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In deinem Schatten

In deinem Schatten

Titel: In deinem Schatten
Autoren: Barbara Hambly
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Vorbereitungskurse zum Vortanzen engagiert hatte –, schlief Maddie sofort ein. Sie träumte nicht von Sandy, Philip oder dem Horrorhaus in der 29. Straße, von dem nur mehr Schutt und Asche übrig geblieben war, sondern vom Fliegen. Vom Fliegen und davon, dass sie, umhüllt von Wolken, im Herzen der Welt tanzte.
    Phil sah sie erst zwei Tage später wieder, und zwar auf der Party im Al-Medina, wo sie Tessas bestandene Aufnahmeprüfung für die ABA feierten.
    Abdullah hatte Maddie und Tessa den großen Saal zur Verfügung gestellt, der zwei Stockwerke hoch war und über eine Galerie mit richtigen Logen verfügte, die in letzter Zeit nie mehr benutzt worden war. Die Logen dienten vorwiegend als Lager für allerlei Gerümpel und als Umkleideräume für die Tänzerinnen. Maddie und Tessa hatten alle eingeladen, die sie kannten – die Dayforths, die wenig mit Bauchtanz anfangen konnten, hatten zwar abgesagt, doch sowohl Quincy als auch Diana waren gekommen. Tessa hatte sich von Josi einen pinkfarbenen Schleier ausgeborgt und führte, begleitet von Flöten- und Trommelmusik sowie frenetischem Applaus, den Tanz der Zuckerfee aus Tschaikowskys “Nussknacker” auf.
    Maddie sah Phil erst während ihrer Bauchtanzvorführung. Er saß mit einer Flasche marokkanischem Bier in der Hand auf einem Diwan in der Nähe der kleinen Band und sah fasziniert und sichtlich begeistert zu. Da es sich beim heutigen Abend um eine Party und keinen bezahlten Auftritt handelte, hatte Maddie sich für einen Schwerttanz entschlossen, bei dem die gebogene Klinge auf dem Kopf balanciert wurde. Es war ihr ein Genuss, diese besondere Variante des Bauchtanzes zu zeigen, für die sie sonst selten engagiert wurde, da die meisten Leute kaum Interesse daran hatten. Sie sah Phil in die Augen, lächelte ihn an und sank vor ihm auf den Boden. Dabei ließ sie die Arme, den Oberkörper und die Hüften zum schnellen Rhythmus der Musik kreisen, wobei der Rest ihres Körpers und auch das Schwert auf ihrem Kopf sich keinen Millimeter bewegten. Die Band spielte eine Zugabe, sodass sie jede der kunstvollen Bewegungen noch einmal zeigen konnte. Ihre Augen suchten wieder Phils Blick.
    Verstehst du?
    Das ganze Leben ist ein Tanz. Es ist eine Kunst, die von Freude erfüllt ist und die aus Träumen Edelsteine werden lässt.
    Er lächelte zurück.
    “Du bist richtig gut”, hörte sie ihn hinter sich sagen, als sie nach ihrer letzten Drehung die schmale Treppe zu der Loge hinaufging, die sie als Umkleide benutzte. Immer noch atemlos vom letzten Trommelsolo drehte sie sich um und sah ihn, wie er im schwachen Licht in seinen Jeans, einem grauen Leinenhemd und ein wenig zerzaust und müde wirkend in der Tür zur Loge stand.
    Es kam ihr völlig absurd vor, dass sie ihn jemals mit Lucius Glendowers Geist oder mit der Erinnerung an Sandy hatte verwechseln können.
    “Du auch. Ich habe mir vor ein paar Tagen deine CDs angehört, auf der Heimfahrt nach einem Auftritt im Zug – und hatte danach keine Gelegenheit mehr, es dir zu sagen.”
    “Es freut mich, dass dir die Musik gefällt. Gott sei Dank befinden sich die meisten CDs und die Originalbänder in einem Lager. Diese Musik heute Abend … diese Rhythmen … und die Art und Weise,
wie
sie klingen … Das muss ich auch einmal versuchen.”
    “Du wirst toll aussehen”, versicherte Maddie ihm grinsend. “Ich überrede Josi, dass sie dir dieses süße rosa Kostüm borgt. Das mit den Herzchen drauf …”
    Er zog den Vorhang der Loge hinter sich zu und ging auf Maddie zu, die mit dem Rücken an einer verschnörkelten Säule lehnte. Dann legte er seine Hände links und rechts neben ihren Schultern an die Wand und sah ihr in die Augen. “Du weißt, was ich meine.”
    “Ich weiß, was du meinst.”
    “Wirklich?” Er streichelte ihr Gesicht und ihre dichten Locken.
    “Ich glaube schon.”
    Er strich mit dem Daumen über ihre Wange, ihre Lippen und ihr Kinn. Dann über die Abschürfungen an ihrem Hals und auf ihrer Schulter, die sie mit einem breiten Kollier aus künstlichen Topazsteinen und Diamanten verdeckt hatte. “Ich hatte nie die Gelegenheit, mich bei dir zu entschuldigen”, sagte er. “Du weißt, dass ich dir nie wehtun würde.”
    “Ich weiß.”
    “Ich liebe dich.”
    Sie griff in ihren Nacken und öffnete ihr Kollier. Die Kette glitt nach unten, über sein Handgelenk und weiter über ihre Brüste, wo er die Steine auffing und seine Hand um sie schloss wie um Sterne, die vom Himmel gefallen waren. “Es ist
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