort: »Ein sauberer Schuß durchs Herz mit einer langläufigen Pistole – kleines Kaliber, also war es kein Gewehr und auch keine Jagdpistole – dazu aus einiger Entfernung – ein Schuß aus der Nähe hätte einen größeren Brandfleck hinterlassen –, das ist schon ungewöhnlich. So ein Schuß erfordert bemerkenswertes Geschick.«
    »Und bemerkenswerte Kaltblütigkeit, möchte ich meinen.«
    »Auch das.«
    Regen peitschte gegen die Wände und Fensterläden. Honoria straffte sich. »Wenn Ihr Feuer macht, kann ich Wasser kochen und das Blut abwaschen, soweit es möglich ist.« Der Vorschlag brachte ihr einen erstaunten Blick ein; sie begegnete ihm mit unerschütterlicher Ruhe. »Wenn er denn sterben muß, so soll er wenigstens sauber sterben.«
    Im ersten Moment glaubte sie, ihn schockiert zu haben – er wirkte eindeutig verblüfft. Dann nickte er, und sein Einverständnis vermittelte ihr zweifelsfrei, daß er sich verantwortlich für den Jungen fühlte.
    Sie ging zum Herd, er folgte ihr, erstaunlich leise für einen so kräftigen Mann. Vor dem Feuerloch blieb sie stehen und blickte über die Schulter zurück – und hätte beinahe ihre Zunge verschluckt, als sie ihn direkt neben sich sah.
    Er war groß – noch größer, als sie ihn eingeschätzt hatte. Sie selbst wurde oft genug als hochgewachsen bezeichnet, doch dieser Mann überragte sie noch um eine volle Haupteslänge. Er verdeckte die Kerze, sein markantes Gesicht lag in tiefem Schatten, und sein schwarzes Haar zog sich wie ein dunkler Schein um seinen Kopf. Er war der personifizierte Prinz der Finsternis. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Honoria sich klein, zerbrechlich, ungeheuer verletzlich.
    »Beim Stall befindet sich eine Pumpe.« Er griff an ihr vorbei; das Kerzenlicht schimmerte auf dem Umriß seines Arms, als er den Kessel vom Haken nahm. »Ich muß auch noch nach Sulieman sehen, doch zuerst kümmere ich mich um das Feuer.«
    Honoria rückte rasch zur Seite. Erst als er vor dem Herd hockte und Scheite aus der Holzkiste auf den Rost legte, konnte sie wieder frei atmen. Wenn er ihr so nahe war, erzeugte seine Stimme einen zitternden Widerhall in ihr, ein äußerst beunruhigendes Gefühl.
    Als das Feuer schließlich brannte, kramte sie geschäftig in der Kommode und förderte saubere Kleidung und eine Teebüchse zutage. Sie hörte den Mann vorbeigehen, er griff nach oben und nahm einen Eimer von einem Haken. Der Riegel klickte; Honoria sah sich um – da stand er unter der Tür,
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