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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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dabei ertappt, wie sie innehielt und Hector ansah. Sie konnte nicht aufhören, ihn anzusehen, und selbst wenn sie ihn nicht sehen konnte, spürte sie seine Gegenwart. Er und Chester hatten stundenlang mit der Kettensäge die umgekippten Baumstämme zerkleinert. Als es am Nachmittag zu heiß geworden war, hatten sie ihre Hemden ausgezogen. Beim Anblick der Muskeln auf Hectors Rücken und Armen war sie beinahe über die eigenen Füße gestolpert, während sie sich ins Gedächtnis rief, wie sie sich unter ihren Händen anfühlten, wie seine Hände über ihren Körper strichen.
    Wegen der Dunkelheit im Schrank hatten sie einander nicht sehen können, trotzdem hatte sie sich gefühlt, als hätte er sie angeschaut. Er hatte jeden Zentimeter ihres Körpers berührt, bis zu den Zehen, wie ein Blinder, der sein Gegenüber mit den Händen zu erkunden sucht. Seit sie mit neun Jahren in Giftefeu gefallen war und ihre Mutter sie mit Zinksalbe eingeschmiert hatte, war sie nicht mehr so von einem anderen Menschen berührt worden. Vielleicht war das der Grund gewesen, dass sie zusammengezuckt war, als er seine Hand unter ihr T-Shirt geschoben hatte. Es war so lange her, dass ihre Haut im ersten Augenblick nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte, doch dann hatte sie begonnen, sich regelrecht nach der Berührung zu sehnen. Sie hatte von Menschen gehört, die sich regelmäßig massieren ließen, weil sie an einer Art chronischem Berührungsmangel litten, doch das hier war besser gewesen, viel, viel besser. Hectors Berührung hatte ihre Sehnsucht auf eine Art und Weise gestillt, die sie niemals für möglich gehalten hätte.

    Oh Gott, sie sollte nicht hier herumsitzen und solche Dinge denken. Sie sah sich am Tisch um und konnte nur hoffen, dass niemand ihr flammend rotes Gesicht bemerkt hatte.
    »Und dann«, sagte Annie Laurie gerade, »haben Jim und ich Rummikub gespielt, und ich habe ihn jedes Mal geschlagen. Was habt ihr denn den ganzen Abend gemacht, Daddy?«
    »Genau, Hector«, meinte Chester und beugte sich vor, »was habt ihr den ganzen Abend getrieben?«
    Als Hector ihr über den Tisch hinweg in die Augen sah, löste die Hitze in seinem Blick dasselbe Gefühl in Cassandras Brust aus - eine Hitze, die sich über ihre Arme und ihr Gesicht ausbreitete. Es war still geworden am Tisch, und obwohl alle sie ansahen, erwiderte sie Hectors Blick, konnte ihn nicht abwenden.
    »Nichts Besonderes«, antwortete Hector.
    »Cassandra, dein Gesicht ist ja rot wie eine Tomate«, stellte Annie Laurie fest.
    Abrupt hob Cassandra die Hände und berührte ihr Gesicht. »Das ist die Hitze.«
    »Genau«, bestätigte Hector, »die Hitze.«
    »Dann lasst uns Eiscreme machen. Es wird uns erfrischen.« Annie Laurie wandte sich an Hector. »Dürfen wir, Daddy?«
    Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Ich sehe keinen Grund, weshalb ihr es nicht tun solltet, Sonnenschein. Wenn Eis da ist.«
    Walton nickte. »Ich glaube, es ist noch genug da.«
    Annie Laurie schlang die Arme um Hectors Taille und lehnte sich mit geschlossenen Augen an ihn. »Daddy«, seufzte sie.
    »Was denn, Baby?«
    »Gar nichts. Nur Daddy.«
    Später, als sie alleine in der Küche das Geschirr abwusch, dachte Cassandra an diesen Augenblick zwischen Hector und
seiner Tochter. Sie so zu sehen war so wohltuend gewesen. Was auch passieren würde, sie hatte das Gefühl, zumindest dabei geholfen zu haben, dass die beiden sich wieder näher waren.
    Es tat gut, in der dämmrigen Küche zu stehen, die Hände in einem Spülbecken voll Seifenwasser, und den Stimmen der Menschen draußen zu lauschen, die sie so liebte. Walton und Skeeter drehten abwechselnd die Kurbel der Eismaschine, während Annie Laurie oben auf dem Deckel saß, um sie stabil zu halten, und quiekte, immer wenn ihre Füße mit dem Eis in Berührung kamen. May, Doris und Evelyn saßen unter den Bäumen und unterhielten sich. Chester und Harry Jack hatten ein Checkers-Spiel auf dem Stumpf einer Virginia-Eiche aufgebaut, und Hazel wartete darauf, gegen den Gewinner zu spielen. Hector war nirgendwo zu sehen. Er hatte gesagt, er wolle am Hafen vorbeifahren und nach seinem Boot sehen.
    Cassandra liebte diese Tageszeit, die Dämmerung, die schattigen Augenblicke zwischen Tageslicht und Dunkelheit, wenn der Vorhang zwischen den Welten am zartesten war. Es war die Zeit, in der sie sich ihrer Mutter und ihrem Vater am nächsten fühlte. Cassandra fragte sich, ob sie den Mut aufbringen würde, ihrer Mutter alles zu erzählen, wenn
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