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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft
Autoren: AMANDA MCCABE
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Verantwortlichkeiten übernehmen müssen. Letztendlich müsste er die mächtige und einflussreiche Stellung seines gefürchteten Vaters einnehmen. Niemand konnte seinem ihm vorgesehenen Rang im Leben entfliehen, weder Balthazar noch sie selbst.
    Daher musste sie noch von den wenigen Augenblicken profitieren, in denen sie ihn sehen, mit ihm reden und vielleicht sogar noch einmal seine Hand halten konnte. Von diesen wunderschönen, flüchtigen Momenten würde sie noch lange zehren müssen, nachdem sie erst einmal einen respektablen Kaufmann ohne Seelentiefe und ohne moosgrüne Augen, deren Blick sich in ihr Herz brannte, geheiratet hätte.
    Bianca versuchte, ihre widerspenstigen braunen Locken zu zähmen und steckte sie, so gut sie konnte, mit Kämmen und Haarnadeln zurück. Sie zog ihre Schürze aus und wünschte, sie könnte auch ihr blaugestreiftes Arbeitskleid ablegen. Aber sie hatte keine Zeit zu verlieren, wenn sie mit Balthazar sprechen wollte, bevor die Sitzung seines Vaters beendet war.
    So schnell sie konnte, verließ sie ihr Zimmer und rannte die Hintertreppe hinunter. Im Haus war es heute ruhig, da ihre Pächter zu einer Theatervorführung auf der Piazza San Marco gegangen und die Dienstboten noch nicht von den Einkäufen auf dem Markt zurück waren. Aus der kleinen Stube ihrer Mutter am Ende des Korridors hörte sie gedämpfte Stimmen. Ihre Mutter sprach leise und besänftigend, wie es ihre Art war. Ermano Grattiano dagegen hörte sich gereizt, streitlustig und zornig an. Wie dumm er war. Wusste er denn noch immer nicht, dass man den Karten nicht widersprechen konnte?
    Bianca riss einen blauen Wollumhang vom Haken an der Tür und schlüpfte hinaus, ohne sich die Mühe zu machen, ihre dünnen Hausschuhe zu wechseln. Balthazar war noch da und lehnte an der Wand. Heute las er nicht, sondern sah vor sich auf die ruhige Gasse, sein attraktives Gesicht undurchschaubar, die Arme über der Brust verschränkt, als sei er tief in Gedanken.
    Doch vielleicht war dieser Anschein geheimnisvoller Unnahbarkeit nur das Ergebnis eines zu ausgiebig gefeierten Karnevalfestes, dachte Bianca sarkastisch. Von zu viel Tanz, Wein und Ausschweifung. Der in ihrem Haus ansässige Schneider hatte ihr viel über einen vornehmen Maskenball auf der Piazza San Marco erzählt, der bis zum Morgengrauen gedauert hatte. Sicherlich war auch Balthazar dort gewesen, mit Rosina Micelli.
    Sie sehnte sich danach, ihn zu fragen, ob diese Bälle wirklich so prächtig waren, wie sie es sich vorstellte, wenn von weither die Musik zu ihr herüberwehte. Sie würde gern von ihm wissen, ob er Rosina oder eine der anderen blonden Kurtisanen liebte. Doch sie blieb stumm. Sie lehnte sich lediglich neben ihn an die Wand, und nach einem kurzen Augenblick streckte er ihr schweigend seine Hand entgegen. Ihre Finger berührten die kühle, nackte Haut seiner Finger, und sie spürte das Gewicht seiner juwelenbesetzten Ringe. Spürte die tiefe und doch zerbrechliche Verbindung zwischen ihnen.
    „Willst du dir nicht wie dein Vater die Karten legen lassen?“, fragte sie.
    Balthazar lachte verächtlich. „Mein Vater ist ein Dummkopf und glaubt, die Zukunft würde sich seinen Wünschen unterordnen.“
    „Du glaubst nicht, dass wir die Zukunft beeinflussen können?“
    „Nichts können wir wirklich beeinflussen, oder, Bianca? Tagein, tagaus folgen wir dem uns vorgezeichneten Lebensweg und sind weit davon entfernt, Herr über unser Schicksal zu sein. Ich muss mir nicht die Karten legen lassen, um zu wissen, wie mein Leben verlaufen wird.“
    Bianca sah schweigend zu ihm auf, zur glatten, perfekten Schönheit seines Gesichts, hinter der sich so viel Leid verbarg. Vielleicht hatte er recht, nicht wissen zu wollen, was ihm die Karten verraten würden, genauso wie auch Biancas Mutter sich weigerte, ihr die Zukunft vorherzusagen, so oft sie auch darum bettelte. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft war oft alles, womit sich die meisten Menschen trösten konnten.
    „Und was ist mit der Welt, über die du in deinen Büchern liest?“
    „Was soll mit ihr sein?“
    „Dort ist die Zukunft eben nicht vorgezeichnet. Besonders in den neuen spanischen Gebieten jenseits des Meeres. Es ist doch eine ganz neue Welt, wo man tun und lassen kann, was man will. Man könnte dort ein ungewöhnliches, exotisches Leben führen und völlig neue Wege beschreiten. Wir … du könntest dort sein, was immer du auch wolltest. Noch nicht einmal die Karten könnten dein Leben vorhersehen.“
    Er
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