Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
allerneuesten Kult teilzuhaben. Dies alles verhalf den Mönchen von Shrewsbury zu ehrenvollem Ruhm, der nicht nur mit ihnen Schritt hielt, sondern der Prozession vorauseilte und bereits Früchte trug in Form von Geschenken und Vermächtnissen, die der Abtei zugute kamen und die dankbare Winifred veranlassen sollten, fragwürdige Sünden ungeschehen zu machen.
    Als sie sich Shrewsbury näherten, liefen ihnen Menschenmassen entgegen und begleiteten die Pilger bis zur Kirche von Saint Giles, wo das Reliquiar auf den großen Tag warten sollte, an dem man es in die Klosterkirche bringen würde. Dies konnte nicht ohne den Segen des Bischofs geschehen, außerdem mußten Kirchen und Klöster verständigt werden, damit sie Repräsentanten zu den Feierlichkeiten entsenden und zu Glanz und Ruhm von Shrewsbury beitragen konnten. Bruder Cadfael staunte nicht mehr, als der große Tag mit grauen Wolken und Regenschauern anbrach, um Gelegenheit für ein weiteres kleines Wunder zu schaffen. Denn obwohl der Regen auf die Felder und Wiesen ringsum herabprasselte - auf die Prozession fiel kein einziger Tropfen, als St. Winifreds Schrein zu seiner letzten Ruhestätte auf dem Altar der Klosterkirche getragen wurde, wo sich augenblicklich ganze Heerscharen von Wundergläubigen einfanden, um zum größten Teil befriedigt von dannen zu ziehen.
    Im ersten Kapitel nach dem Fest schilderte Prior Robert dem Abt die wundersame Reise. »Vater, zu meinem tiefsten Bedauern muß ich dir mitteilen, daß wir zwar zu sechst aufgebrochen sind, aber nur zu viert zurückkommen. Doch wir haben den Schatz mitgebracht, den wir erringen wollten.«
    Sein Bericht entsprach nur zu einem Bruchteil der Wahrheit, aber da es niemanden gab, der ihn darauf aufmerksam machen würde, war das unwichtig. Während der großen Lobrede auf Bruder Columbanus döste Bruder Cadfael friedlich hinter seiner Säule. Wie gern hätten sie den jungen Mönch in den Heiligenstand erhoben - doch sie mußten annehmen, daß sich alle seine Reliquien, außer den Kleidern, nicht in ihrer Reichweite befanden... Und während die Dankesgebete immer undeutlicher in sein Bewußtsein drangen, beglückwünschte sich Cadfael zu seiner Leistung. Immerhin hatte er so viele Leute wie nur möglich beglückt. Und im Traum durchschnitt er noch einmal mit einer scharfen glühendheißen Klinge ein Wachssiegel, ohne dessen Gravur zu verletzten. Es war schon lange her, seit er zum letztenmal seine etwas fragwürdigen Fähigkeiten erprobt hatte, und er war froh, daß er diese Fertigkeiten immer noch so gut beherrschte und verdienstvollen Zwecken zuführen konnte.
     
    12.
     
    Zwei Jahre später, an einem sonnigen Juninachmittag, kehrte Bruder Cadfael von den Fischteichen zurück, überquerte den Hof und sah inmitten der Reisenden am Tor eine kräftige Gestalt, die er sofort wiedererkannte. Bened, der Schmied aus Gwytherin - etwas rundlicher um die Leibesmitte und das Haar von grauen Strähnen durchzogen -, hatte beschlossen, sich einen alten Wunschtraum zu erfüllen und den Marienschrein von Walsingham aufzusuchen.
    »Wenn ich noch länger gewartet hätte«, gestand er Cadfael, als sie mit einer Flasche Wein in einer Ecke des Kräutergartens saßen, »wäre ich zu alt gewesen, um die Reise zu genießen. Und was sollte mich jetzt noch zurückhalten - wo sich dieser brave Bursche während meiner Abwesenheit um die Schmiede kümmert? Ich sage dir, er fühlt sich dort so wohl wie eine Ente im Wasser. Seit achtzehn Monaten sind die beiden jetzt Mann und Frau und turteln immer noch wie die Tauben. Annest wußte schon immer, was sie wollte, und in diesem Fall hat sie ganz sicher eine gute Wahl getroffen.«
    »Haben sie schon ein Kind?« fragte Cadfael und stellte sich einen stämmigen kleinen Jungen mit einem roten Haarwust vor, in den das Kopfkissen eine winzige Tonsur gerieben hatte.
    »Noch nicht, aber es ist was unterwegs. Wenn ich nach Hause komme, wird das Kleine schon auf der Welt sein.«
    »Geht es Annest gut?«
    »Sie ist aufgeblüht wie eine Rose.«
    »Und Sioned und Engelard? Hatten sie noch Schwierigkeiten nach unserer Abreise?«
    »Bei Gott, nein! Griffith ap Rhys hat überall verkündet, daß alles in Ordnung sei und daß man jetzt die Dinge auf sich beruhen lassen sollte. Die beiden sind glücklich verheiratet und senden dir herzliche Grüße. Ich soll dir auch sagen, daß sie einen reizenden Sohn haben - dunkelhaarig wie seine Mutter. Er heißt Cadfael.«
    »Nun«, meinte Cadfael entzückt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher