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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst
Autoren: Jonathan Kellerman
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Stuckhaufen können das Dreifache dieses Betrags bringen.
    Touristen aus dem Osten haben normalerweise den gleichen Eindruck von dieser Gegend: so sauber, so grün und so mickrige Parzellen. Häuser, die in Greenwich, Scarsdale oder Shaker Heights Grundstücke von einem halben Hektar zieren würden, sind auf Rechtecke von zweitausend Quadratmetern gezwängt. Das hält die Bewohner nicht davon ab, dreizehnhundert Quadratmeter große Imitationen von Newport-Herrenhäusern daraufzusetzen, die ihre Nachbarn bedrängen.
    Das Haus der Bartells war eins von ihnen, eine massige Hochzeitstorte hinter einem erbarmungswürdigen Vorgarten, der hauptsächlich aus einer kreisförmigen Zufahrt bestand. Ein weißer Zaun mit goldenen Zierspitzen schirmte das Grundstück ab. Ein Warnschild neben dem elektrischen Tor verhieß: NOTFALLS SCHUSSWAFFENGE-BRAUCH! Ins Haus führte eine Flügeltür mit Milchglasscheiben, die von hinten blaugrün beleuchtet waren. Darüber gestattete ein riesiges Bullauge den Blick auf einen brennenden Kronleuchter. Vor dem Haus standen keine Fahrzeuge; eine Vierergarage bot ausreichend Abstellraum für automobiles Spielzeug.
    Milo atmete tief ein und sagte: »Noch einmal mit Gefühl«, woraufhin wir ausstiegen. Auf dem Sunset zischten Wagen vorbei, aber der North Camden Drive lag still da. Beverly Hills hat eine Schwäche für Bäume, und bei denen am Camden handelte es sich um Magnolien, die sich in South Carolina wohl gefühlt hätten. Hier waren sie durch Dürre und Smog verkümmert, aber ein paar von ihnen blühten, und ich konnte ihren Duft riechen.
    Milo drückte auf einen Knopf an der Sprechanlage. Ein Mann sagte schroff: »Ja?«
    »Mr. Bartell?«
    »Wer ist da?«
    »Polizei.«
    »Worum geht’s?«
    »Können wir bitte reinkommen, Sir?«
    »Worum geht es hier?«
    Milo runzelte die Stirn. »Um Ihre Tochter, Sir.«
    »Meine … Moment mal.«
    Sekunden später wurde die Vorderseite des Hauses von Licht überflutet. Jetzt sah ich, dass die gläserne Flügeltür von Orangenbäumen in Töpfen flankiert wurde. Einer ließ die Blätter hängen. Die Tür schwang auf, und ein hoch gewachsener Mann kam über die Zufahrt auf uns zu. Er blieb fünf Meter vor uns stehen, beschattete seine Augen mit den Händen und machte drei weitere Schritte ins Flutlicht, wie ein Bühnendarsteller.
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte eine tiefe, heisere Stimme.
    Stan Bartell trat noch einen Schritt näher. Ende fünfzig, Palm-Springs-Bräune. Ein großer Mann mit kräftigen Schultern, einer Hakennase, dünnen Lippen und einem markanten Kinn. Glänzende weiße Haare waren zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Er trug eine Brille mit schwarzem Gestell, eine dünne Goldkette um den Hals und einen Hausmantel aus burgunderfarbenem Samt.
    Milo zog sein Abzeichen hervor, aber Bartell blieb, wo er war.
    »Was ist mit meiner Tochter?«
    »Sir, es wäre wirklich besser, wenn wir reinkommen würden.«
    Bartell nahm die Brille ab und musterte uns. Seine Augen standen eng beieinander, waren dunkel, kritisch. »Sind Sie von der Polizei in Beverly Hills?«
    »L.A.«
    »Was machen Sie dann hier - ich werde Sie jetzt überprüfen. Falls das hier also ein Schwindel ist, betrachten Sie sich als gewarnt.« Er kehrte ins Haus zurück und schloss die Tür hinter sich.
    Wir warteten auf dem Bürgersteig. Scheinwerfer tauchten am südlichen Ende des Blocks auf, mit dröhnenden Bässen im Gefolge, während ein Lincoln Navigator langsam vorbeifuhr. Am Steuer saß ein Junge, der nicht älter als fünfzehn aussah, eine Baseballmütze umgekehrt auf dem Kopf trug und aus seinen Lautsprechern Hip-Hop-Musik erschallen ließ. Der Geländewagen fuhr weiter zum Sunset und bog in den Strip ein.
    Fünf Minuten verstrichen ohne ein Wort oder Zeichen von Stan Bartell.
    »Wie weit werden deine Kollegen von Beverly Hills ins Detail gehen?«, fragte ich.
    »Wer weiß?«
    Wir warteten weitere zwei Minuten. Milo fuhr mit der Hand über die weißen Zaunlatten. Beäugte das Warnschild. Ich wusste, was er dachte: alle Sicherheitsmaßnahmen der Welt …
    Das elektrische Tor glitt auf. Stan Bartell kam aus seinem Haus, blieb auf der Eingangstreppe vor seiner Haustür stehen und winkte uns herein. Als wir vor ihm standen, sagte er: »Das Einzige, was sie über Cops aus L.A. hier in der Gegend wissen, ist eine so genannte Benachrichtigung im Fall eines Jungen, den meine Tochter kennt. Zeigen Sie mir doch zur Sicherheit Ihr Abzeichen.«
    Milo zeigte es ihm.
    »Sie sind
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