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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft
Autoren: AMANDA MCCABE
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Mutter kniete, war es ihr, als löse sie sich aus dem Kokon der behüteten Tochter, die sie gewesen war und der sie von der Grausamkeit der Welt abgeschirmt hatte. Eine Mauer aus Eis bildete sich um ihr Herz und bestärkte sie in ihrem Entschluss. Ermano hatte ihre Mutter getötet, während sie durch den ach-so-attraktiven Balthazar abgelenkt war. Aber sie würde ihnen nicht zum Opfer fallen. Stattdessen würde sie alles daran setzen, um die Grattianos zu vernichten.
    Zumindest für dieses Verbrechen sollte sie die gerechte Strafe ereilen. Bianca war noch ein junges Mädchen, aber ihre Zeit würde kommen. Sie wusste, was sie zu tun hatte.
    Sie zog die violette Decke vom Tisch, wobei Karten und Kelche zu Boden fielen, und bedeckte damit Marias Körper. Dann lief sie hinüber zu der kleinen, mit Schnitzereien verzierten Truhe in der Ecke und wühlte in der Wäsche und den Weihrauchbehältern, bis sie den Beutel voller Münzen fand, den Maria dort immer versteckt hielt. Diese Münzen und das Geld, das sie von diesem verräterischen Balthazar bekommen hatte, würden ausreichen, um sie weit weg von Venedig reisen zu lassen, zu einer sicheren Unterkunft, in der sie nachdenken und Pläne schmieden konnte. Zweifellos hatte Balthazar ihr den Ring und das Geld in die Hand gedrückt, um dadurch seine eigene Schuld zu mildern oder sogar als eine Art Schweigegeld.
    Aber sie würde es dazu benutzen, um sich vor den Grattianos in Sicherheit zu bringen – und eines Tages Rache zu üben.
    Denn irgendwann würde sie zurückkommen, und dann endlich würde das Blut der Grattianos fließen.

1. KAPITEL
    Santo Domingo auf der Insel Hispaniola – 1532
    Es war ein ruhiger Abend in Santo Domingo. Doch Bianca spürte, dass dies nicht auf Dauer der Fall sein würde.
    Sie stand hinter dem hohen Tresen, der sich an einer Wand ihrer Taverne entlangzog, spülte die tönernen Trinkbecher aus und behielt ihre Kundschaft im Blick. Die meisten waren Matrosen und Händler, die hier die Zeit totschlugen, während sie Vorräte kauften, ihre Frachträume füllten und auf die nächste Flotte warteten, unter deren Geleitschutz sie zurück nach Spanien segeln konnten. Einige der Männer waren in die entgegengesetzte Richtung unterwegs und reisten von Maracaibo oder Cartagena zu den Minen in Peru.
    Sie alle hatten die Reichtümer im Sinn, die sie sich so sehr erhofften, Gold, Perlen und Smaragde, und sie blieben selbst dann angespannt und wachsam, wenn sie vor ihrem Bier oder Rum saßen.
    Bianca hatte beunruhigende Gerüchte gehört, und sie war sich sicher, sie hatten etwas mit dem Schiff zu tun, das heute ramponiert in den Hafen eingelaufen war. Seine halb zerrissenen Segel und der gebrochene Großmast waren wie ein böses Omen in einer ohnehin schon zu abergläubischen Stadt.
    Doch je besorgter die Männer waren, umso mehr tranken sie und umso mehr füllte sich ihre Kasse. Das war Bianca nur recht, solange der Frieden gewahrt blieb. Nach der letzten Schlägerei hatte sie eine ganze Woche gebraucht, um wieder Ordnung herzustellen, und sie konnte es sich nicht leisten, so lange auf Einnahmen zu verzichten. Sie hatte ihre Bedienungen und Lieferanten zu bezahlen – und sie hatte nicht die geringste Absicht, ihre mühsam aufgebaute Existenz zu verlieren. Nicht noch einmal.
    Aufmerksam ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Er war nicht groß, und er war auch nicht vornehm. Er hatte nichts, aber auch gar nichts mit den goldverzierten venezianischen Palästen gemein, an die sie sich noch so lebhaft erinnerte. Nein, ihre Taverne bestand lediglich aus einem langen, niedrigen Raum, dessen Wände bei der letzten Instandsetzung frisch geweißt worden waren. Von den hölzernen, rauchgeschwärzten Deckenbalken hingen kleine Sträuße getrockneter Kräuter – ein aussichtsloser Versuch, den Gestank von Rum und Schweiß zu vertreiben. Die unebenen Planken des Holzbodens waren verzogen und voller hartnäckiger Flecken. Dicht gestellte Tische und Bänke füllten den Raum.
    Aber wenn alles auch noch so bescheiden war, so gehörte es doch ihr. Sie konnte sich sicherlich nicht mit den Schatzjägern messen, von deren großen Errungenschaften und fabelhaftem Reichtum sie hier in Santo Domingo jeden Tag hörte. Doch die Taverne war ihr Eigentum, das ihr niemand wegnehmen konnte.
    Bianca räumte den letzten Krug hinter den Tresen und vergewisserte sich, dass ihre Pistole dort noch immer an ihrem Platz lag. Obwohl alles ruhig war, vertraute sie der seltsamen,
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