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In den Armen des Eroberers

In den Armen des Eroberers

Titel: In den Armen des Eroberers
Autoren: Stephanie Laurens
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nackt bis zu den Hüften, gestochen scharf vor dem grellen Licht eines Blitzes – eine urwüchsige Gestalt in einer urwüchsigen Umgebung. Der Wind stob in den Raum und verschwand abrupt wieder. Die Tür schlug zu, und er war fort.
    Sie zählte sieben Donnerschläge, bis er zurückkam. Als die Tür sich hinter ihm schloß, ließ ihre Anspannung ein wenig nach. Dann bemerkte sie, daß er tropfnaß war. »Hier.« Sie reichte ihm das größte Tuch, das sie gefunden hatte, und griff nach dem Kessel. Sie machte sich am Herd zu schaffen, brachte den Kessel zum Kochen, bemüht, nicht dabei zuzusehen, wie er seinen bemerkenswerten Oberkörper trockenrieb. Der Kessel fauchte; sie griff nach der bereitgestellten Schüssel.
    Er erwartete sie am Bett; sie überlegte, ob sie ihm befehlen sollte, sich am Feuer zu trocknen, entschied sich jedoch dagegen. Sein Blick war auf das Gesicht des Jungen geheftet.
    Sie stellte die Schüssel auf den Bettkasten, wrang ein Tuch aus und wusch behutsam das Gesicht des Jungen, entfernte den Schmutz und den Staub der Straße. Die Sauberkeit betonte noch sein unschuldiges Aussehen und die Grausamkeit seines Todes. Honoria preßte die Lippen zusammen und konzentrierte sich auf ihre Arbeit. Bis sie bei dem blutgetränkten Hemd anlangte.
    »Laßt mich.« Sie wich zurück. Zwei exakte Bewegungen, und die linke Seite des Hemdes war abgerissen.
    »Gebt mir einen Lappen.«
    Sie wrang einen aus und reichte ihn hinüber. Seite an Seite arbeiteten sie im flackernden Licht; sie staunte über die Sanftheit der großen Hände, war gerührt über die Ehrfurcht, die ein so kraftvoll Lebendiger einem Sterbenden erwies.
    Dann waren sie fertig. Sie legten eine weitere Decke über ihren Patienten, dann sammelte sie die schmutzigen Lappen ein und legte sie in die Schüssel. Er ging ihr voran zum Herd; sie stellte die Schüssel auf den Tisch und straffte den Rücken.
    »Devil?«
    Der Ruf war so schwach, daß sie ihn kaum vernahm. Honoria wirbelte herum und flog zurück ans Bett. Die Augenlider des Jungen flatterten. »Devil. Brauche … Devil.«
    »Schon gut, schon gut«, flüsterte sie und legte ihm die Hand auf die Stirn. »Hier ist kein Teufel – wir lassen ihn nicht an dich heran.«
    Der Junge furchte die Stirn und schüttelte den Kopf unter ihrer Hand. »Nein! Muß ihn sehen …«
    Harte Hände umfaßten Honorias Schultern; sie schnappte nach Luft, als sie hochgehoben und beiseite gestellt wurde. Frei von ihrer Berührung, öffnete der Junge seine glasigen Augen und versuchte, sich aufzurichten.
    »Bleib liegen, Tolly. Ich bin bei dir.«
    Honoria sah mit geweiteten Augen, wie ihr Retter ihren Platz einnahm und den Jungen sanft zurück aufs Bett drängte. Seine Stimme, seine Berührung beruhigten den Sterbenden – er legte sich zurück, sichtbar entspannter, und sah den Älteren an. »Gut«, hauchte er mit kaum hörbarer Stimme. »Hab' dich gefunden.« Ein mattes Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann wirkte er plötzlich ernüchtert. »Muß dir unbedingt sagen …«
    Seine drängenden Worte wurden von einem Husten abgeschnitten, der sich zu einem schmerzhaften Krampf entwickelte. Honorias Retter stützte den Jungen mit beiden Händen, als wollte er dem rasch verfallenden Körper von seiner Kraft abgeben. Als der Hustenanfall nachließ, griff Honoria nach einem sauberen Lappen und bot ihn an. Ihr Retter bettete den Jungen zurück aufs Lager und wischte ihm das Blut von den Lippen.
    »Tolly?«
    Er erhielt keine Antwort; der Verletzte hatte erneut das Bewußtsein verloren.
    »Ihr seid mit ihm verwandt.« Diese Erkenntnis war Honoria in dem Augenblick gekommen, als der Junge die Augen aufschlug. Die Ähnlichkeit war nicht nur an der hohen Stirn zu erkennen, sondern vor allem am Schwung der Brauen und dem Schnitt der Augen.
    »Vettern.« Alles Leben wich aus den strengen Zügen ihres Retters. »Vettern ersten Grades. Er gehört zu der jüngeren Garde – kaum zwanzig Jahre alt.«
    Honoria überlegte, wie alt er selbst wohl sein mochte – vermutlich war er in den Dreißigern, doch am Gesicht war sein Alter unmöglich einzuschätzen. Sein Benehmen erweckte den Eindruck von großer Lebenserfahrung.
    Während sie zusah, streckte er langsam eine Hand aus und schob unendlich sanft eine Haarlocke aus der bleichen Stirn seines Vetters.
    Das leise Seufzen des Windes schwoll zu lautem Getöse an.

3
    Sie saß mit einem Sterbenden und einem Mann, den seine Freunde Devil nannten, in einem Waldhaus fest. Im Ohrensessel beim
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