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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Autoren: Bernd Perplies
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wartete, dass Jonan die Luke wieder öffnete, ihrer Neugierde nach und besah sich die Anzeige etwas genauer.
    Vielleicht war das Kreissymbol auch keine Warnung, wie sie damals gedacht hatte, sondern eine Aufforderung. Kaputt machen werde ich schon nichts , dachte sich Carya, bevor sie den Finger hob und auf den Kreis tippte.
    Sie zuckte überrascht zusammen, als die Anzeige plötzlich heller wurde und eine verwirrende Vielzahl an Zeichen und Buchstaben auftauchte. Lesen konnte sie leider überhaupt nichts davon, denn die wenigen Textstücke waren in einer ihr unbekannten Sprache abgefasst. Wobei ihr einiges davon auch auf eigentümliche Weise vertraut vorkam, so als habe sie Bruchstücke dieser Sprache einmal gekannt. Ist das Austrogermanisch? , fragte sie sich.
    Carya drückte erneut auf die Anzeige, um zu sehen, was als Nächstes geschehen würde. In der Mitte erschien ein Kasten mit einem Emblem. Ein Adrenalinstoß fuhr durch ihren Körper. Es handelte sich um eine kleine, blau-weiße Weltkugel vor schwarzem Grund. Genau dieses Bild hatte sie auch gesehen, als sie während der Folter durch Inquisitor Loraldi aufgrund der Drogen und der Schmerzen in eine Art Wahnzustand verfallen war! Unter dem Emblem befand sich ein Zahlenfeld, das dem außen an der Kapsel ähnelte. Offenbar wurde erneut eine Codeeingabe erwartet.
    Einen Moment lang überlegte Carya, dann gab sie Vier-Fünf-Eins ein.
    Nichts passierte.
    Sie versuchte es mit ihrem Geburtstag, wobei ihr zu spät einfiel, dass es sich bei dem Datum um einen willkürlichen Tag handelte, den ihre Eltern sich ausgedacht hatten, weil sie Caryas wahren Geburtstag nicht kannten.
    Wieder geschah nichts.
    Ihr kam die Zahlenfolge in den Kopf, die bei ihrem letzten Aufenthalt in der Kapsel vor ihrem geistigen Auge erschienen war. Vier acht sieben zwei fünf zwei …
    In diesem Augenblick leuchtete die Anzeige vor ihr plötzlich blutrot auf. Ein scharfes Knistern war zu ihrer Rechten zu hören. Noch während Carya zusammenschrak, knisterte es zu ihrer Linken. Dann wurde die Anzeige vor ihrer Nase dunkel, und Brandgeruch drang in ihre Nase. »Licht Gottes, was ist denn jetzt los?«, fragte sich Carya beunruhigt. »Jonan?« Sie hämmerte mit den Fäusten gegen die Luke. »Jonan, hol mich hier raus!«
    Nichts passierte. Natürlich nicht. Beim letzten Mal hatte er sie auch nicht gehört. Die Wand der Kapsel war einfach zu dick oder zu gut gepolstert, um Laute von innen durchzulassen.
    Oh, das ist nicht gut , ging es ihr durch den Sinn. Die verpestete Luft kratzte in ihrer Kehle, und sie musste husten. Wie lange dauerte das nur, bis er bis hundert gezählt hatte? Hoffentlich bin ich bis dahin nicht erstickt. Der Gedanke ließ ihr Herz schneller schlagen, und in ihrem Inneren machte sich die Panik gleich einem Raubtier sprungbereit, um sie anzufallen, genau wie das letzte Mal. Nein, ich muss ruhig bleiben. Ich darf nicht …
    Mit einem Zischen öffnete sich die Luke, und Carya blinzelte im Licht der schräg einfallenden Strahlen der Abendsonne. Weißer Qualm stieg an ihr vorbei ins Freie.
    »Carya!«, entfuhr es Jonan erschrocken. »Alles in Ordnung?«
    Mit einem weiteren Husten stieg sie aus der Kapsel. »Ja, mir geht es gut«, erwiderte sie leise. »Du hättest nur nicht viel langsamer zählen dürfen.« Ihr Blick huschte zu den Ausgestoßenen auf dem Dorfplatz, die neugierig die Hälse reckten, um zu sehen, was im Tempel vor sich ging.
    »Was ist passiert?«, wollte Jonan wissen.
    Carya schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt.« Sie straffte die Schultern, unterdrückte den hartnäckigen Hustenreiz und begab sich zu Ordun auf die Stufen des Tempels.
    »Tochter des Himmels«, sprach dieser, ohne auf den Rauchfaden, der aus der Kapsel aufstieg, einzugehen. »Was konntet Ihr in Erfahrung bringen?«
    »Ich habe die Kapsel nach dem Weg befragt«, antwortete Carya, so, wie sie es vorher besprochen hatten. Sie richtete den Blick auf die Anwesenden und hoffte, dass niemand bemerkte, wie nervös sie diese Lüge machte. »Euer Weg soll nach Osten führen. Ihr müsst die Berge überqueren, die dort liegen. Dahinter findet ihr einen großen Wald. In diesem liegt ein See. Dorthin rate ich euch zu gehen. Ihr werdet dort alles finden, was ihr braucht. Und die Stadtmenschen werden euch nicht länger behelligen, denn über die Berge gehen sie nie.«
    Den Text hatte Ordun ihr vorgegeben. Ob er das Land hinter den am Horizont aufragenden Bergen kannte oder sich einfach alles ausgedacht hatte, vermochte
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