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Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)
Autoren: Brigitte Kanitz
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stockte. Las noch einmal, aufmerksam.
    Wort für Wort.
    Der Sommertag verwandelte sich in eine frostige Frühlingsnacht, und mir wurde kalt. Schon wieder.
    Und schwindelig.
    Ich stützte mich an einem Bus ab, der direkt vor dem Heidekrug stand.

26.
    Auf der Lüneburger Heide
    Es dauerte eine Weile, bis ich wieder zu mir kam. Mein Instinkt sagte mir, dass ich nicht dort war, wo ich im Moment sein sollte, und ich traute mich nicht, die Augen zu öffnen. Um mich herum wurde kräftig berlinert; aus einem Lautsprecher erklang Heino: »Auf der Lüneburger Heide, in dem wunderschönen Land …«
    Einige Leute sangen lautstark und fröhlich, aber furchtbar falsch mit. Wie kamen die in unsere Küche? Der Ferienhof war doch vorübergehend geschlossen.
    Wer hatte Maries Kassettenrekorder angestellt?
    Und seit wann ruckelte unser Haus so merkwürdig hin und her?
    Jetzt legte es sich auch noch in die Kurve.
    Was?
    Es half alles nichts, ich musste die Lider heben.
    Ich sah mich um.
    Ein Bus.
    Ich saß in einem Bus. Inmitten einer Reisegruppe aus Berlin.
    »Na, Kleene, allet klar?«
    Eine freundliche Dame im geblümten Sommerkleid lächelte mir zu.
    »Wie komme ich hierher?«
    »Du warst ja fix und alle, wie du vorhin am Bus jelehnt hast. Da hab ick dir jeholfen.«
    »Schönen Dank.«
    Hilfe!
    Ich war von einer Berliner Hausfrau entführt worden.
    »Ick bin die Hilde, und du?«
    »Nele.«
    »Hab dich auf der Herfahrt jar nicht jesehen. Haste wohl janz hinten gesessen?«
    »Sind Sie Hausfrau?«
    »Wat? Ick gloobe, du brauchst wat zur Stärkung. Hier. Runter damit!«
    Bevor ich mich’s versah, hatte die geblümte Hilde einen Pappbecher zur Hälfte mit Korn gefüllt und hielt ihn mir unter die Nase.
    Ich trank.
    Oh, seliges Vergessen.
    »Hoch mit dir!«
    Das muss einige Zeit später gewesen sein, denn ich war so halbwegs wieder bei mir. Bevor ich protestieren konnte, saß ich auch schon auf einer langen Bank in einer Kutsche – unterwegs in den Naturpark Lüneburger Heide.
    Mein Kopf tat weh, meine Gedanken krachten ständig gegen eine unsichtbare Tür, die ich nicht öffnen wollte.
    Bitte nicht!
    Lieber noch einen Schnaps mit Hilde. Die wollte mir aber keinen mehr geben, guckte mich nur mütterlich an und sagte: »Musst erst mal wieder klar werden, Kleene. Und deenem Paule heulste besser nicht mehr nach. Det scheint ja een janz Schlimmer zu sein. Die Kerle sind’s nicht wert, dass wa ihnen nachweenen.«
    Himmel! Was hatte ich im Schlaf erzählt?
    Hilde und die anderen Touristen zückten jetzt ihre Kameras, um einen Schäfer mit seiner Heidschnuckenherde zu fotografieren. Dabei stießen sie kleine spitze Freudenschreie aus.
    Ich kniff die Augen zusammen. Nein, es war nicht mein Retter von heute früh. Sonst hätte ich ihn vielleicht ein zweites Mal bemüht.
    Fragte sich bloß, was der dazu gesagt hätte.
    Und weiter ging die fröhliche Fahrt über Sandwege, vorbei am violett blühenden Heidekraut. Die Reisegruppe sang auch ohne Heino tapfer das alte Volkslied. Bis zum Erbrechen.
    Ich musste mich mal kurz rausbeugen.
    »Igitt«, sagte Hilde und reichte mir einen Becher mit klarer Flüssigkeit.
    Wasser. Gott sei Dank.
    Auf dem Wilseder Berg wurde angehalten, damit viele schöne Panoramafotos geschossen werden konnten, und bevor ich auch nur an Flucht denken konnte, saß ich schon wieder in der Kutsche. Die gummibereiften Räder rollten nun munter talwärts.
    Meine Handtasche hatte ich nicht dabei und somit auch nicht mein Blackberry. Wo war das eigentlich ständig, wenn ich es brauchte?
    »Kann ich mal bitte kurz Ihr Handy benutzen?«, fragte ich Hilde.
    »Willste etwa den Paule anrufen?«, erkundigte sie sich misstrauisch. Es war ihr zuzutrauen, dass sie mir ihr Handy in dem Fall verweigerte. Hilde gehörte zu den Menschen, die anderen gern zu ihrem Glück verhalfen oder sie von ihrem Unglück abhielten.
    »Nein, ich schwöre!«
    »Na jut.« Sie reichte es mir. »Aber pass bloß op. Ick höre allet mit.«
    Sehr diskret, die Dame.
    Das Handy stammte aus grauer Mobilfunkvorzeit und hatte die Größe einer Hollandgurke. Egal. Es funktionierte.
    Hm. Und wo sollte ich jetzt anrufen? Zuhause war niemand, auf dem Küpperhof auch nicht, die Nummer vom Heidekrug wusste ich nicht auswendig.
    Moment mal!
    »Sie waren doch alle vorhin in Nordergellersen im Heidekrug!«, rief ich in die Runde.
    Kollektives Kopfnicken.
    »Hat jemand vielleicht einen Prospekt davon mitgenommen?«
    Brave Berliner. Schon hatte ich die Nummer.
    »Hier Heidekrug«,
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