Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)
Autoren: Brigitte Kanitz
Vom Netzwerk:
ähnlich.
    Morgen würde ich allerdings einen heftigen Muskelkater haben.
    Vom Reiten, nicht vom Küssen.
    »Grün ist die Heide«, sagte Jan.
    Ich war mit meinen Gedanken woanders. Bei Opas Brief, der ein Loch in meine Kostümjacke brannte.
    »Rudolf Prack und Sonja Ziemann.«
    »Jan, wovon redest du?«
    Mein Bruder feixte. »Von dir und Paul natürlich. Die Szene eben – wie im Film. So schön kitschig.«
    »Idiot«, zischte ich, presste meiner Stute die Unterschenkel in den Bauch und ließ die Zügel lang. Darauf hatte sie nur gewartet. Schon flog sie im gestreckten Galopp davon, ließ Jan, die Kutsche und meine Ängste zurück.
    Nein, doch nicht.
    Die Ängste kamen mit.
    Nach einer Weile parierte ich durch und wartete auf meinen Bruder. Mit einem Pferd an der Hand konnte er nur traben. Sonst hätte er riskiert, dass der Schimmel ausgebrochen wäre und einen Spaziergänger über den Haufen gerannt hätte.
    »Bist du glücklich, Kröte?«
    »Ja.«
    Und nein.
    »Dann ist ja alles gut.«
    Ist es nicht.
    Am liebsten hätte ich Jan erzählt, was mir auf der Seele lastete, aber zum ersten Mal seit Langem war mir nicht mein Bruder am nächsten.
    Ich wollte zuerst mit Paul reden.
    Eine Stunde später lieferten wir die Pferde wieder ab und fuhren dann zur Kutschenstation, wo wir auf Paul und die Ruhrpöttler warteten.
    Jan erklärte sich für fahrtüchtig und übernahm das Steuer.
    Paul wirkte erschöpft, als er eintraf. Er hatte die Fahrt im Stehen verbracht und sich am Kutschbock festgehalten.
    Seine Retter empfahlen ihm lachend, sich künftig ein weiches Kissen auf den Sattel zu legen.
    Er kam auf uns zu, und mein Herz flog ihm entgegen. Kurz nahm er mich in die Arme und streichelte sanft meine Wange. »Ich hab dich vermisst.«
    »Oh, Schmalz«, stöhnte Jan. »Das ist ja noch schlimmer als bei dem Prack.«
    Paul blickte ihn irritiert an. »Wie bitte?«
    »Hör einfach nicht auf ihn«, sagte ich und zog ihn zum Auto.
    Paul bat darum, hinten sitzen zu dürfen, und während der Fahrt tat ich so, als würde ich nicht bemerken, wie er immer wieder seine Position änderte, um gewisse Körperteile nicht zu sehr zu belasten. Als ich in einem Dorf sah, dass eine Apotheke Notdienst hatte, bat ich Jan, kurz zu halten, und kaufte eine Wundsalbe.
    Paul lächelte mir peinlich berührt, aber dankbar zu.
    In Nordergellersen steuerte Jan den Heidekrug an.
    »Erst mal nach dem Rechten sehen«, sagte er.
    Womit er natürlich Hans-Dieter meinte, logo. Ich hatte nichts dagegen, bedeutete es doch einen weiteren Aufschub. Kurz überlegte ich sogar, ob ich Paul nicht vorschlagen sollte, nach Hause zu fahren. Ich würde ihn dann bald besuchen.
    Aber ein schneller Blick auf sein erschöpftes Gesicht zeigte mir, dass er unmöglich heute Abend auch noch allein bis nach Lüneburg würde fahren können. Außerdem ertrug ich den Gedanken nicht, mich jetzt schon von ihm zu trennen. Ich wollte ihn bei mir haben.
    Trotz der Konsequenzen, die es für mich bedeutete.
    Der Festsaal im Heidekrug hatte sich größtenteils geleert. Nur an zwei Enden der Tafel saßen noch Grüppchen zusammen. Wir gingen zuerst dorthin, wo Grete und Marie eisern die Stellung hielten.
    »Jemand muss schließlich die Familie vertreten«, brummte Grete zur Begrüßung. »Es kann ja wohl nicht angehen, dass die Angehörigen des Verstorbenen vor den Gästen den Leichenschmaus verlassen.«
    Jan und ich nickten.
    »Wo seid ihr überhaupt alle gewesen?«, fragte Grete. »Heidi war vorhin auch nur kurz da und ist dann wieder weg. Angeblich muss sie sich um Olaf kümmern, der irgendwas Falsches getrunken hat.«
    Oder geraucht.
    »Und du, Nele? Wie vom Erdboden verschluckt, und dann auch noch Jan.«
    »Jetzt sind wir ja wieder da«, sagte Jan. »Kommt, ich bringe euch nach Hause.«
    »Aber die Gäste …«, warf Marie ein und sah dabei aus, als würde sie gleich am Tisch einschlafen. War ein anstrengender Tag gewesen.
    Ich schaute zum anderen Tischende. Dort saßen Sissi, Pamela, Anke und Karl.
    »Das sind nur noch meine Freunde«, sagte ich. »Um die kümmere ich mich.«
    »Also gut.« Grete stand auf. Mühsam, wie mir schien. Auch an ihr hatte dieser Tag gezehrt.
    »Ich helfe dir, die Damen heimzubringen«, sagte Hans-Dieter mit einem zärtlichen Lächeln zu Jan.
    »Wir sind doch keine Invaliden«, protestierte Grete, stützte sich dann aber schwer auf Hans-Dieter.
    Langsam verließ die Gruppe den Saal.
    Paul hatte die ganze Zeit schweigend neben mir gestanden. So nah, dass ich seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher