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Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Titel: Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)
Autoren: Gill Lewis
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verstecken, aber Jake und Ethan würden sowieso petzen.
    »Hast du die Anzeige an der Werft gelesen, Kara?«, fragt Jake. Jetzt schaut er mich an und grinst. Ethan grinst auch. Sie wissen etwas, was ich nicht weiß. Man hört es in Jakes Stimme. Er brennt darauf, es mir zu erzählen.
    Mrs Carter hat den Schulhof zur Hälfte überquert. Sie sieht entschieden aus und grimmig.
    »Die Moana steht zum Verkauf«, bricht es aus Jake heraus. Jetzt triumphiert er.
    Ich rapple mich hoch. »Lügner!«
    Das kann nicht wahr sein. Ich bin mir sicher, dass das nicht wahr ist.
    Aber Jake ist ein eingebildeter Fatzke. Er zieht seine Trumpfkarte. »Mein Dad wird sie kaufen und sie zu Brennholz zerhacken, weil sie zu sonst nichts taugt, sagt er.«
    Ich schleudere ihm das Buch entgegen. Die harten Kanten der Bibel knallen auf seine Nase, seine Hände umklammern das Gesicht und er fällt wie ein Stein zu Boden.
    Mrs Carter fängt an zu rennen. »Kara!«
    Ich blicke auf Jake hinab, der ächzend und stöhnend am Boden liegt.
    »Kara, komm sofort da runter!«, brüllt Mrs Carter.
    Ich aber drehe ihnen allen den Rücken zu, springe von der Mauer und lasse Jake Evans blutend zurück. Das Blut rinnt durch seine fetten Finger und färbt die staubtrockene Erde rot.

Kapitel 2
    Ich renne und renne den Brennnesselpfad entlang, dann auf gepflasterten Gassen und schäbigen Straßen hinunter zur Strandpromenade. Ich muss Dad finden.
    Ich muss.
    In der Stadt ist viel los. Überall lärmen Bohrmaschinen und Bagger. Sie bauen die neue Straße, die zum Hafen führt. Auf der anderen Seite der orangefarbenen Absperrkegel und Bauzäune liegt die Merry Mermaid , mit ihrem verwitterten, grünbemoosten Dach. Die Luft riecht nach Bier und Pommes frites. An den Tischen, die über den Gehsteig verstreut stehen, sitzen viele Leute, die in der Sommersonne ihr Mittagessen verspeisen. Die fröhliche Meerjungfrau blickt von ihrem verblassten Aushängeschild über der Tür finster auf sie herunter. Ich schlüpfe unter dem Schild hinein in die Düsternis und passe mein Augenlicht langsam der Dunkelheit an.
    »Alles okay mit dir, Kara?« Ted poliert ein Glas und wischt mit einem Tuch immer wieder rund um den Rand.
    »Ja, alles klar«, sage ich. »Wo ist Dad?«
    »Er hat den Tag freigenommen«, sagt er, hält das Glas gegen das Licht und überprüft es auf Schmierflecken. »Ist alles in Ordnung, Kara? Deinem Dad schien es heute nicht gut zu gehen.«
    Ich schaue mich um, als würde ich erwarten, Dad doch noch hier zu entdecken.
    Ted stellt das Glas hin, lehnt sich mit dem Rücken an den Tresen und sieht mich an. »Geht’s dir wirklich gut?«
    »Ja«, sage ich, »mir geht’s gut.«
    Ich verziehe mich wieder nach draußen. Die weiß getünchten Häuser strahlen im blendend hellen Sonnenlicht. Ich renne vom Hafen weg, den Hügel hinauf, zur neuen Siedlung auf der anderen Seite der Stadt. Ich kriege Seitenstechen, aber ich laufe weiter, an Vorgärten vorbei und Auffahrten, an Rasenstückchen mit Planschbecken und Dreirädern, bis zum letzten Haus, wo ein aufgebockter Wohnwagen im Gras steht.
    Ich werde langsamer und stoße das Gartentor auf. Tante Bev hängt Overalls und eine Ölzeugjacke an eine Wäscheleine, die zwischen der Garage und dem Wohnwagen gespannt ist. Onkel Tom muss wohl vom Meer zurückgekehrt sein.
    Tante Bev zieht die Hosenbeine der Overalls zur Seite, schaut mich an und legt die Hand auf ihren prallen Bauch. Mit den Zähnen hält sie zwei hölzerne Wäscheklammern fest. Sie ragen hervor wie die Hauer eines Warzenschweins.
    Ich versuche, die Wohnwagentür zu öffnen. Rote Roststückchen bröckeln vom Rahmen, die Tür jedoch ist verschlossen.
    »Wo ist Dad?«, frage ich.
    Tante Bev nimmt die Klammern aus dem Mund. »Du solltest doch in der Schule sein«, sagt sie.
    Ich hämmere an die Wohnwagentür.
    »Dein Dad ist weggegangen«, sagt sie.
    Noch einmal versuche ich, die Tür zu öffnen.
    »Ich hab gesagt, er ist weg gegangen.« Tante Bev klammert ein Paar Hosen an die Leine. Sie hat mich immer noch im Blick.
    Ich tauche unter der Wäscheleine weg und will an Tante Bev vorbei in die Küche flitzen, aber sie hält die Hand vor die Tür.
    »Gibt’s irgendwelche Probleme, Kara?«, fragt sie.
    »Hab was vergessen, Tantchen«, sage ich, »mehr nicht.«
    »Okay, mach schnell, Onkel Tom schläft. Weck ihn nicht auf.« Sie nimmt die Hand von der Türöffnung und lässt mich vorbei.
    Ich spüre, wie sie mich beobachtet, als ich die Treppe hochsteige und in das Zimmer
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