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Im Reich der Feuergöttin

Im Reich der Feuergöttin

Titel: Im Reich der Feuergöttin
Autoren: Horst Hoffmann
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ihren Füßen in den Sand legten, weit genug weg von den Wellen und dem, was sie aufs Land schwemmten.
    Honga war in Tücher eingewickelt gewesen, bevor man ihn in den schwimmenden Sarg legte - in Tücher wie die am Leib des Fremden!
    „Er ist es“, raunte eine von Loanas Begleiterinnen. „Der Held ist wiedergekehrt…“
    Und abermals mußte die Stammesmutter ihre Gefühle bezwingen. Der Glaube an die Wiederkehr der toten Helden war so stark in ihr verwurzelt wie in ihren Stammesgenossinen und ihren Vorfahren. Aber noch nie hatte sie es erlebt.
    Selbst der Kopf des Mannes war umwickelt. Nur die Augen, der Mund und die Nasenöffnungen waren frei. Es sah aus, als ob er schliefe.
    Loana blickte Aleda und Guana fragend an. Die Fischerin deutete hinaus aufs Meer, in die Nebel, die vom immer stärker werdenden Wind zerrissen wurden.
    „Er kam zurück“, sagte Aleda. „Von dort, wo das Totenboot brennend unseren Blicken entschwand. Es ist ein Zeichen der Götter.“
    Loana nickte. Sie blickte zum Himmel auf, breitete die Arme aus und sprach ein Dankgebet. Innerlich spürte sie die Bedeutung dieses Augenblicks, der ihr von Manea prophezeit worden war. Alle toten Helden waren im Totenreich geblieben, bis heute. Daß Honga zurückkehrte, war ein Omen.
    Guana zog ihr Messer aus Stein aus dem Gürtel, der den Mantel zusammenhielt, und kniete neben dem Mann nieder. Loana stieß sie zur Seite und streckte fordernd die Hand aus. Die Fischerin gab ihr die Klinge. Dann beugte Loana sich über den Schlafenden und zerschnitt die Tuchbahnen. Behutsam befreite sie zuerst das Gesicht von den Tüchern, dann den restlichen Körper. Sie zuckte leicht zusammen, als sie das dunkle Antlitz und das lange, braune Haar des Fremden erblickte, die für einen Bewohner der Inseln viel zu schmale Nase und die selbst im Schlaf fest aufeinander gepreßten Lippen.
    Inzwischen war es völlig dunkel geworden. Die Kunde von Hongas Rückkehr hatte das Dorf schnell erreicht, und Frauen mit brennenden Fackeln kamen herbei. Im Schein der Feuer wirkte das Antlitz des Mannes noch fremdartiger.
    „Er muß aus einem fernen Land zu uns gekommen sein“, sagte Artea. „Seine Haut ist nicht hell wie die unsere. Sein Haar ist nicht schwarz wie das unserer Männer.“
    „Es ist Honga!“ rief Loana aus und sah sich forschend um. Ihre Stimme war hart. Die Finger der Rechten schlossen sich fest um den Griff des Messers. „Die Götter gaben ihm diesen neuen Körper, und sie taten es, um Ramoa durch ihn zu bestrafen!“
    Niemand wagte, ihr zu widersprechen. Die Blicke der Frauen ruhten fast bewundernd auf dem nackten, muskulösen Körper, dessen Brust sich nur schwach hob und senkte. Dieser Fremde war nicht nur äußerlich anders als die Männer der Tau. Etwas strahlte von ihm aus, das die Herzen der furchtlosen Frauen mit Scheu erfüllte.
    „Guana und Aleda“, sagte die Stammesmutter. „Tragt ihn ins Heldenhaus und wartet dort auf mich.“ Sie drehte sich und schüttelte die Faust in die Richtung, aus der das dumpfe Grollen und Rumpeln kam. „Und du zürne nur, Ramoa! Du glaubst, du hast einen Sieg errungen! Doch Honga wird nicht noch einmal ohne deinen Kopf zu uns zurückkehren!“
    Wie zur Antwort spuckte der Berg wieder sein flüssiges Feuer, und die Erde erbebte unter den Füßen der Frauen von Tau-Tau. Der Wind drehte sich und brachte heiße, schwefelhaltige Luft heran.
    Guana und Aleda trugen den Schlafenden über den Strand und verschwanden mit ihm zwischen hohen „Gräsern und dornigen Büschen. Im Gänsemarsch folgten ihnen die anderen Frauen mit Loana an der Spitze, die Fackeln hoch über ihre Häupter erhoben.
     
     
    2.
     
    Nur Loana und ihre engsten Vertrauten, unter ihnen Artea, saßen oder standen um den Helden herum, der auf ein zwei Fuß hohes Lager aus Holz und Fellen gebettet war. Loana selbst hatte ihn notdürftig mit Kleidung versehen. Beine und Hüften steckten in warmen, dünnen Hosen aus Raubkatzenfell, und das dunkle Haar wurde nun von einem Stirnband mit Tierzähnen gehalten. Loana war es auch gewesen, die ihn gewaschen und gesalbt hatte. Doch alle Versuche, ihn zu wecken, waren bisher erfolglos geblieben.
    Das Heldenhaus stand etwas abseits des Dorfes. Nur die kleine Hütte der Priesterin befand sich neben dem runden, zehn Fuß hohen Gebäude, dessen Dach aus Holz und flachen Steinen zur Mitte hin spitz zulief. Der Innenraum bot Platz für ein Dutzend Menschen. An den Wänden aus Stroh hingen kostbare Waffen aus Stein. Nur jene
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