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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland
Autoren: Hans Kneifel
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benutzend, zum höchsten Punkt des Stapels. Er schaute dorthin, wo der stechende Geruch herantrieb. Unverändert zerrte das Mammut das Floß hinter sich her. Es hatte nicht ein einziges Mal angehalten! Der Fluss war in beträchtlicher Länge zu überblicken. Auf den kleinen Wellen tanzte das Mondlicht. Nicht allzu weit vor ihnen brannten Feuer. Fackeln bewegten sich.
    »Bald haben wir das Ende der Fahrt erreicht«, sagte Mythor leise. »Ich sehe vor uns die Stelle, an der die Steine für den Zingel abgeladen werden.«
    »Ich glaube nicht, dass uns die Caer freundlich bewirten werden«, gab Arruf zurück und schnitzte weiter an seiner Waffe.
    »Schwerlich! Du kennst meinen Plan?«
    »Du hast ihn oft genug erklärt. Ich weiß nicht, ob er gut ist - es wird sich an Ort und Stelle zeigen.«
    Mythor hatte Arruf vorgeschlagen, das Floß zu verlassen und entlang dem Ufer zu Vercins Mühle zu rennen. Dort gab es Wärme, ein heißes Bad, Bier und Essen und Pferde. Ab der Mühle waren sie schneller beweglich und würden sich zu Corian durchschlagen. »Hast du eigene Pläne?«
    »Das weiß ich noch nicht. Sei nicht so ungeduldig«, brummte Arruf und schnitt gekreuzte Linien in den Handgriff der Keule. »Es dauert noch Stunden, bis wir bei deinen Freunden sind.«
    Der Wein war ausgetrunken, es gab nichts mehr zu essen. Nicht nur Mythors Magen knurrte wie Hark, der Bitterwolf. Die scheinbare Ruhe des Weggenossen regte ihn auf. Die zweite Hälfte der Nacht war längst angebrochen, als das Mammut einen weithin hallenden Schrei ausstieß, der tatsächlich zwischen den ansteigenden Ufern wie das Große Schaurige Horn aus den Phantastereien des Mautners klang. Arruf nickte Mythor zu, schwang sich nach links über Steine und turnte, fast unsichtbar, zum Vorderteil des Floßes.
    Mythor rief unterdrückt: »Was hast du vor?«
    »Etwas, wobei ich mir ungern zusehen lasse«, gab Arruf ebenso zurück. Mythor lauschte unruhig, aber er hörte nichts als das immerwährende Knarren der Zugseile und die anderen vertrauten Geräusche.
    Und dann überschlugen sich die Ereignisse.
    Die ersten Feuer lagen bereits hinter dem Floß. Am Uferhang waren Stangen, zerbrochene Steinsäulen und lange Bretter zu sehen. Nur wenige Menschen bewegten sich hier. Undeutlich hoben sich die massigen Gestalten einiger Mammuts ab. Das Floß begann ganz plötzlich zu schaukeln, die gestapelten Steinklötze knirschten und splitterten ab. Dann gab es einen peitschenden Knall, und ein Teil des Zugseils flog klatschend über Mythors Kopf. Das Floß scherte aus und stellte sich stärker in die Strömung.
    »Bist du wahnsinnig?« ächzte Mythor.
    Neben ihm bewegte sich ein Stapel Steine. Er sprang nach unten und riss sein Bündel an sich.
    Keinen Augenblick zu früh, denn das zweite Seil zerriss. Mythor begriff erst einige Herzschläge später, dass Arruf über das Ende der Floßfahrt seine eigenen Vorstellungen hatte. Die Seile waren nicht gerissen!
    Sie waren von Arruf mit Mythors Dolch durchgeschnitten worden. Das Floß schlingerte, die Baumstämme bewegten sich wellenförmig gegeneinander. Die ersten Steine stürzten polternd ins Wasser.
    Das Floß trieb noch mehr ab und stand jetzt quer zur Strömung. Mythor sprang und kletterte um sein Leben und arbeitete sich zum Vorderteil des Floßes durch. Hinter ihm brachen die nächsten Stapel zusammen. Einige Steine klatschten schwer ins aufschäumende Wasser, die anderen ließen das Floß halb eintauchen und kippen.
    Mythor holte tief Luft, bereitete sich auf die Kälte vor und sprang von der vordersten linken Ecke des Floßes ins Wasser.
    Die eisige Kälte der Lorana schlug über ihm zusammen. Mit beiden Beinen und dem rechten Arm versuchte er so schnell wie möglich zu schwimmen, tauchte auf und sah den tanzenden Lichtschein der Feuer und Fackeln vor sich. Er schwamm weiter und zwang sich, die Kälte zu vergessen. Jetzt stellte sich hinter ihm das Floß fast hochkant, und die Steine versanken.
    Das Mammut drehte sich am Ufer, wurde halb ins Wasser zurückgerissen und peitschte mit dem langen Rüssel in panischer Furcht das Wasser.
    Mythor sah aus dem Augenwinkel, wie ein Rüsselhieb den Novizen fünfzehn Mannslängen weit vom Ufer ins Wasser schleuderte wie eine Stoffpuppe.
    Vor Mythor, der schon festen Grund unter seinen Füßen zu spüren glaubte, tauchte Arruf auf. Er hielt die Keule und schwang mit der anderen Hand den blitzenden Dolch. Wortlos warf er sich Mythor entgegen und schlug mit der Keule zu.
    Jetzt war Mythor
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