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Im Sturm erobert

Titel: Im Sturm erobert
Autoren: Amanda Quick
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auch nicht besser. Um ehrlich zu sein, er hatte seit sehr langer Zeit keine Frau, ob hilflos oder nicht, in seinen Fingern gehabt.
    Vielleicht war es dieser unglückliche Umstand, der ihn heute abend so ruhelos machte.
    Er warf einen Blick auf seine schwer beladenen Bücherregale. Nichts davon interessierte ihn. Die Langeweile war scheinbar bis in seine Knochen eingedrungen. Er überlegte, ob er sich noch einen Brandy eingießen sollte.
    Elf regte sich und hob den Kopf. Diesmal sah er Leo nicht an. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf das Bibliotheksfenster.
    »Hast du Angst vor dem Gewitter? Du hast schon schlimmere erlebt.«
    Elf ignorierte ihn. Der Hund erhob sich gemächlich und blieb ein paar Sekunden reglos stehen. Dann tappte er zum Fenster. Seine großen Pfoten machten kein Geräusch auf dem Orientteppich.
    Leo runzelte die Stirn. Der Hund spürte, daß sich jemand Monkcrest Abbey näherte. Mitten in der Nacht während eines der schlimmsten Frühjahrsgewitter.
    »Unmöglich«, sagte Leo. »Niemand würde es wagen, ohne eine Einladung von mir hierherzukommen. Und ich habe keine mehr ausgesprochen, seit ich den Fehler gemacht habe, diesen Idioten Gilmartin letzten Monat zu empfangen.«
    Er verzog das Gesicht bei dem Gedanken an diesen kurzen Besuch. Charles Gilmartin hatte behauptet, ein Gelehrter zu sein, aber wie sich herausstellte, war er nicht nur ein Scharlatan, sondern auch ein Narr. Und mit beiden hatte Leo nicht die geringste Geduld. Ihm kam der Gedanke, daß er wirklich nach intelligenter Gesellschaft ausgehungert sein mußte, weil er seine Zeit mit diesem Mann verschwendet hatte.
    Ein weiterer, entfernter Blitz erhellte den Nachthimmel, und er wurde begleitet - nicht von einem Donnerschlag - sondern vom gedämpften Geklapper von Kutschenrädern auf dem Pflaster des Vorhofs.
    Jemand hatte tatsächlich die Unverfrorenheit, unangemeldet in der Abbey zu erscheinen.
    »Verflucht.« Leo packte den zerbrechlichen Hals der Kristallkaraffe und goß sich Brandy ins Glas. »Wer immer er ist, er wird ohne Zweifel erwarten, daß ich ihm für die Nacht Zuflucht gewähre, Elf.«
    Elf starrte stumm aus dem Fenster.
    »Finch wird ihn schon loswerden.«
    Finch hatte begonnen in Monkcrest Abbey zu arbeiten, als Leo noch ein Junge war. Er hatte sehr viel Übung darin, ungewollte Besucher abzuweisen. Die Legende von Monkcrest besagte, die Irren Monks wären notorisch unhöflich. In den
    Geschichten über ihre schlechten Manieren lag mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Die Herren von Monkcrest Abbey pflegten eine lange Tradition, denjenigen aus dem Weg zu gehen, die drohten, sie zu langweilen. Diese Einstellung war nicht gerade förderlich für ein aktives gesellschaftliches Leben.
    Elf knurrte leise. Nicht sein übliches warnendes Knurren, wie Leo bemerkte. Es klang mehr nach hündischer Neugier. Draußen hielt die Kutsche an. Hufe tänzelten über die Steine. Ein Kutscher schrie, verlangte Hilfe mit den Pferden. »Beweg deinen Hintern, Mann. Ich hab eine angesehene Dame und ihre Zofe in dieser Kutsche. Beeil dich. Der verfluchte Blitz macht die Pferde nervös.«
    Leo erstarrte. »Eine Lady? Was, zum Teufel, meint er damit?«
    Ohren wurden gespitzt. Elf starrte immer noch eindringlich das Fenster an.
    Leo setzte widerwillig sein Brandyglas ab, erhob sich und schritt zum Fenster. Er stellte sich neben Elf und legte seine Hand auf den breiten Kopf des Tiers. Ein Stockwerk tiefer herrschte ungewöhnliche Geschäftigkeit im Hof der Abtei. Die Kutschenlampen enthüllten die Silhouette eines kleinen, schlammbespritzten Gefährts. Zwei Knechte mit Laternen kamen aus den Stallungen, um das Gespann zu übernehmen. Der Kutscher, in ein voluminöses Cape gehüllt, stieg von seinem Bock und öffnete den Schlag.
    »Wer immer das sein mag, man hat ihnen eine schlechte Wegbeschreibung gegeben«, sagte Leo zu Elf. »Finch wird das bald regeln und sie wieder wegschicken.«
    Unten erschien Finch auf der Vordertreppe der Abbey. Der ältliche Butler hatte es sich offensichtlich in der Küche bequem gemacht und hielt die Reste eines Käsestücks in der einen Hand. Mit der anderen Hand knöpfte er sich hastig die Jacke über seinem stattlichen Bauch zu.
    Finch schob sich das letzte Stück Käse in den Mund und begann mit den Armen zu wedeln. Seine Worte waren etwas undeutlich wegen seines vollen Mundes und dem geschlossenen Fenster, aber Leo konnte sie verstehen.
    »He, was soll das?« Finch stieg die Treppe hinunter. »Für wen haltet Ihr
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