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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)
Autoren: Brigitte Kanitz
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meldete sich kurz darauf eine weibliche Stimme. Im Hintergrund waren lautes Gelächter und Musik zu hören. Der Leichenschmaus war definitiv aus dem Ruder gelaufen. Klang jetzt eher nach einem Heideblütenfest.
    »Können Sie mir bitte Jan Lüttjens ans Telefon rufen?«, schrie ich gegen den Lärm an. »Es ist dringend!«
    »Gleich.«
    Für eine gestresste Kellnerin ist »gleich« ein dehnbarer Begriff. Hildes Lächeln fror ein, sie fürchtete offensichtlich um ihre Handyrechnung. Diesen verrückten Heidjern war ja alles zuzutrauen.
    »Ich zahle Ihnen das Gespräch«, versprach ich, bevor mir einfiel, dass ich auch kein Geld dabeihatte. Musste Hilde ja nicht wissen.
    Sie wirkte jedenfalls beruhigt.
    Die Kutsche blieb stehen, und ich stieg mit den anderen aus, das Handy immer am Ohr.
    »Hallo?«, meldete sich mein Bruder nach einer kleinen Ewigkeit.
    »Jan, endlich!«
    »Mensch, Kröte, wo bist du denn abgeblieben?«
    Ich sah mich um. »Im Totengrund.«
    »Was? Hör mal, ich habe echt keine Lust auf noch mehr Stress. Eben musste ich mit Hans-Dieter und Karl unseren zugedröhnten Papa ins Bett bringen. Mama hat gesagt, sie hätte dich losgeschickt, um Hilfe zu holen. Aber du bist hier nie angekommen. Wir wollten schon die Polizei rufen.«
    Ich dachte an unseren Dorfpolizisten Walter Hahnemann, der ausgiebig an Leichenschmaus und Besäufnis teilgenommen hatte. Wäre keine große Hilfe gewesen.
    »Jetzt mal im Ernst, Nele. Wo bist du?«
    »Hab ich doch gesagt. Im Totengrund. Eine Reisegruppe aus Berlin hat mich in ihrem Bus verschleppt. Ab Sudermühlen ging es dann mit der Kutsche weiter.«
    Hilde zuckte beim Wort »verschleppt« zusammen, und Jan begriff langsam, dass ich mich tatsächlich an einem der schönsten Plätze in der Lüneburger Heide befand.
    Er lachte laut los.
    Half mir gerade nicht viel.
    Endlich beruhigte er sich. »Wie ist das denn passiert? Warst du vorübergehend geistig umnachtet?«
    »Kann man so sagen.«
    »Die Eltern werden sich Vorwürfe machen, weil sie dich so geschockt haben.«
    »Es waren nicht die Eltern.«
    »Sondern?«
    Die Tür in meiner Gedankenwelt öffnete sich einen Spalt breit.
    »Das erzähle ich dir später. Ich muss jetzt das Handy zurückgeben.«
    »In Ordnung.« Jan reagierte schnell. »Wir kommen dich mit dem Auto holen.«
    »Gut«, sagte ich. »Pass auf, ich stehe unter den drei höchsten Wacholderbäumen. Aber denk daran, dass im Park Autos verboten sind. Am besten mietet ihr in Sudermühlen drei Fahrräder. Eines für mich.«
    Ich ging davon aus, dass er mit Hans-Dieter kommen würde.
    »Machen wir. Bis nachher. Darf ich rumerzählen, was mit dir passiert ist?«
    »Wenn du hier begraben werden möchtest, gerne.«
    Jan zog es vor, schnell aufzulegen.
    »Du fährst nicht mit uns weiter?«, erkundigte sich Hilde mit offenkundiger Erleichterung im Blick. »Wir machen noch eene schöne lange Rundfahrt, und in Undeloh jibt et Kaffee und Kuchen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, vielen Dank. Mein Bruder wird mich hier abholen.«
    »Na denn, tschüs, Kleene. Und pass jut op dick op.«
    Ich winkte der Reisegruppe zu und setzte mich mit einer geschenkten Flasche Wasser auf die Holzbank unter den Wachholderbäumen.
    Im Laufe der nächsten Stunde kamen viele Ausflügler bei mir vorbei, beäugten mich und gingen schnell weiter. Eine junge Frau, ganz allein im schwarzen Kostüm im Totengrund – das war ihnen nicht geheuer.
    Konnte ich verstehen.
    Ich war mir selbst auch nicht ganz geheuer.
    Irgendwann nickte ich ein und träumte, mein Traumprinz käme auf einem Schimmel angeritten, um mich zu retten. Die Sonne tauchte Ross und Reiter in goldenes Licht. Das Pferd weckte keine unterbewussten Erinnerungen; wir hatten auf dem Lüttjenshof nie Schimmel gehabt.
    »Zu viel Arbeit beim Putzen«, hatte Opa Hermann beschlossen und immer nur Braune oder Rappen gekauft.
    Dafür sah der Prinz aus wie Paul Liebling. Statt Überrock und Beinlingen trug er sogar einen schwarzen Anzug.
    Perfekt!
    Dieser Traum gefiel mir noch besser als der von Paul und mir nackt im Baggersee.
    Oha!
    Wenn ich güldene Romantik schon der prickelnden Erotik vorzog, dann stand es schlimm um mich.
    Dann musste es Liebe sein.
    Mein Prinz sprang elegant vom Pferd und kam mit stolzem Schritt auf mich zu.
    Nein, halt. Der Traum hakte ein bisschen. Also: Der Prinz plumpste schwer vom Pferd, landete auf seinem Hosenboden, rappelte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und humpelte auf mich zu.
    Sein Knappe lachte. »Hab Ihnen
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