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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland
Autoren: Hans Kneifel
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Satteltaschen.
    »Ich habe vergessen, die Caer um einige Brotlaibe zu bestehlen. Hast du etwas Nahrhaftes in deinem Schnappsack?«
    »Nicht viel. Aber ich teile es gern mit dem großen Krieger, der mit mir Rücken an Rücken gegen das Böse kämpft«, versprach Mythor lachend.
    Hatte er einmal die Yarl-Linie hinter sich und war wieder im Besitz seiner Tiere, würde er auf Pandor zu Graf Corian reiten, und zwar in rasendem Galopp. Er musste Corian davon abbringen, die Schlacht zu beginnen und seine Männer zu opfern.
    *
    Sicher würde es Mythor gelingen, den abergläubischen Ugalier zu überzeugen. Jede einzelne Beobachtung von magischen Beschwörungen war geeignet, Graf Corian schwankend zu machen: angefangen vom Zingel über Murdons Tod und den dämonenbesessenen Krude. Mythor schüttelte sich schaudernd.
    »Was hast du?« fragte Arruf. »Friert dich etwa in diesem warmen Frühlingslüftchen?«
    Das Wasser des Flusses strömte eisige Kälte aus. Von Frühjahrswärme war hier nichts zu spüren.
    »Ich denke an Graf Corian und daran, dass unzählige Männer sterben müssen«, sagte er und schüttelte den schlaffen Weinschlauch. »Wir trinken die letzten Schlucke auf uns, denn wir werden überleben.«
    Mythor war von diesem Spruch ebenso überrascht wie von einigen anderen Wendungen des Gespräches. Arruf wurde noch ein wenig undurchsichtiger.
    »Du bist davon überzeugt?« fragte Mythor knapp.
    Arruf schenkte ihm ein strahlendes, offenes Grinsen, das allen Verdacht hinwegwischte. »Natürlich. Ich vergesse niemals meinen eigenen Vorteil. Schließlich lebe ich nur einmal. Und da lohnt es sich, ein wenig darauf zu achten, wohin man seinen Fuß setzt!« war die Antwort.
    Mythor dachte über das Gehörte nach, zog den Verschluss aus dem Mundstück des Weinschlauchs und nahm einen Schluck. Dann sagte er: »Dies war ein kluger Ausspruch. Ich bin sicher, du meinst es ehrlich.«
    »Männer wie dich belügt man nicht unbestraft«, sagte Arruf leichthin. »Her mit dem Schlauch!«
    Auch seine Fähigkeit, Wein zu trinken, war keineswegs unterentwickelt, sagte sich der Sohn des Kometen. Er hatte schon mit schlechteren Kameraden getrunken. Trotzdem war seine Vorsicht nicht eingeschläfert.
    Er würde wachsam bleiben und schlug vor: »Erstens: Lass mir noch etwas übrig. Zweitens: Hast du geschlafen? Drittens: Ich bin müde. Hältst du die erste Wache?«
    Leere Ufer zogen an ihnen vorbei. Weit hinter dem Floß sahen sie jetzt in unterschiedlichen Abständen zwei beladene Flöße, ebenfalls von Mammuts gezogen. Ein leeres Floß trieb am anderen Ufer rasch flussabwärts. Immer wieder schrie eines der zottigen Tiere und rief mit seinem Schrei vielfache Echos hervor. Es gab weder ein Zeichen, dass sich die Yarl-Linie näherte, noch davon, dass der Schneefalke seine Kreise zog.
    »Warum nicht?« Arruf sah zu, wie Mythor bedächtig das letzte Stück Käse in zwei Teile zerschnitt. »Denkst du, dass du in deiner Caer-Verkleidung leichter davonkommst?«
    »Vielleicht. Hier wimmelt es von Caer.«
    »Gut. Versuch zu schlafen. Ich werde Wache halten!« sagte Arruf. Und diesmal lachte er nicht.
    Mythor fühlte sich sicher, obwohl er das Aufblitzen in Arrufs Augen gesehen hatte. Beim Teilen des Essens hatte sich das Tuch um die Hörner und Bänder des Helms der Gerechten gelockert.
    Ein merkwürdiger Weggenosse , dachte Mythor.
    Durch einen Spalt der geschlossenen Lider beobachtete er Arruf. Jede Bewegung des anderen war, ähnlich wie bei Gapolo ze Chianez, schnell und sicher, zeigte Selbstvertrauen und eine hervorragende Ausbildung von Verstand und Körper. Seit einem Tag und einer halben Nacht waren sie unterwegs. In zwei Tagen war Wintersonnenwende, in zwei Tagen strahlte der volle Mond.
    Die Frauen verfallen ihm , meinte Mythor erkannt zu haben, und den Männern ist er ein guter Kumpan, dessen heitere Sprüche jedermann schätzt.
    Falls es zum Kampf kam, davon war er überzeugt, wütete Arruf wie ein rasender Teufel. Die Ähnlichkeit mit Mythor war verwirrend; weniger die des Aussehens als der Art, in der Arruf handelte. Jetzt schnitzte er im schwachen Mondlicht mit Mythors Dolch an einem Knüppel herum, dessen knolligem Ende er das Aussehen eines Streitkolbens gab.
    Sie hatten abwechselnd gewacht und geschlafen. Es war feucht, aber sie konnten sich ausstrecken. Mythor bewegte sich, streckte die Arme aus und gähnte.
    »Endlich wach?« fragte Arruf.
    Mythor nickte, brummte etwas und kletterte, die waagrecht geschichteten Steine als Leiter
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