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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen
Autoren: Ellis Peters
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sollen Gott danken für die Last, die wir tragen. Ist es nicht eine einzigartige Gnade, daß der Himmel den Wert dieser Reliquien auf diese Weise versinnbildlicht?«
    In seinem gegenwärtigen Zustand demütiger Verzückung fand Prior Robert diese Logik nicht einmal annähernd so sonderbar wie Cadfael selbst. Er hätte alle akzeptiert und gutgeheißen, was seinen Triumph erhöhen konnte. Und so wurde das Reliquiar mitsamt seinem Inhalt auf den breiten Schultern von Gwytherin aus der Kapelle und den Hang hinabgetragen, mit einer so inbrünstigen Begeisterung, daß es fast den Anschein hatte, die Gemeinde könnte es kaum erwarten, die heilige Winifred und die Mönche aus Shrewsbury loszuwerden. Es waren Männer aus Gwytherin, die auf die Weide eilten, um die Pferde und Maultiere zu holen, die einen kleinen Wagen anspannten und mit Tüchern bedeckten, so daß der kostbare Schatz nach England befördert werden konnte. Sobald der Sarg auf das Gefährt gehoben war, brauchte er nicht mehr abgeladen zu werden, bis die Brüder ihr Kloster erreicht hatten. Niemand wollte, daß dem Sarg unterwegs ein Unheil widerfuhr, und deshalb stellte man den Wagen gern zur Verfügung. Sonst wäre Bruder Jerome womöglich unter der heiligen Last zusammengebrochen, hätte den Sarg fallen lassen, und die Schlösser und Siegel wären aufgesprungen...
    »Wir werden dich vermissen, Bruder Cadfael«, sagte Cai bedauernd, während er sich am Geschirr zu schaffen machte. »Padrig hat ein Lied zu Rhisiarts Ehren geschrieben, das du sicher gern hören würdest. Und es wäre schön, wenn wir an so manchen Abenden beisammensitzen und miteinander trinken könnten. Übrigens - der Junge läßt dich herzlich grüßen und wünscht dir alles Gute. Er will sich nur verstecken, bis ihr abgereist seid. Und Sioned bat mich, dir auszurichten, daß du auf deine Birnbäume aufpassen sollst. Den unseren hat der Frostspanner übel mitgespielt.«
    »Ja, er war mir eine große Hilfe in meinem Garten. Seine Hände sind zwar nicht besonders sensibel, aber er kann das Erdreich schneller aufgraben als alle Novizen, die ich jemals unter meiner Aufsicht hatte. Er wird mir sehr fehlen, Gott weiß, was für einen Kerl man mir an seiner Stelle zuteilen wird.«
    »Eine zarte, sensible Hand kann nicht gut mit Eisen umgehen«, meinte Bened und trat zurück, um die Bandeisenräder zu bewundern, die er dem Wagen verpaßt hatte.
    »Dazu braucht man geschickte Hände - keine gefühlvollen. Ich sage dir was, Bruder Cadfael! Wir sehen uns bald in Shrewsbury! Ich nehme mir schon seit Jahren vor, eine große Pilgerfahrt durch England zu machen, bis nach Walsingham. Und ich glaube, Shrewsbury würde auf meinem Weg liegen.«
    Und als alle reisefertig waren und Prior Robert bereits auf seinem Pferd saß, flüsterte Cai in Cadfaels Ohr: »Wenn ihr auf dem Hang gegenüber von unserem Acker seid, wo du damals das Ochsengespann gesehen hast - wirf mal einen Blick herüber. Dort gibt es eine kleine Lichtung in dem Wald, der an die Felder grenzt, einen Hügel, wo wir uns einfinden werden - dir zu Ehren.«
    Ohne sich zu schämen - denn immerhin war er die ganze Nacht tätig gewesen und sehr müde -, beanspruchte Bruder Cadfael das sanftere und klügere der beiden Maultiere für sich - ein gutmütiges Tier, das den Pferden widerstandslos folgen würde, mit vorsichtigen Schritten, die den Reiter nicht allzusehr durchrüttelten. Es hatte einen bequemen Sattel, und er hatte es nicht verlernt, im Schlaf zu reiten. Das größere, schwerere Maultier war vor den Wagen gespannt, und Bruder Jerome konnte auf seinem Rücken oder auf dem Wagen sitzen. Und außerdem - warum sollte sich Cadfael Gedanken über die Bequemlichkeit Jeromes machen, der sich damals in Shrewsbury die Erscheinung der heiligen Winifred aus den Fingern gesogen hatte, im sicheren Wissen, daß Prior Roberts Nachforschungen in Wales ergeben hatten, diese Jungfrau wäre am wünschenswertesten und am einfachsten zu erringen? Warum sollte er sich um Jerome sorgen, der Columbanus kriecherisch umschmeicheln würde, falls dieser lange genug gelebt hätte, um den Prior aus seinem Amt zu verdrängen.
    Halb Gwytherin hatte sich versammelt, um die Abreise des Pilgerzugs zu beobachten und erleichtert aufzuatmen, als er aufgebrochen war. Vater Huw segnete die scheidenden Gäste. Peredur hatte vermutlich schon den Fluß überquert, um den Amtmann zu verständigen. Er verdiente es, daß ihm sein Botengang zugute gehalten wurde. Echte Sünder gibt es viele,
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