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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Autoren: Bernd Perplies
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Aufmerksamkeit fesseln wird. Dann werden sie nicht mehr an uns denken. Bis es so weit ist, müssen wir tiefer in die Wildnis gehen.«
    »Aber wohin?«, meldete sich nun eine Frau zu Wort. »Wir haben doch keine Ahnung, in welche Richtung wir uns wenden sollen. Hier verfügen wir über Wasser, etwas zu essen und ein Dach, unter dem wir schlafen können. Finden wir so einen Ort wieder?«
    Carya holte tief Luft. Jetzt lag es an ihr. Sie hob die Stimme. »Ich werde euch helfen.« Sie deutete auf die Kapsel, die sich hinter ihr befand. »Diese Kapsel hat die halbe Welt umflogen. Sie kennt Orte, von denen wir noch nie gehört haben. Ich werde sie befragen, und sie wird euch die Richtung weisen, in die ihr euch begeben müsst.« Natürlich war der Großteil ihrer Worte reine Spekulation. In Wahrheit hatte sie keine Ahnung, wo die Kapsel herkam und ob es in ihren elektronischen Eingeweiden Kartenmaterial gab, das eine Oase des Lebens in einer Wildnis voller Todeszonen zeigte.
    Wie erwartet sorgte Caryas Eröffnung für erneute Unruhe unter den Dorfbewohnern. Die Tochter des Himmels würde sie an einen besseren Ort führen? Das war eine Aussicht, die vieles änderte. Carya tat es beinahe leid, dass sie noch eine zweite Ankündigung zu machen hatte. Aber das konnte einstweilen warten.
    »Jonan«, sagte sie. »Ich brauche deine Hilfe.«
    »Natürlich.« Da er ohnehin schon auf der untersten Stufe der Tempeltreppe gestanden hatte, war sein Weg zu ihr kein weiter mehr.
    »Ich danke Euch, Tochter des Himmels«, sprach Ordun mit lauter Stimme. »Wir alle danken Euch.«
    »Ja, hilf uns, Tochter des Himmels«, rief eine Frau.
    »Bring uns an einen Ort, wo wir sicher sind«, fügte ein Junge hinzu.
    Licht Gottes, was mache ich hier nur? , fragte sich Carya. Es gefiel ihr gar nicht, diesen Leuten etwas vorzuspielen. Aber sie verstand Orduns Dilemma. Er musste den Dorfbewohnern ein Bild der Hoffnung bieten, dem sie folgen konnten, um sie zu bewegen, der Heimat, die ihnen den Tod bringen würde, den Rücken zu kehren – selbst wenn dieses Bild auf einer Lüge beruhte.
    »Willst du das wirklich machen?«, fragte Jonan sie leise, als sie auf die Kapsel zutraten. Er schien sich noch genauso lebhaft wie Carya an ihr letztes Hineinsteigen zu erinnern. Damals hatte sie eine Art Panikattacke erlitten, die in einer verstörenden Vision gemündet hatte.
    »Ich muss es tun«, erwiderte Carya. »Für diese Leute. Aber diesmal gehen wir anders vor. Wenn die Tür sich geschlossen hat, zählst du leise bis hundert. Und dann holst du mich wieder heraus. Ich gebe dir vorher den Schlüssel.« Ihre Hand umfasste den silbernen Anhänger, den sie an einer dünnen Kette um den Hals trug.
    »Einverstanden.«
    Carya zog die Kette über den Kopf und steckte den Schlüssel in den Schlitz neben der Kapselluke. Es klickte, und einige Symbole sowie der Schlitz selbst leuchteten bläulich auf. Das neben dem Schlitz liegende Eingabefeld für den Öffnungscode fing an zu blinken. »Du kennst die Zahlenfolge noch?«, fragte Carya Jonan.
    »Vier-Fünf-Eins.« Jonan schenkte ihr ein schiefes Grinsen. »Keine Sorge, das vergesse ich bestimmt nicht mehr.«
    Bevor sie es sich anders überlegen konnte, gab Carya schnell den Code ein. In der Kapsel rumpelte und zischte es, dann schwang die Luke langsam zur Seite. Warmes, gelbes Licht begrüßte sie, von dem sie allerdings wusste, dass es nicht bleiben würde. Kaum dass die Luke wieder geschlossen war, würde es dunkel werden im Inneren der Kapsel. Nur ein paar farbige Kontrolllämpchen würden ihr dann noch Licht spenden.
    Mit Jonans Hilfe kletterte sie hinein. Die grauen Polster schienen sich, wie schon beim letzten Mal, ihrem Körper auf eigentümliche Weise anzupassen. Als sie es sich halbwegs bequem gemacht hatte, zog Jonan den Schlüssel aus dem Schlitz und drückte den Schließknopf. »Viel Erfolg«, flüsterte er. Summend schob sich die Luke vor Caryas Sichtfeld.
    Wie erwartet erloschen die seitlichen Leuchtpaneele, die das Innere erhellt hatten, und nur eine Art Notbeleuchtung blieb übrig. Wie schon beim letzten Mal erwachte vor Caryas Gesicht eine Anzeige zum Leben, ein stetig blinkendes Kreissymbol.
    Diesmal war sie etwas gefasster als bei ihrem ersten Einstieg in die Kapsel. Dass sich das Innenleben ihres geheimnisumwobenen Fluggeräts so vorhersehbar verhielt, selbst nach einer Entführung und möglichen Untersuchung durch die Templer, nahm sie als beruhigendes Zeichen. Und so gab sie, während sie darauf
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