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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Maly
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Büchlein.
    Der gut aussehende Fremde trug die Uniform eines Kadetten. Sicherlich war er einer der vielen jungen Adeligen, die auf die traditionsreiche königliche Militärakademie gingen. Johanna sah sich nach Freunden von ihm um, doch offensichtlich war er allein. Das machte sie auf eine merkwürdige Weise froh.
    » Johanna, Kind, langweilen wir dich? «
    Sie fühlte sich ertappt und schrak auf, doch nach einer kurzen höflichen Antwort widmete sie ihre Aufmerksamkeit erneut dem jungen Mann. Er hatte kastanienbraunes Haar, und sein kurzer Schnurrbart schimmerte rötlich. Die Brauen konzentriert zusammengezogen, sah er erneut von seinem Büchlein auf.
    Als sie seinem Blick begegnete, blieb Johanna die Luft weg. Hastig wandte sie sich ab und fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg.
    Ihre Nervosität blieb nicht unbemerkt.
    » Ich glaube, der Anblick der nackten Wilden ist nichts für eine junge Dame « , sagte MacDougal leicht amüsiert, während Johanna ihre sicherlich weithin leuchtenden Wangen hastig hinter ihrem Fächer verbarg.
    » Komm, Kind, gehen wir weiter. «
    » Es, es ist nichts « , stotterte sie, doch Anthony Chester war schon wieder in sein Gespräch über mutige Löwenjäger vertieft und zog sie mit sich fort.
    Mit bebendem Herzen drehte sich Johanna noch einmal um, doch der Platz unter dem Baum, wo der junge Mann noch vor wenigen Augenblicken gestanden hatte, war leer. Als sei der Fremde nichts weiter als ein schwärmerischer Traum gewesen.
    Mit einem Mal hatte die Völkerschau für Johanna ihren Reiz verloren.
    Zerstreut sah sie sich um, registrierte wilde Tiere und Menschen und fragte sich dabei, ob der junge Kadett sie wohl ebenfalls bemerkt hatte.
    Sie hatte ihn nie zuvor gesehen, bei keiner der Ausstellungen, zu denen ihr Vater so gerne ging, und auch nicht auf den drei Bällen, die sie bislang hatte besuchen dürfen.
    » Ich glaube, wir langweilen meine Tochter « , bemerkte Lord Chester und drückte ihre Hand.
    » Nein, nein, sicher nicht « , antwortete sie schnell und rang sich ein Lächeln ab.
    » Kannst du irgendwo eine deiner Freundinnen entdecken? «
    Johanna ließ den Blick schweifen, doch keine der etwas langweiligen jungen Damen der Oberschicht, die sie noch vor einer Weile hier und da erspäht hatte, war in der Nähe. Sie schüttelte den Kopf.
    » Ich bin sofort wieder zurück « , sagte Henry MacDougal und eilte mit flinken Schritten davon. Der Forscher verschwand hinter einer der Buden, die Essen und weitere Attraktionen feilboten.
    » Ich langweile mich wirklich nicht « , beteuerte Johanna, » allein dass endlich der Frühling gekommen ist und wir den Park besuchen, ist wunderbar! «
    » Ich weiß, mein Kind, aber Henry glaubt nun mal, wir dürften dich nicht länger mit unseren trockenen Gesprächen langweilen. Und da stimme ich ihm zu. Ah, schau, er ist schon wieder zurück. «
    Johanna blieb beinahe das Herz stehen. Neben MacDougal ging ausgerechnet der junge Kadett. Er überragte den älteren Mann um einen halben Kopf. Sobald er seine strahlend blauen Augen auf Johanna richtete, verloren seine vormals energischen Schritte an Kraft. Er fiel kurz zurück, schien sich dann aber wieder zu fangen.
    » Das ist Liam Fitzgerald, der Sohn eines guten Freundes und Förderers, der leider vor einer Weile von uns gegangen ist. Anthony Chester und seine Tochter Johanna. «
    Johanna lächelte schüchtern und wäre am liebsten im Boden versunken, als ihr der Fremde einen Kuss auf den Handrücken hauchte.
    » Sehr erfreut « , sagte er und schüttelte auch ihrem Vater die Hand.
    » Einem Gentleman wie Liam können Sie Ihre Tochter ruhig anvertrauen, Anthony. Liam, wären Sie so freundlich, Miss Johanna ein wenig Gesellschaft zu leisten? Die Plaudereien alter Männer sind nichts für eine junge Dame. «
    » Es wäre mir eine Ehre. « Liam bot Johanna seinen Arm.
    Schüchtern legte sie ihre Finger auf seinen Unterarm und sah noch einmal unsicher zu Anthony. Der nickte ermunternd und nahm gleich darauf wieder das Gespräch mit seinem Freund auf.
    » Wollen wir ein Stück gehen? « , fragte Liam.
    » Sicher… sicher, gerne. «
    Johanna hasste sich in diesem Moment. Sie brachte kaum ein Wort über die Lippen, würde alles vermasseln. Wahrscheinlich hielt Fitzgerald sie jetzt schon für einfältig und langweilig. Es war ihr schon immer schwergefallen, Gespräche mit Fremden zu führen. Ihre beste Freundin Mary Kate beherrschte diese Disziplin bis zur Perfektion. Aber Johanna? So sehr sie
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