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Geheimprojekt Styx

Geheimprojekt Styx

Titel: Geheimprojekt Styx
Autoren: Marco Bunte
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Südafrika, Weingut Rifugio
     
    Die Sonnenstrahlen tauchten das große Weingut in ein angenehm rot-orangenes Licht, und die Weinstöcke warfen lange Schatten, die allerdings immer kleiner wurden, je weiter die Sonne aufging. Das große Haupthaus mit seinem Ost- und Westflügel befand sich noch im Halbschlaf, als in der gutseigenen Bar die alte Holztür knarrend aufschwang und die Chefin, Nadia Sanchez, die Bar für geöffnet erklärte. Es war eigentlich mehr eine Art Kantine für das Personal des Weinguts, Getränke und Speisen gab es für Centbeträge, dennoch herrschte hier stets gute Laune, und ganz gleich wie betrunken jemand war, er wurde nie ausfallend, und meist half ihm irgendjemand zu seinem Quartier.
    „Nadia!“, ertönte es von draußen, und mit einem Knattern kam eine Kawasaki Cross-Maschine zum Stehen.
    Die dreißig Jahre alte Frau von den Bahamas sah nur kurz aus dem Fenster und registrierte bereits die massigen Umrisse Walter Mangopes, der auf seinen üblichen Tee vorbeikam.
    „Guten Morgen“, grüßte sie und setzte den Wasserkocher auf.
    „Morgen“, gab er zurück, zog den Kopf ein, als er die Bar betrat, und setzte sich an die Theke. Der Hocker ächzte, was jedoch zu erwarten gewesen war, brachte Mangope doch über einhundert Kilogramm auf die Waage.
    „Musst du nicht schon längst in Kapstadt sein?“, fragte Sanchez mit einem Blick auf die Uhr und schob ihm die gewaltige Tasse Tee zu.
    „Heute habe ich frei“, verkündete er mit einem schiefen Grinsen, das die schneeweißen Zähne entblößte.
    „Ist schon wieder Wochenende?“
    „Nein, aber die Jungspunde sind heute bei einer Vorlesung, von daher werden meine Dienste nicht benötigt.“
    „Verstehe, und deshalb sitzt du jetzt hier herum?“
    Er lachte laut auf und erwiderte, die Teetasse an den Lippen: „Ich kann ja mal versuchen, dich ein wenig zuzuquatschen.“
    „Ich bin vergeben“, erinnerte Sanchez und goss sich selbst einen starken Kaffee ein. „Und Mike wird schnell eifersüchtig.“
    „Aber zum Heiraten seid ihr immer noch nicht gekommen, was?“
    „Du doch auch nicht“, konterte sie. „Und du bist bedeutend älter.“
    „Pah, ich lasse mir halt Zeit.“
    „Wir auch.“
    Mangope schüttelte bloß den Kopf und lehnte sich etwas weiter nach vorne. Seine Finger trommelten auf der Theke herum, die aus einem dunklen Holz gefertigt war. Auf seinem linken Unterarm waren einige Zahlen zu erkennen, 5,56x45mm, und Sanchez wusste genau, wofür diese Zahlen standen und warum sie gerade auf seinen Unterarm tätowiert waren.
    Es war Mangopes besondere Art, Dinge zu verarbeiten und sich stets daran zu erinnern, wie viel Glück er bisher gehabt hatte, dass er immer noch am Leben war. Wie man Denkmäler für Gefallene oder Ereignisse, die niemand jemals vergessen sollte, aufstellte, tätowierte Mangope sich die Kaliber der Geschosse, die ihn getroffen hatten, an die Stellen des Körpers, wo sie eingeschlagen waren.
    „Ich muss wieder los“, sagte er, trank den Rest des Tees in einem Zug aus und schob den Becher zu Sanchez über die Theke.
    „Sagtest du nicht, du hättest frei?“
    In der Tür antwortete Mangope noch, den Kopf und Oberkörper gedreht, so dass er aus den Augenwinkeln Sanchez sehen konnte: „Der Boss will mich sehen, er will wohl durch die Weinstöcke, oder so was.“
    „Grüß' ihn von mir“, meinte Sanchez bloß. Immerhin war der Besitzer des Gutes, Frank Howell, der Vater ihres Freundes und damit würde er früher oder später ihr Schwiegervater werden.
    Nachdem Mangope die Bar verlassen hatte, machte sie es sich auf der Theke bequem, stellte die Füße auf einen Barhocker und prüfte via Smartphone E-Mails und SMS'. Vielleicht ist ja eine Nachricht von Mike dabei, dachte sie und fragte sich, wo er wohl in diesem Moment war.
    Zwar wusste sie, dass ihr Freund in Kolumbien unterwegs war doch wo er dort genau war, wusste sie nicht. Denn Michael „Mike“ Hendricks war für seinen Adoptivvater tätig, der eine erfolgreiche private Sicherheitsfirma leitete, die South African Consulting Service, kurz SACS. Sie zählte zu den Firmen, deren Fachgebiet das Retten entführter Personen war und meistens war sie bedeutend schneller im Zielland und mit der Geisel wieder verschwunden, noch bevor sich irgendein Diplomat in Bewegung gesetzt hatte.
    Sanchez hatte nach fast neun Jahren Beziehung mit Hendricks aufgehört zu zählen, wie viele Familien die SACS wieder vereint hatte, wie viele Männer ihre Kinder wiedersahen, ihre
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