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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen
Autoren: Ellis Peters
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wärst so wie die anderen Mönche und wolltest mich nicht einmal anschauen.«
    »Mädchen, ich wäre verrückt gewesen, hätte ich dich nicht anschauen wollen. Ich habe dich sogar so aufmerksam angeschaut, daß ich bis an mein Lebensende nicht vergessen werde, wie du aussiehst. Aber was eure Liebe angeht und eure Zukunft - dabei kann ich euch nicht helfen.«
    »Das ist auch nicht nötig«, entgegnete Engelard. »Ich bin Ausländer und habe mich Rhisiart verpflichtet. Dieser Vertrag kann gelöst werden, dann bin ich ein freier Mann, wenn ich mein Eigentum mit meinem Herrn teile. Und jetzt ist Sioned meine Herrin.«
    »Und niemand kann mich daran hindern, meinen Besitz mit ihm zu teilen«, fügte sie hinzu, »so wie es recht und billig ist. Onkel Maurice wird uns keine Schwierigkeiten machen. Und er muß nicht einmal über seinen Schatten springen. Es ist ein großer Unterschied, ob eine Erbin einen ausländischen Dienstboten heiratet oder einen freien Mann, der ein Haus erben wird - auch wenn dieses Haus in England steht und vorerst nicht beansprucht werden kann.«
    »Vor allem, nachdem du weißt, daß es in ganz Gwynedd keinen Mann gibt, der besser mit deinen Rindern umgehen könnte«, bemerkte Cadfael lächelnd.
    Die beiden waren sichtlich zufrieden mit der Entwicklung der Dinge. Und Rhisiart, der in seinem ehrenvollen Grab lag, würde ihnen ihr Glück nicht mißgönnen. Er war nicht nachtragend gewesen.
    Engelard, der kein Mann großer Worte war, dankte Cadfael mit einem festen Händedruck, bevor sie sich trennten. Und Sioned schlang impulsiv die Arme um den Hals des Klosterbruders und küßte ihn. Das war der Abschied gewesen, denn Cadfael hatte erklärt, es wäre besser, wenn sie sich nicht mehr in der Kapelle zeigten. Sie roch so süß nach Maiblüten, und dieser Duft begleitete ihn noch eine ganze Weile, nachdem sie auseinandergegangen waren.
    Zurück zur Pfarrei machte Cadfael einen Umweg über den Mühlenteich und warf Columbanus' Dolch ins dunkle Wasser.
    Auf dem Weg zu seinem Lager, wo er bis zum Morgengebet nur mehr eine Stunde ruhen könnte, dachte er: Wie gut, daß die Brüder, die den Schrein herstellten, so gute Handwerker sind und darauf bestanden haben, ihn mit Blei auszukleiden...

 
    11.
     
    Prior Robert erhob sich und ging zur ersten Messe des Tages, so beglückt über seinen Erfolg, daß er Bruder Johns Flucht fast vergessen hätte. Und als ihm die unerfreuliche Episode wieder einfiel, verdrängte er sie aus seinen Gedanken, um sich später, zu gegebener Zeit, pflichtgetreu damit zu befassen. Den Glanz dieses Morgens durften Johns Missetaten jedenfalls nicht trüben.
    Es war in der Tat ein schöner strahlender Morgen, als sie die Kirche verließen und zur Kapelle hinaufgingen, gefolgt von den Dorfbewohnern, die der Messe beigewohnt hatten. Entlang des ganzen Weges gesellten sich immer mehr Leute hinzu, bis sich eine eindrucksvolle Prozession gebildet hatte. Als sie an Cadwallons Hof vorbeikamen, erschien der Hausherr, um sich ebenfalls anzuschließen. Und Peredur, der sich an das Gebot gehalten hatte, bis zur Festsetzung seiner Strafe daheim zu bleiben, wurde von Vater Huw freundlich aufgefordert, mitzukommen. Prior Robert lächelte den jungen Mann sogar an, wie ein wohlwollender Heiliger einen reumütigen Sünder. Frau Branwen schlief vielleicht noch. Zumindest würde sie sich inzwischen von ihrem Anfall erholt haben. Ihr Gatte hatte sie sicher nicht gebeten, ihn zu begleiten - oder sie strafte ihn möglicherweise, indem sie sich in ihrem Zimmer einschloß. Jedenfalls wurden sowohl der Ehemann als auch der Sohn von ihrer Gegenwart verschont.
    Es war keine geordnete Prozession, die den Hang hinaufzog. Mönche und Dorfbewohner mischten sich untereinander und wechselten immer wieder die Gesprächspartner. Sie feierten ein gemeinsames Fest, und das war seltsam angesichts des Streits, der den Erfolg der Pilgerfahrt bedroht hatte. Nun ließ Gwytherin Vorsicht walten und war entschlossen, alles zu sehen, aber weder Gedanken noch Gefühle zu verraten.
    Peredur eilte an Cadfaels Seite, und dort blieb er, dankbar, aber stumm. Cadfael erkundigte sich nach der Mutter des jungen Mannes, und Peredur errötete und runzelte die Stirn. Dann lächelte er wie ein schuldbewußtes Kind und berichtete, es ginge ihr gut. Sie wäre noch ein wenig verträumt, aber ruhig und umgänglich.
    »Wenn du willst, kannst du Gwytherin und mir einen Dienst erweisen«, schlug Bruder Cadfael vor und flüsterte ihm die Nachricht
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