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Im Schatten des Verraeters

Im Schatten des Verraeters

Titel: Im Schatten des Verraeters
Autoren: Jack Higgins
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stand am Rand eines breiten Plateaus. Er drehte sich um und starrte in die dunkle Tiefe hinab, konnte jedoch keinen ihrer Verfolger sehen.
      Katina trat neben ihn. »Sie haben den leichteren Weg eingeschlagen«, sagte sie. »Erinnerst du dich an den Pfad, den wir damals in der ersten Nacht, als ich dich zur Villa führte, benutzt haben?«
    »Und wie geht es nun weiter?« fragte Lomax.
      Sie drehte sich um und deutete über das Plateau hinüber zu der großen Felswand, die dort aufragte. Sie war vom Mondlicht erhellt, Risse und Spalten durchzogen sie wie dunkle Finger, und Lomax stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Bist du sicher, daß das zu schaffen ist?«
      Sie nickte. »O ja. Ich habe sie als Mädchen ein paarmal erklettert. Sie ist bei weitem nicht so schrecklich, wie sie aussieht.«

      Erneut blickte sie ihn besorgt an, und er grinste. »Es bleibt uns wohl nicht viel Auswahl, oder?«

      Sie ging ihm voran über das Plateau, zwischen großen Steinbrocken hindurch. Als sie unten an der Felswand angekommen waren, sah Lomax, daß diese in Wirklichkeit gar nicht senkrecht war, sondern in großen Quadern leicht schräg aufwärts führte; alle waren mit Rissen und Kerben durchsetzt.

      Katina begann sofort zu klettern, und Lomax folgte ihr. Er sah sich erst um, als er rund fünfzehn Meter hinter sich gebracht hatte. Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, im Nichts zu schweben, und eine riesige Hand schien bestrebt, ihn vom Fels wegzuziehen. Er atmete tief und schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, war alles in Ordnung.
      Danach blickte er nicht mehr hinab, sondern kletterte eilig und kraftvoll. Fünf Minuten später erklomm er den Rand eines breiten Simses, das zum Teil durch einen schräg nach oben ragenden Vorsprung überdacht war, und dort wartete Katina auf ihn. »Geht es dir gut?« fragte sie.
      Nun, da er stillstand, merkte er, daß seine Glieder leicht zitterten, aber er nickte zuversichtlich. »Machen wir hier Rast?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Wir können es uns zeitlich nicht leisten. Selbst so müssen wir von Glück reden, wenn wir den Tempel erreichen, bevor die ersten Bergsteiger unter ihnen oben sind.«
      Erneut begann sie zu klettern. Lomax folgte ihr, versuchte seine schmerzenden Glieder zu vergessen, konzentrierte sich auf das Gestein. Ein Wind wehte vom Meer herauf, drang durch seinen Wollpullover; wieder grollte der Donner, diesmal wesentlich näher.
    Er erklomm den letzten schräg aufragenden Felsquader, und
    oben wartete Katina auf ihn. Über ihnen erhob sich eine über dreißig Meter hohe Felswand senkrecht in die Nacht, und Lomax reckte den Hals, um nach oben zu spähen; sein Gesicht begann im kalten Wind zu trocknen.
      Sie drehte sich um und wies auf einen dunklen Kamin, der geradewegs durch den massiven Felsen zu seiner Spitze nach oben führte. »Es sieht schlimm aus, aber es ist der leichteste Teil der Kletterei.«

      Sein Lächeln war einigermaßen mühsam. »Ich verlasse mich auf dein Wort.«

      Er wartete, bis sie in dem dunklen Spalt über ihm verschwunden war, bevor er ihr folgte. Er hängte sich die Winchester um den Hals und wandte die übliche Bergsteigertechnik an, den Rücken gegen eine Wand und die Füße gegen die andere zu stemmen; alle fünf bis sechs Meter ruhte er sich aus, den Körper fest in den Fels geklemmt.
      Nach einer Weile stellte er fest, daß es möglich war, richtig zu klettern, seine Hände und Füße fanden reichlich Halt. Zehn Minuten später schob er sich über den Rand und war bei Katina.
      Sie standen am Rand des Hauptplateaus oben auf dem Berg; Tempel und Grab des Achill lagen dreihundert Meter weiter hinten. Unter ihnen erstreckte sich die gesamte Südseite der Insel im Mondschein bis zum Meer hin.

      Es war ein unglaublicher Anblick, aber Lomax war sich nach wie vor der unnatürlichen Stille bewußt; eine dunkle Wolkenwand schob sich schnell vom Horizont her über den Himmel und löschte einen Stern nach dem anderen aus.
      Über ihnen dröhnte der Donner, und Katina sagte: »Das Gewitter wird bald da sein. Das verschafft uns einen gewissen Schutz beim Abstieg.«

    Sie machten sich auf den Weg. Der Wind trug ihnen von irgendwoher auf der rechten Seite einen schwachen Schrei zu. Lomax drehte sich um, als eben drei Männer über dem entgegengesetzten Rand des Plateaus auftauchten, begleitet von zwei Hunden. Sie waren nicht mehr als zweihundert Meter entfernt und im hellen Mondlicht deutlich zu
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