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Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Titel: Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)
Autoren: Gill Lewis
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schlüpfe, das ich mit Daisy teile. Daisy sitzt, umgeben von ihren Puppen, auf ihrem Bett und liest Teddykatze eins ihrer Märchenbücher vor. Als ich eintrete, stopft sie etwas hinter ihren Rücken. Ich höre es in ihrer Hand rascheln. Auf ihrer prinzessinnenrosa Bettdecke liegt ein verräterischer Marshmallow.
    »Du bist nicht in der Schule«, sage ich. »Eigentlich müsstest du krank sein.«
    Daisys Mund ist mit irgendetwas vollgestopft. Erst schaut sie auf die offene Tür, dann auf mich.
    Ich lächle. »Keine Angst, ich erzähl nichts.«
    Klebriger Sabber läuft ihr am Kinn herunter. »Jetzt fühl ich mich krank«, sagt sie.
    »Das überrascht mich nicht«, sage ich, wische den Puderzucker von der Bettdecke und setze mich neben sie. »Daisy, hast du meinen Dad gesehen?«
    Daisy nickt. »Onkel Jim ist fischen gegangen«, sagt sie. »Er hat die langen Angeln genommen, weißt schon, die fürs Meer.«
    »Wann war das?«
    »Nicht lang her«, sagt sie. »Grad als Mum ihren Kaffee ausgetrunken hat.«
    »Danke, Daisy.« Ich hole Badetasche, Tauchmaske und Schwimmflossen unter meinem Campingbett hervor. Daisys Spielsachen liegen auf dem Bett verstreut. Ein rosa Marshmallow klebt an meinem Kissen. Aber ich kann mich wirklich nicht beklagen. Schließlich ist es ihr Zimmer. Und sie brauchen meinen Platz, wenn das Baby kommt.
    »Gehst du mit ihm?«, fragt Daisy.
    Ich nicke. »Bitte verrat’s niemandem.«
    Daisy legt die Finger aufs Herz und presst sie dann gegen die Lippen.
    Ich ziehe ein T-Shirt und kurze Hosen an. Draußen schlägt eine Autotür zu und ich höre Stimmen. Der große schwarze Lieferwagen von Jakes Dad parkt vor der Auffahrt. Ich ziehe mich vom Fenster zurück. Ich will nicht, dass er mich hier sieht.
    Ich höre, wie er mit Tante Bev in der Küche spricht.
    »Jim ist nicht da, Dougie.« Tante Bevs Stimme klingt hoch und angespannt. »Ich werd ihm ausrichten, dass er dich anrufen soll, wenn er zurück ist.«
    »Ich such sein Mädchen.«
    »Kara?«, sagt Tante Bev. Sie zögert und stolpert über ihre eigenen Worte. »Sie – sie ist in der Schule.«
    Durch den Türspalt sehe ich Tante Bev unten im Flur stehen. Sie versperrt ihm den Zugang zur Küche.
    Dougie Evans stützt sich mit der Hand an den Türrahmen. »Ich weiß, dass sie oben ist, Bev.«
    Tante Bev weicht einen Schritt zurück. Ihre Stimme ist leise, sie flüstert fast. »Was willst du von ihr?«
    »Nur ein Wörtchen mit ihr reden, sonst nichts.«
    »Was hat sie getan?«
    Jetzt steht Dougie Evans mit seinen Fischerstiefeln auf Tante Bevs sauberem Teppich in der Diele, am Fuß der Treppe. »Sie hat Jake die Nase gebrochen.«
    Ich schließe die Tür und presse mich von innen dagegen.
    Auf den Stufen hört man Schritte, laut und schwer.
    Daisy starrt mich mit großen Augen an. Sie hat die Bettdecke bis zum Kinn gezogen. »Er kommt hoch«, flüstert sie.
    Ich schiebe mein Bett vor die Tür und gehe zum Fenster. Das Garagendach unter mir ist flach, aber es liegt ein ganzes Stück tiefer.
    »Kara!« Jetzt ruft Tante Bev. Ihre Stimme hat einen Singsangton, sie klingt fast locker, aber ich kann hören, wie sie bebt. »Dougie Evans möchte mit dir sprechen.«
    Ich werfe meine Tasche in den Garten und schwinge mich aus dem Fenster.
    Es wird heftig gegen die Tür geschlagen. Sie fliegt auf und rumst ans Campingbett.
    »Hau ab!« Daisy formt die Worte lautlos mit den Lippen.
    Ich lasse mich aufs Dach fallen und knicke mit dem Fuß um. Dann springe ich ins weiche Gras. Ich drehe mich um und sehe Dougie Evans, wie er sich mit rotem Gesicht aus dem Fenster lehnt. Aber jetzt kann er mich nicht mehr aufhalten.
    Niemand kann mich aufhalten.
    Ich packe meine Tasche und renne los.

Kapitel 3
    »Warte!«, brülle ich. »Warte!«
    Ich sehe die Moana , bevor ich Dad sehe. Verglichen mit anderen Booten, die im Hafen liegen, sieht sie klein aus. Mit ihren terrakottafarbenen Segeln und dem offenen, hölzernen Deck hebt sie sich vom gleichförmigen Weiß der modernen Jachten ab. Ich klettere ein paar Stufen hinunter und renne den Ponton entlang. Meine Schritte dröhnen auf den Planken. Die Moana treibt langsam auf die schmale Ausfahrt zwischen den hohen Hafenmauern zu. Dad sitzt am Ruder.
    »Dad«, schreie ich, »warte auf mich!«
    Dad reißt das Ruder herum und die Segel der Moana flattern locker, während sie sich wieder zum Wind dreht. Sie treibt auf mich zu und der Schiffsrumpf wirft gewellte, blassblaue Farbmuster aufs Wasser. Das Schiff hätte auch von einem der hundert
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