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Geheimprojekt Styx

Geheimprojekt Styx

Titel: Geheimprojekt Styx
Autoren: Marco Bunte
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tausend Jahren verstorbenen chinesischen General Sun Tzu. Das Werk, welches heute immer noch eine gewisse Aktualität besaß, faszinierte Howell bereits seit seiner Zeit in der rhodesischen Armee. Damals hatte ihm sein kommandierender Offizier das Werk näher gebracht. Nun gehörte es zu den Büchern, die der zweiundsiebzig Jahre alte Mann immer wieder las.
    Howell fuhr mit den faltigen und an einigen Stellen vernarbten Fingern über das Papier der Seiten und sinnierte, wie so oft, über seine Vergangenheit. Er hatte Dinge gesehen, die weitaus schlimmer waren als alles, was man sich vorstellen konnte und wollte.
    Als er ein Geräusch an der Eingangstür zur Bibliothek vernahm, drehte er sich mit seinem Rollstuhl etwas um.
    „Michael!“, rief Howell aus und rollte auf seinen Adoptivsohn zu, den er wie einen eigenen Sohn liebte.
    „Dad.“ Die beiden umarmten sich und Howell musterte seinen Junior eingehend. „Du scheinst noch ganz zu sein“, stellte er fest und zog eine graue Braue hoch. „Schön, dass es dir gut geht.“„Ja, danke, aber es freut mich ebenfalls, dass du immer noch unterwegs bist.“ Hendricks setzte sich neben seinen Vater auf einen der bequemen, dickgepolsterten, braunen Ledersessel und musterte seinerseits Howell. Der Veteran sah im Gesicht abgekämpft aus, Falten gruben sich genau wie Narben in sein Gesicht und die fünfzehn Millimeter langen Haare wurden an diversen Stellen immer lichter. Doch Howell sah immer noch auf seine Art beeindruckend aus. Trotz seiner Behinderung, ein Andenken an eine russische AK-47 Patrone, die seine Wirbelsäule auf Gürtelhöhe durchschlagen hatte, war er immer noch recht fit. Denn nur so konnte er sich die meiste Zeit selbst mit dem Rollstuhl fortbewegen, obwohl ihm meist einer der Hausangestellten oder der SACS-Mitarbeiter dezent folgte.
    Mit einem Blick auf den Buchdeckel sagte Hendricks: „Ah, dein Lieblingswerk.“Howell nickte. „Ja, es ist jedes Mal wieder eine Art Offenbarung.“
    „Du wolltest mich sehen?“, fragte Hendricks seinen Vater.
    „Ja.“ Howell lehnte sich in seinem Rollstuhl zurück. „Ich möchte, dass du in den nächsten Monaten etwas kürzer trittst.“
    Hendricks' Miene verfinsterte sich etwas, er sagte jedoch noch nichts. Howell entging dies allerdings nicht. „Ich weiß, du bist der Leiter für Mittel- und Südamerika, aber du weißt auch, dass du eines Tages meinen Platz einnehmen wirst. Und deshalb habe ich beschlossen, dich einzuarbeiten. Langsam aber sicher und ohne Hast.“
    „Hast du vor, in nächster Zeit zu versterben, Dad?“
    „Nein.“
    „Warum dann dieser Schritt?“
    Howell sah an Hendricks vorbei auf eine Ausgabe von „20.000 Meilen unter dem Meer“. Es war einer der wenigen Romane in der Bibliothek. „Michael“, begann Howell langsam, „ich wünsche mir sehnlichst, vor meinem Tod noch Großvater zu werden.“
    Hendricks' Kinnlade klappte nach unten. Er hatte noch nie erlebt, dass sein Vater diesen Wunsch laut aussprach, geschweige denn ihn von seinem Posten versetzte.
    „Nadia ist eine wunderbare Frau, klug, wunderschön, selbstbewusst und sie passt ausgezeichnet zu dir. Ihr lebt seit über acht Jahren zusammen... also warum heiratet ihr nicht?“„Dad, das ist nun wirklich meine Angelegenheit, findest du nicht?“
    Howell zuckte mit den Achseln. „Es sind nur die Träume und Wünsche eines alten Mannes, Michael. Nicht mehr. Aber lass dir eines gesagt sein, eine solche Frau lässt man nicht einfach gehen, nur ein Narr würde dies tun. Behandle sie stets gut und gehe nicht fremd, ganz gleich, was passieren mag. Halte zu ihr, immer, überall und in jeder Situation. Dies macht einen guten Mann aus. Leider war mir so etwas nie vergönnt.“ Howells Blick wurde leer und er starrte auf irgendeinen Fleck hinter Hendricks. Sie schwiegen eine Weile, ehe Hendricks die Mauer des Schweigens durchbrach. Sein Verlangen nach einer warmen Dusche und Nadias Gesellschaft war zu stark geworden.
    „Ich werde... ich werde darüber nachdenken. Und jetzt entschuldige mich bitte, ich brauche dringend eine Dusche.“„Selbstverständlich.“ Howell nickte seinem Junior zu. „Ruh dich ein, zwei Tage aus, ich werde es dich dann wissen lassen, wenn ich dich brauche.“
    Hendricks erhob sich, las seine Reisetasche vom Boden auf und verließ die Bibliothek. Er rauschte quer durch das große Haus, nahm, als er die vier Meter breite Treppe mit dem massiven Handlauf aus poliertem Stein erreichte, zwei Stufen auf einmal und
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