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Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Titel: Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)
Autoren: Gill Lewis
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über dem Marineladen flattert heftig und an der Takelage der Segeljachten zerrt der Wind. Ich suche den Hafen ab. Alle Fischerboote liegen, im Tiefwasserbecken aufgereiht, vor Anker. Die Jachten und Motorboote sind am Ponton vertäut. Als ich den leeren Ankerplatz der Moana sehe,versetzt es mir noch einmal einen Schlag. Sie ist verloren. Ich werde sie nie mehr wiedersehen.
    Nirgendwo ist eine Jolle in Sicht – keine Spur von Felix oder Jake.
    Eine Gischtwolke steigt über die Kaimauer und ergießt sich über eine Gestalt, die hinaus aufs Meer blickt. Ihr schwarzer Umhang und das lange Haar flattern im Wind. Ich klettere auf den Mauerabsatz neben Miss Penluna. Sie streckt mir die Hand entgegen, ohne ihren Blick vom Meer abzuwenden.
    Felix’ Eltern und Dougie Evans schließen sich uns an, lehnen sich an die Granitmauer und starren hinaus in die Wellen. Blitz und Donner zerreißen die Luft. Die Flut wird durch Wind und Wellen immer weiter in die Höhe getrieben. Überall entlang der Kaimauer stehen Menschen, die das Unwetter beobachten. Solche Naturgewalten ziehen die Leute an. Sie wollen sehen, was der Sturm anrichten kann. Gewaltige Wellen rollen aufs Land zu, donnern übereinander und brechen in sich zusammen.
    Über unseren Köpfen rattert der Hubschrauber.
    »Sie werden sie finden!«, brüllt Dad.
    Aber ich frage mich, wie, denn der peitschende Regen versperrt uns jede Sicht.
    Dougie steht direkt oben auf der Mauer. »MEIN JUNGE!«, brüllt er. Aber der Sturm schlägt ihm die Worte zurück ins Gesicht. »WO IST MEIN JUNGE!«
    Er fährt sich mit den Händen über den Kopf. Seine Augen sind rot, sein Blick ist wirr. Er klammert sich an Dads Arm.»Ich hab sie verloren, Jim. Ich hab meine beiden Jungen verloren!«
    Dad legt den Arm um ihn. »Komm schon, kehren wir um und warten auf neue Informationen.«
    Miss Penluna steht immer noch da und schaut hinaus aufs Meer. Wie ein Wachposten.
    Dougie Evans dreht sie zu sich und sieht ihr ins Gesicht. »Ich will ihn wiederhaben.«
    Miss Penluna blickt ihm fest in die Augen.
    »Er ist alles, was ich noch habe«, schluchzt er.
    Miss Penluna zieht ihren Umhang fester. »Wohin kehrt er denn zurück, Dougie? Was für eine Welt hinterlässt du ihm denn?«
    Dougie Evans versucht, etwas in ihrem Gesicht zu lesen. Trotz Wind und Regen höre ich Miss Penlunas Worte. »Jetzt wird er von Engeln begleitet.«
    Dougies Knie geben nach, er strauchelt und stürzt zu Boden.
    Eine Welle donnert gegen die Mauer und durchnässt uns mit eiskaltem Spritzwasser.
    »Los, komm!«, sagt Dad und nimmt mich beim Arm.
    Noch einmal werfe ich einen Blick auf die stürmische See.
    Und plötzlich fühlt es sich an, als ob mein Herzschlag für einen Augenblick aussetzt. Ich habe da draußen etwas gesehen. Ich bin mir sicher, dass ich etwas gesehen habe.
    Mit angestrengtem Blick versuche ich, den Regenschleier zu durchdringen.
    Da ist es wieder.
    Ein Segel.
    Ein Mast und ein Segel tauchen hinter einer Welle auf. Und dann sehe ich, wie sich der weiße Bootskörper von Felix’ Jolle aufbäumt.
    »ICH SEHE SIE!«, brülle ich.
    Felix’ Mum und Dad klettern neben mich auf die Mauer. Dougie richtet sich wieder auf.
    Er packt mich an der Schulter. »Wo?«
    »Dort!« Ich blicke hinaus aufs Meer, aber das Boot ist hinter einem Wellenberg verschwunden.
    Dann taucht es wieder auf.
    »Das sind sie!«, schreit Felix’ Dad, »das sind sie!«
    Vor diesen riesigen Wellen ist das Boot so klein. Ich sehe Felix auf seinem Cockpitplatz sitzen. Jake liegt zusammengesackt auf dem Sitz dahinter.
    Sie segeln mit dem Wind, der sie genau auf uns zutreibt. Das Boot läuft den Wellen davon. Der Bug ragt jetzt vollkommen aus dem Wasser. Sie fegen geradezu über die Oberfläche. Dann tauchen sie wieder ein und fahren auf die nächste Welle zu. Aber in Hafennähe brechen sich die Wellen und schlagen gegen die Mauer. Über der Jolle röhrt der Helikopter durch den Regen. Felix kann das Boot jetzt nicht anhalten oder in den Wind drehen. Es gibt nur eine Möglichkeit, heil herauszukommen. Vermutlich hat sich Felix dafür entschieden, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken. Er hält auf die schmale Einfahrt zwischen denHafenmauern zu. Unmöglich, in der aufgewühlten See dieses Ziel anzusteuern!
    Ich schaue Dad kurz an, aber sein Blick ist völlig auf Felix fixiert. Die Leute entlang der Kaimauer erscheinen wie erstarrt und verfolgen einfach nur, was passiert. Es gibt nichts, was irgendjemand von ihnen tun könnte.
    Wieder versteckt sich
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