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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich
Autoren: Sandra Scoppettone
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konnte die hysterischen Anfälle nicht verstehen, die ihre Mutter
jedesmal bekam, wenn ein Junge sie besuchte oder anrief. Was zwischen den
beiden als Austausch von Feindseligkeiten begonnen hatte, entwickelte sich zu
einem regelrechten Krieg, einem Krieg, so hatte man fast den Eindruck, auf
Leben und Tod.
    Meg hatte zwei ältere Schwestern, Rosie
und Lorraine, die sich ganz allmählich entwickelten und auch erst spät
Rendezvous hatten. Trotzdem versuchte Rosie, mehr Freiraum für Meg
herauszuschlagen, und klopfte ihre Mutter auch letztendlich weich. Doch jenes
erste Jahr auf der Junior High School war ein Alptraum.
    Die Jungen wollten nicht lockerlassen.
Sogar welche von der High School tauchten bei ihr auf. Meg bekam laufend
Hausarrest, sie schlich sich jedoch heimlich hinaus, traf sich mit Jungen im
Park und machte mit einigen der älteren Spritztouren.
    Sie erzählte mir alles. Viel mehr, als
ich wissen wollte. Ich wurde zur Hüterin ihrer Eskapaden, ihres Lebens.
Manchmal hatte man das Gefühl, daß für Meg das Erzählen aufregender war als das
tatsächliche Erlebnis. Sie sagte, sie müsse jemandem von ihren Freunden
erzählen, und ich war dieser Jemand. Ich heuchelte Interesse, Begeisterung,
aber die Wahrheit war, ich verstand es nicht, konnte mich nicht damit
identifizieren. Unsere Beziehung verlief eine ganze Weile ziemlich eingleisig,
weil ich ihr nicht sagen konnte, daß ich wahnsinnig in ein Mädchen aus der
neunten Klasse namens Vilma Smith verliebt war, die keine Ahnung hatte, daß es
mich gab.
    Was ihre Mutter und ihr Vater (er bekämpfte
sie ebenfalls, allerdings nicht so erbittert) auch denken mochten, Meg hatte
keinen Sex, bis wir auf der High School waren. Wir waren in der zweiten
Oberstufenklasse, und Meg ging mit einem Jungen aus dem Abschlußjahrgang namens
Larry Chambers, während ich mit einem Jungen aus unserer Klasse namens Jim
Betsch ging und ganz und gar hoffnungslos in ein Mädchen aus der dritten Klasse
namens Anne Kiernan verliebt war, die nicht den Hauch einer Ahnung hatte, daß
ich existierte.
    Meg wurde schwanger. Larry hörte von
einem Abtreibungsarzt in Pennsylvania, und Meg und ich, Larry und Jim fuhren
eines Samstags hinunter, während unsere Eltern dachten, wir verbrächten den Tag
in Point Pleasant an der Küste von New Jersey.
    Jim hatte mich dazu bringen wollen, Sex
mit ihm zu haben, aber ich wollte nicht, und als wir schweigend dahinfuhren,
warf ich ihm hin und wieder einen Blick zu, der besagte, Siehst du, wozu das
führen kann, und er schaute offenbar ganz eingeschüchtert auf den Boden.
    Die Abtreibung war eine schreckliche
Erfahrung. Der reguläre Arzt war nicht da, und sein Vertreter wollte Meg
erpressen, vor dem Eingriff Sex mit ihm zu haben. Meg fing an zu schreien, und
wir kamen alle in den Raum gestürzt. Der Arzt beschwichtigte uns, und Meg
bestand darauf, daß ich bei ihr blieb, was ich auch tat.
    Er gab ihr keine Betäubung, und ihre
Nägel gruben sich in meine Hand, bis ich blutete. Sie hatte einen Waschlappen
im Mund, und die kehligen, primitiven Laute, die sie ausstieß, blieben mir
unvergeßlich.
    Es war das erste Mal, daß ich so viel
Blut zu Gesicht bekam. Ich mußte darauf achten, richtig zu atmen, und mir
bewußt befehlen, nicht umzukippen. Als es vorbei war, schickte der Arzt uns in
ein anderes Zimmer und wies Meg an, sich dort mindestens eine Stunde
hinzulegen. Er gab ihr mehrere Binden mit, die sie in ihren Slip steckte.
Während sie sich ausruhte, redete ich die ganze Zeit, weil Meg Angst vor dem
Einschlafen hatte. Sie war überzeugt, sie würde sterben, wenn sie einnickte.
    Natürlich starb sie nicht, aber sie
hatte große Schmerzen und schlief von Samstagabend bis Montagmorgen in einem
durch, dann zwang sie sich, zu ihrem Ferienjob als Kellnerin zu gehen. Schon
binnen der ersten Arbeitsstunde bekam sie Blutungen.
    Das Ganze war eine Katastrophe: Meg im
Krankenhaus, ich im Kreuzverhör mit meinen Eltern und ihren. Larry und Jim
wurden jeweils von ihren Eltern in die Mangel genommen. Niemand verriet etwas.
Dennoch war den Ärzten gleich klar, was passiert war, und sie teilten es den
Harbaughs mit.
    Das Komische war, Mrs. Harbaugh schien
fast erfreut über diese Entwicklung. Nicht, daß sie sich freute, weil Megan
Schmerzen hatte, oder es genoß, sie leiden zu sehen, nein, es schien, als fühle
sie sich nachträglich in dem jahrelangen Kampf mit ihrer Tochter bestätigt, als
sei sie stolz, weil sie alles vorausgesehen hatte.
    Meine Mutter fand Hildy
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