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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst
Autoren: Jonathan Kellerman
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»Ist schon ein Detective zugeteilt? Okay, hören Sie, ich bin zufällig gerade ganz in der Nähe, kann in zehn Minuten dort sein - sagen wir fünfzehn - nein, besser zwanzig Minuten. Ja, ja, klar.«
    Er klappte das kleine Telefon zu. »Doppelmord, zwei Leichen in einem Wagen. Da ich so nahe dran bin, dachte ich mir, ich sollte es mir mal ansehen. Der Tatort wird noch abgeriegelt, und die Leute von der Spurensicherung sind noch nicht eingetroffen, also können wir noch einen Nachtisch bestellen. Was hältst du von Cannoli?«
    Wir teilten uns die Rechnung, und er bot mir an, mich nach Hause zu begleiten, aber das nahm keiner von uns beiden ernst.
    »In dem Fall«, sagte er, »nehmen wir den Seville.«
    Ich fuhr schnell. Der Tatort lag auf der rechten Seite der Kreuzung von Glen und Mulholland, einen schmalen, verfallenen, als PRIVAT gekennzeichneten Granitweg hoch, der einen mit Platanen bewachsenen Hang hinaufführte.
    Ein Streifenwagen stand am Beginn des Wegs. An einem wenige Schritte weiter stehenden Baum war ein ZU-VERKAUFEN-Schild angebracht, das das Logo eines Immobilienmaklers aus Westside trug. Milo zeigte dem uniformierten Beamten in dem Wagen sein Abzeichen, und wir fuhren durch.
    Am oberen Ende des Wegs lag ein Haus hinter einer hohen, nachtschwarzen Hecke. Zwei weitere Streifenwagen blockierten die letzten zehn Meter zu dem Gebäude. Wir parkten und gingen zu Fuß weiter. Der Himmel war leicht violett, in der Luft hing immer noch der strenge Geruch zweier Buschfeuer, eins bei Camarillo, das andere hinter Tujunga. Beide waren erst vor kurzem gelöscht worden. Eins hatte ein Feuerwehrmann gelegt.
    Hinter der Hecke befand sich ein stabiler Holzzaun. Das Tor stand offen. Die Leichen lagen in einem roten Mustang-Kabrio, das auf einer halbkreisförmigen, mit Platten gepflasterten Zufahrt stand. Das Haus hinter der Zufahrt war eine leer stehende Villa, ein großes neospanisches Ding, das vermutlich bei Tageslicht fröhlich pfirsichfarben war. Zu dieser Stunde war es grau wie Fensterkitt.
    Die Zufahrt grenzte an einen Vorgarten von einem halben Morgen, der von weiteren Platanen beschattet wurde - riesigen Platanen. Das Haus sah ziemlich neu aus, und seine Fassade war von zu vielen seltsam geformten Fenstern verunstaltet, aber irgendjemand war klug genug gewesen, die Bäume zu verschonen.
    Das Verdeck des kleinen roten Autos war offen. Ich blieb stehen und sah zu, wie Milo näher trat, wobei er darauf achtete, hinter dem Absperrband zu bleiben. Er starrte nur hin. Wenige Augenblicke später kamen zwei Leute von der Spurensicherung auf das Grundstück marschiert, die Koffer auf einem Transportwagen hinter sich herzogen. Sie sprachen kurz mit Milo, bevor sie unter dem Absperrband durchschlüpften.
    Er ging zurück zu dem Seville. »Sieht so aus wie Schusswunden in beiden Köpfen, ein Typ und ein Mädchen, beide jung. Er ist auf dem Fahrersitz, sie neben ihm. Sein Hosenstall ist offen und sein Hemd halb aufgeknöpft. Ihre Bluse ist zusammen mit dem BH auf den Rücksitz geworfen worden. Außerdem trug sie schwarze Leggings. Sie sind bis zu den Knöcheln runtergerollt, und ihre Beine sind gespreizt.«
    »Ein Rendezvous im Auto?«, fragte ich.
    »Ein leeres Haus«, sagte er. »Gute Wohngegend. Wahrscheinlich ein schöner Blick vom Garten hinter dem Haus. Nutze die Nacht und so? Klar doch.«
    »Falls sie von dem Haus wussten, kommen sie vielleicht von hier.«
    »Er macht einen gepflegten Eindruck, ist gut gekleidet. Ja, ich würde sagen, es spricht einiges dafür, dass sie von hier kommen.«
    »Ich frage mich, warum man das Tor hat offen stehen lassen.«
    »Vielleicht war es ja geschlossen, und einer von den beiden hatte eine Verbindung zu dem Haus und eine Fernbedienung. Könnte sein, dass eine der Familien der Opfer das Ding gebaut hat. Wenn die Spurensicherer ihren Job machen, finden sie hoffentlich Ausweise in ihren Taschen. Das Autokennzeichen wird gerade überprüft.«
    »Ist eine Schusswaffe zu sehen?«, fragte ich.
    »Denkst du an einen Fall von Mord mit anschließendem Selbstmord? Unwahrscheinlich.« Er rieb sich das Gesicht. Seine Hand verharrte an seinem Mund, zog die Unterlippe nach unten und ließ sie zurückschnappen.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Die zwei Kopfschüsse sind nicht alles, Alex. Jemand hat etwas, das wie ein kurzer Speer oder der Bolzen einer Armbrust aussieht, in den Oberkörper des Mädchens gerammt. Hier.« Er zeigte auf eine Stelle unter seinem Brustbein. »Soweit ich sehen konnte, ist das
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