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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes
Autoren: Evita Wolff
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dumpfes Grollen aus, sein scharfes Gebiß war entblößt – und dann erkannte Eric das Lachen in seinen Augen, wußte, daß das Grollen ein Laut der Freude war, und er faßte die auffordernd erhobenen Vorderpfoten und ließ sich einfach in diesen weichen Pelz hineinfallen; in einem Knäuel rollten sie zu Boden und balgten sich zum Spaß. »Wolf«, keuchte Eric schließlich atemlos und schob den Hund ein wenig von sich, »Wolf, du bist ein großartiger Kerl. Ich wette, du hast uns gerade an deinen Lieblingsplatz geführt.«
Wolf sprang auf, schüttelte sich und stieß Eric mit der Nase an.
»Ich wußte, du bist ein Freund. Warum mögen die da oben dich nicht?« Der Hund schnaufte und trottete beiseite, als wolle er ihm zu verstehen geben, daß alles komplizierter war, als es auf den ersten Blick schien.
»Scheint mir auch so.« Eric rappelte sich hoch und schnipste Grashalme von seiner Kleidung. »Lance?« Der Hengst hob den Kopf von dem kurzen Gras, rührte sich aber nicht. Er war eifersüchtig. »Lance, er ist ein Freund.« Er stand auf und trat zu Lance, der sich betont gleichgültig gab. »Wolf, komm her, komm her. So, das ist gut, ein guter Junge. Siehst du, Lance hier ist ein bißchen mißtrauisch, seine Erfahrungen mit Hunden sind nicht die besten. Euer Anfang war doch aber gut?«
Der Hund wedelte und schnupperte nach Lance.
»Ach, Lance! Komm schon! Sei nicht so hochmütig!«
Der Abend malte drei dunkle Silhouetten gegen die glühende Pracht des Sonnenuntergangs, der das tiefe Blau des Atlantiks in Purpurtöne verwandelte. Eric hockte unmittelbar am Abgrund und ließ unbesorgt seine Beine in die Tiefe baumeln; zu seiner Linken saß Wolf, und Erics Arm lag um ihn, und rechts von ihm stand Lances fürstliche Gestalt mit entspannt gestrecktem Hals.
Plötzlich sagte eine Stimme hinter ihnen: »Ich dachte, Sie legen so viel Wert darauf, daß mit diesem Pferd jeden Tag gründlich gearbeitet wird?«
Eric wandte sich langsam um und sagte so geduldig wie möglich: »Louise, es war hart für ihn heute, die lange Reise, und im Stall war er allein und hinter verschlossenen Türen, da Ihre Mutter es nicht für nötig hielt, mich darüber in Kenntnis zu setzen, daß dieses Gestüt einen Hengst hat.«
Er fühlte, daß sie eine heftige Entgegnung auf der Zunge hatte. Er hatte keine Lust auf eine Auseinandersetzung, nachdem es ihm endlich gelungen war, sein Gleichgewicht wiederzufinden. Darum fügte er einlenkend hinzu: »Ein bißchen Ruhe und Meerwind werden ihm besser bekommen.« Er zog die Beine an.
»Dafür haben Sie Verständnis, aber nicht für das Verhalten meiner Mutter! Und wie Sie sich heute Nachmittag aufgeführt haben – nicht nur der Gastgeber hat die Pflicht der Höflichkeit, aber das scheint Ihnen nicht bewußt zu sein! Und warum haben Sie nicht gefragt? Warum haben Sie nicht gefragt, ob wir einen Hengst hier haben?«
Eric erhob sich langsam. »Es gibt Gestüte, die sich der Hengste von Deckstationen bedienen. Ich habe gelesen, dies sei eines davon. Warum sollte ich fragen? Und da Ihre Mutter nichts erwähnte ... Und was Ihre andere Bemerkung anbelangt, ich bin mir keiner Schuld bewußt. Oder haben Sie erwartet, daß ich die gesamte Unterhaltung bestreiten würde? Wann immer ich etwas fragte, wurde mir das Wort abgeschnitten, oder man antwortete mir mit Schweigen. Ich finde das nicht sehr höflich, Miss.«
»Aber Sie haben ja auch immer von den ganz falschen Sachen angefangen! Haben Sie das denn nicht gemerkt?«
Eric hob die Schultern. Es war jetzt so dunkel, daß er ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte. Er sprach zu ihrem Schatten, der sich klein und schmal in einiger Entfernung bebend vor ihm aufgebaut hatte. »Ich wollte doch nur herausfinden ... ich meine, ich dachte, wir könnten ganz unbefangen reden, ich habe diese Zurückhaltung einfach nicht verstanden.«
»Ach!« Sie stampfte mit dem Fuß auf. Seltsam nahm sich das bei dieser Schattenfigur aus, und ihre Stimme war heftig: »Verstehen Sie denn nicht, es ist schwer für uns, sehr schwer! Es wird Mutter leichter fallen, Ihnen alles zu erklären, wenn Sie die Stute erst gesehen haben. Wie – wie tumb sind Sie denn, daß man Ihnen sowas sagen muß!«
Sie trat mit einer ungeduldigen Bewegung einen Schritt näher, aber da ließ Wolf ein dumpfes, unverkennbar feindliches Grollen hören und stand neben Eric.
Sie trat rasch zurück. »Oh, den haben Sie bei sich?!«
»Was – ich verstehe nicht, was haben Sie und Ihre Leute gegen diesen Hund? Irgend jemand hat
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