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0444 - Sparks jagt Zombies

0444 - Sparks jagt Zombies

Titel: 0444 - Sparks jagt Zombies
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Sind Sie sicher, daß es funktioniert?« fragte Lao Si-Hüan. Der Hongkong-Chinese in seinem gestreiften Westenanzug wirkte in der Szenerie deplaciert. Durch jagende Wolken warf die Mondsichel ein fahles Licht auf den kleinen Friedhof, der am Berghang über der Stadt angelegt war. Tagsüber zeigte er ein helles, freundliches Bild, bei Nacht aber war er unheimlich wie jeder andere Totenacker auch.
    Der Neger, der Lao um fast einen halben Meter überragte, nickte. »Tausendfach erprobt«, sagte er. »Glauben Sie, ich wollte Sie hereinlegen, Lao?«
    »Das würde Ihnen auch nicht gelingen.« Laos Stimme klang für einen Chinesen erstaunlich dunkel. Sie paßte überhaupt nicht zu dem kleinen Mann mit dem kurzgeschnittenen Haar, der trotz seines westlichen Outfits nicht auf den traditionellen Zopf verzichten wollte. Auf die Pistole im Schulterholster wollte er auch nicht verzichten, die seine Jacke nur schwach ausbeulte und kaum auffiel, es sei denn, man sah genau hin.
    Der Neger war nicht bewaffnet. Er trug schwarze Schuhe, schwarze Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover. Das einzige helle an ihm waren die Augen, die aufblitzen, wenn das Mondlicht sie streifte. Er trat jetzt einen Schritt vor, bis er direkt vor dem Grab stand, das noch keinen der typischen kleinen Altäre besaß, an welchem die Hinterbliebenen ihre Opfer darbrachten und Zwiesprache mit den Geistern der Toten hielten. Dies war zwar Friedhoferde, aber es hatte kein offizielles Begräbnis gegeben, sondern nur eine Nacht- und Nebel-Aktion.
    »Und was jetzt?« fragte Chinese.
    »Treten Sie zurück, Sir«, sagte Moroto. Er wartete nicht ab, ob der Chinese seine Aufforderung befolgte, sondern begann mit den Händen Zeichen in die Luft zu malen. Dazu intonierte er einen Singsang, den Lao nicht verstand und auch nicht unbedingt verstehen wollte. Er hielt es für einen Kauderwelsch aus Pidgin-Englisch und einem halben Dutzend anderer Sprachen.
    Der Neger, der vor einem Jahr noch auf Haiti gelebt hatte, verstummte. Er wartete.
    »Klappt es ni…«
    »Still!« zischte Moroto zornig.
    Unter anderen Umständen hätte Lao es nicht hingenommen, daß ein Neger so zu ihm sprach. Jetzt aber war er unsicher. Natürlich hatte er von Voodoo gehört, er kannte die Geschichten über Zombies. Aber seinen Informationen nach war Voodoo viel mehr als nur das Erwecken von ehemals Toten. Das war eigentlich mehr eine Legende, die hinzugedichtet worden war, um den Voodoo-Kult in ein negatives Licht zu rücken. Daß es wirklich möglich sein sollte, einen Toten ins Leben zurückzurufen, konnte der nüchtern denkende Chinese sich kaum vorstellen. Aber er hatte seine Anweisungen erhalten, nach denen er zu handeln hatte. Sie hatten ihr Opfer in ›Walled City‹ ausgesucht, der Slum-Stadt Kowloons. Der Mann war niedergeschossen worden, und der Neger Moroto hatte dem Toten eine eigenartige Flüssigkeit injiziert, über deren Zusammensetzung er nicht redete. Und jetzt sollte es soweit sein.
    Daß die Leichenstarre nicht eingetreten war, mußte eine Wirkung der Chemikalie sein. Soweit konnte Lao Si-Hüan der Sache noch folgen. Aber daß auf ein paar Handbewegungen und Worte hin der Tote sich wieder aus seinem Grab erheben sollte, war doch recht unwahrscheinlich. Deshalb hatte er sogar Spaten und Hacke mitnehmen wollen, damit sie den Toten ausgraben konnten. Aber Moroto hatte behauptet, das sei absolut überflüssig.
    Jetzt starrte Lao angespannt auf das Grab.
    Und dann bewegte sich die Erde!
    Sie krümelte, hob sich, geradeso, als sei ein Maulwurf an der Arbeit. Aber das mußte ein ziemlich großer Maulwurf sein.
    Eine Hand brach aus dem Erdreich hervor, eine zweite folgte. Lao Si-Hüan versuchte sich vorzustellen, welche unglaubliche, übermenschliche Kraft nötig war, um sich gegen den Druck der festgestampften Erde emporzuarbeiten.
    Der Tote tauchte auf!
    Bleich war seine Haut, vom Lehm beschmutzt, strähnig das Haar. Der Tote sah ausgemergelt aus. So, als hätte er in dieser einen Woche von seiner eigenen Substanz gezehrt. Sein Haar war weiß geworden, obgleich der Chinese es als recht dunkel in Erinnerung hatte. Aber das Schlimmste waren die Augen. Sie besaßen keine Pupillen mehr. Sie waren nur noch weiß über die gesamte Fläche.
    Der Mund mit den spröden, rissigen Lippen war leicht geöffnet. Gelbliche Zähne waren sichtbar. Die Finger waren wie Klauen eines Raubtiers gekrümmt.
    Unwillkürlich wich der Chinese einige Schritte zurück. Fasziniert und innerlich aufgewühlt
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