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Im Reich der Feuergöttin

Im Reich der Feuergöttin

Titel: Im Reich der Feuergöttin
Autoren: Horst Hoffmann
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besiegen.
    Solanga schob diesen Gedanken schnell wieder beiseite. Ein Blick auf die im windgepeitschten Meer treibenden Trümmer des Bootes ließ sie alle Vorsicht und alle Zweifel vergessen. Bis zum letzten Herzschlag!
    Sie begann, zwischen den Stacheln herabzuklettern, und nun nahm der Riese den Kampf auf. Er stieg bis zur Hälfte aus den Fluten und drehte sich im Fall, um die lästige Gegnerin beim Aufprall aufs Wasser zu erschlagen. Blitzschnell erkannte die Jägerin diese Absicht, und blitzschnell stieß sie die Lanze so tief in das glühende Auge, daß ihre Hände die glitschige Oberfläche berührten. Der Schrei des Monstrums drohte ihr den Kopf zu sprengen. Solanga sah die Schaumkronen der Wellen rasend schnell auf sich zukommen, schloß die Augen und hielt sich am Schaft der Lanze fest. Grüner Schleim lief aus der Wunde über ihre Hände. Regentropfen so groß wie Vogeleier schlugen ihr ins Gesicht. Dann tauchte sie mit den Füßen voran ins Wasser.
    Die Jägerin von der Insel Matu-Om hielt die Luft an, riß die Augen auf und sah glitzernde Perlen an sich vorbei in die Höhe steigen, erleuchtet allein vom Glühen des Auges. Und dieses Auge mußte erlöschen! Solanga ließ den Lanzenschaft los und riß das Steinbeil aus ihrem Gürtel. Mit der Kraft, die nur die Todesangst einem Menschen verlieh, schlug sie die scharfe Klinge in das Auge, immer und immer wieder. Fangarme griffen nach ihr. Zwei-, dreimal gelang es der Jägerin, ihnen auszuweichen und weitere Schläge anzubringen, dann fühlte sie sich um die Hüfte gepackt und davongerissen. Ihre Brust drohte zu platzen. Helle Punkte erschienen vor ihren Augen. Der Fangarm schlang sich ganz um sie und preßte ihr die Luft aus den Lungen. Aber sie hatte noch den Arm mit dem Beil frei und schlug damit auf den Tentakel ein, bis ihre letzten Kräfte erlahmten.
    Dunkelheit umfing sie. Solanga spürte ihren Körper nicht mehr, keine Schmerzen - nichts. Sie sank in einen bodenlosen Abgrund und sah die Flamme des Todes zu ihr heraufzüngeln.
    Sie nahm den Schatten nicht mehr wahr, der riesig neben ihr auftauchte, fühlte nicht, wie der Fangarm sie freigab, um sich auf den neuen Gegner zuzuschnellen.
     
     
    *
     
    Solanga kam zu sich, als sie an ein Stück Holz geklammert auf dem Wasser trieb. Sie schlug die Augen auf und wußte nicht, wie sie hierher kam, aufs Meer, in die Nebel, die sich überall um sie herum zusammenballten. Es regnete nicht mehr, und der Sturm war vorüber. Erst als die Jägerin weitere Trümmer des Bootes und die Leichen von Männern und Gefährtinnen an der Oberfläche treiben sah, kehrte schlagartig die Erinnerung zurück.
    Mit einem Aufschrei drehte sie sich im Wasser und sah den Dämonenfisch nur einen Steinwurf von ihr entfernt tot in den Wellen. Der Tag war angebrochen, die Nebel waren milchig-graue Schleier, und zum erstenmal sah die Jägerin das Ungeheuer im schwachen Licht. Instinktiv spannte sie alle Muskeln an. Dann sah sie, daß das Auge erloschen war. Ihre Lanze steckte noch tief darin. Alle Fangarme hingen schlaff im Wasser. Kein Funke Leben war mehr in dem Monstrum. Aber dann…
    Hatte denn sie es wirklich getötet? Sie starrte mit offenem Mund den Schaft der Lanze an, sah, wie tief sich die Klinge des Steinbeils in das Auge gebohrt hatte. Doch sie konnte nicht fassen, daß alles vorüber war.
    Plötzlich gewahrte sie eine Bewegung neben dem toten Ungeheuer. Ein riesiger Schwertfisch tauchte kerzengerade aus dem Wasser, reckte seinen gut zehn Fuß langen und armdicken Sporn dem Himmel entgegen, drehte sich in der Luft und fiel mit lautem Klatschen ins Wasser zurück, um nicht mehr aufzutauchen. Es war, als hätte er ihr, Solanga, einen stummen Gruß herüberschicken wollen. Doch die Jägerin begriff nun, daß nicht sie den Dämonenfisch besiegt hatte.
    Und doch mußte es ein Omen sein. Sie konnte nicht an einen Zufall glauben. Wer auch immer den Schwertfisch geschickt hatte - er hatte es getan, um ihr Leben zu retten. Je länger sie auf dem Wasser trieb und darüber nachdachte, desto einleuchtender erschien es ihr, und schließlich fand sie die Kraft, das Brett loszulassen und sich ihre Lanze zurückzuholen. Sie mußte sich hart mit den Füßen gegen die Haut des Ungetüms stemmen, um sie aus dem Auge herauszuziehen. Die Waffe in ihrer Hand gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, aber wohin sollte sie sich nun wenden? Im Nebel war jede Orientierung so gut wie unmöglich. Selbst falls sie die Richtung wüßte, in der Matu-On lag, war
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